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Olympische Flamme: Eine britische Fackelträgerin in Portland.

© dapd

Olympia und Samsung: Fragwürdige Auswahl der Fackelträger

In dieser Woche treten auch deutsche Fackelträger in Großbritannien an. Doch viele von ihnen haben ihre Teilnahme vor allem ihren guten Kontakten zum Sponsor Samsung zu verdanken: Sie sind Manager oder Geschäftspartner des Elektronikkonzerns.

Einmal im Leben die olympische Fackel tragen zu dürfen – das ist für viele Sportbegeisterte ein Traum. Vor den Olympischen Spielen in diesem Sommer tragen 8000 Läufer die olympische Flamme quer durch Großbritannien, bis sie nach 70 Tagen im Olympiastadion in London ankommt. Die meisten Fackelläufer sind Briten, aber in dieser Woche treten auch Deutsche an. Viele von ihnen haben sich aber weder durch besonderen Einsatz für den Sport noch durch soziales Engagement hervorgetan. Sie kennen sich besser mit Handys, Druckern und Flachbildfernsehern aus als mit olympischen Disziplinen. Denn nach Recherchen des Tagesspiegels hat die Mehrheit der deutschen Fackelläufer ihre Teilnahme in erster Linie einer besonderen Beziehung zum Sponsor Samsung zu verdanken: Sie sind Manager bei dem Elektronikkonzern, Geschäftspartner oder Journalisten.

Als einer von drei Sponsoren, die den Fackellauf präsentieren, hatte der Konzern mit Hauptsitz in Südkorea das Recht, Läufer zu nominieren. Im Vorfeld der Spiele rief das Unternehmen „Menschen, die sich gesellschaftlich engagieren“, öffentlich auf, sich zu bewerben. Samsung Deutschland schickt nach Angaben einer Sprecherin 35 Läufer nach Großbritannien, sie werden an diesem Montag und Dienstag die olympische Fackel tragen. „Soziales Engagement und ein besonderer persönlicher Einsatz haben die 35 Läufer dafür qualifiziert, ein Teil des Fackellaufs in Brighton und Hastings zu sein“, erklärte das Unternehmen bereits Ende Mai.

Doch die Realität sieht anders aus: Von 26 dem Tagesspiegel namentlich bekannten Teilnehmern aus Deutschland, die am Montag und Dienstag die olympische Fackel tragen sollen, arbeiten allein neun für Samsung Deutschland – darunter sind mindestens sechs Manager. Aber auch an die eigenen Kunden hat der Konzern gedacht: Weitere sechs deutsche Fackelläufer sind allesamt Geschäftsführer von Unternehmen aus dem Elektronikfachhandel. Schließlich dürfen auch zwei Journalisten nach London fahren, die regelmäßig über neue Handys, auch über Samsung-Geräte schreiben.

Auch ein Berliner ist beim Fackellauf dabei

Aus Berlin ist außerdem Fabien Röhlinger mit dabei. Der 37-Jährige ist Gründer einer Webseite, die dem Handybetriebssystem Android gewidmet ist – dieses System läuft auch auf den Samsung-Mobiltelefonen. In seinem Blog berichtet Röhlinger, dass er durch seine Arbeit regelmäßig mit dem Unternehmen zu tun habe. „Es war auch Samsung selbst, das mich auf einen tollen Wettbewerb aufmerksam machte. Gesucht wurden drei deutsche Journalisten, die beim Olympischen Fackellauf teilnehmen“, schreibt er. Zugleich betont Röhlinger, Samsung habe auf die endgültige Auswahl der Teilnehmer „keinen Einfluss“ gehabt. Diese liege allein beim Olympischen Komitee.

Wie die Liste der deutschen Teilnehmer zeigt, wurden die von Samsung nominierten Personen offenbar durchaus zugelassen. Insgesamt sind also mindestens 18 deutsche Fackelläufer aufgrund von Geschäftsinteressen des Sponsors ausgewählt worden. Und nicht etwa, weil sie sich „durch besondere Verdienste im Geist der Olympischen Idee hervorgetan haben“, wie der Konzern noch im Mai erklärte.

Eine Sprecherin von Samsung Deutschland bestätigte nun, dass „auch einige Mitarbeiter und Geschäftspartner“ unter den deutschen Läufern seien. Zahlen nannte sie allerdings nicht. „Bei allen ausgewählten Fackelläufern stand es dabei für Samsung im Vordergrund, jemanden zu ernennen, der ‚die Extrameile gegangen ist’, sprich, der sich besonders sozial engagiert oder andere Menschen in besonderer Weise inspiriert“, fügte die Sprecherin hinzu.

Auf der Webseite der Olympischen Spiele in London soll eigentlich über jeden der 8000 Fackelläufer eine kleine Geschichte stehen, die erklärt, warum er nominiert wurde. Bei vielen Deutschen, die durch ihre besonderen Kontakte zu Samsung auffallen, blieb diese Rubrik leer. Von Transparenz kann keine Rede sein. Insgesamt gibt es nach Recherchen von britischen Journalisten etwa 500 dieser „geheimnisvollen Fackelläufer“. Nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus anderen Ländern hat Samsung eigenes Führungspersonal entsandt. So droht aus einem Ereignis, das eigentlich die Olympische Idee symbolisieren soll, ein Motivationsevent für verdiente Mitarbeiter und wichtige Kunden zu werden.

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