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Feuerwehrleute versuchen, Opfer aus dem zerstörten Bus zu bergen.

© action press/Mirco Toniolo/AGF/SIPA

Update

Schweres Busunglück nahe Venedig: Drei Deutsche unter den 21 Toten – Brückengeländer wohl mangelhaft

Der Shuttle-Bus sollte 39 Touristen von Venedig auf einen Campingplatz in Maghera bringen. Die meisten Todesopfer sind der zuständigen Präfektur zufolge Ausländer.

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„Eine so schlimme, tragische Szene, mit so vielen Toten, hat noch keiner von uns gesehen, nicht einmal die Dienstältesten unter uns“, erklärte der Chef der venezianischen Feuerwehr, Mauro Luongo, am Dienstagabend gegenüber dem italienischen Fernsehen.

Er kämpfte mit den Tränen: „Die Körper lagen Seite an Seite, in den Flammen. Es war auch eine junge Frau dabei, mit einem kleinen Mädchen. Jetzt liegen sie hier unter der Brücke, zugedeckt mit einem Tuch.“

Luongo und seine sechzig Männer waren wenige Minuten nach dem Unfall an der Unglücksstelle eingetroffen. Überlebende im Innern des brennenden Busses hätten verzweifelt „help, help“ gerufen.

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Bürgermeister spricht von „apokalyptischen Szenen“

Auch der Bürgermeister von Venedig, Luigi Brugnaro, zeigte sich erschüttert. Auf X, vormals Twitter, sprach er von einer „großen Tragödie“ und „apokalyptischen Szenen“, für die es keine Worte gebe.

Viele Helfer bemühten sich, die Menschen aus dem Bus lebend zu retten.

© action press/Mirco Toniolo/AGF/SIPA

Der Unfall ereignete sich nach Angaben der Behörden um 19.50 Uhr auf einer Hochstraße zwischen Mestre und Maghera, zwei Bezirken Venedigs auf dem Festland.

Der private Shuttle-Bus hatte zuvor 39 ausländische Touristen in Venedig abgeholt, um sie auf einen Campingplatz in Maghera zurückzubringen, wo die Übernachtungen preiswerter sind als in der Lagunenstadt.

Im Bezirk Mestre kam das praktisch neue, elektrisch betriebene Fahrzeug auf einer schnurgeraden Hochstraße bei offenbar eher langsamem Tempo aus bisher nicht geklärten Gründen von der Fahrbahn ab, kippte über die Leitplanken und stürzte zehn bis 15 Meter in die Tiefe. Dabei gingen Teile des Fahrzeugs in Flammen auf.

Der Bus schlug in unmittelbarer Nähe der Gleise auf; der Zugverkehr von und nach Venedig und auf der Strecke Mestre-Maghera blieb stundenlang unterbrochen.

Leitplanke entsprach wohl nicht den Standards

Wie der Verkehrsstadtrat der Lagunenstadt, Renato Boraso, in mehreren am Donnerstag veröffentlichten Interviews erklärte, entsprach die Leitplanke an der Stelle, an der das Fahrzeug von einer Brücke in die Tiefe stürzte, nicht den geltenden Sicherheitsstandards. Demnach gab es die Planungen für eine Renovierung bereits seit 2016, doch begannen die Arbeiten erst im September.

Die italienische Zeitung „La Stampa“ schrieb mit Blick auf die Absicherung der Brücke von einem „Skandal“. Demnach befand sich an der Unfallstelle eine eineinhalb Meter lange Lücke in der Leitplanke. Das hinter dieser Lücke befindliche Metallgeländer hielt dem Aufprall des Busses nicht stand.

Jugendliche und Kinder unter den Toten

Venedigs Verkehrsstadtrat Boraso sagte, die Erneuerung des Geländers wäre im Zuge der im September begonnenen Arbeiten bis zum kommenden Jahr abgeschlossen gewesen; bis zu einem Abschnitt 400 Meter vor der Unfallstelle seien die Reparaturen bereits abgeschlossen gewesen.

Mit Blick auf die sieben Jahre, die vom Beginn der Planung bis zum Anfang der Arbeiten verstrichen waren, sagte Boraso: „Wir sollten uns fragen, warum in Italien ein Verfahren zur Ausführung solcher Arbeiten so lange dauern muss.“

Die tragische Bilanz des Unglücks: 19 Passagiere waren auf der Stelle tot, zwei verstarben im Krankenhaus, 18 Personen wurden verletzt, fünf davon schwer.

Auswärtiges Amt bestätigt drei deutsche Tote

Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte, dass drei deutsche Staatsangehörigen unter den insgesamt 21 Todesopfern sind. „Weitere fünf deutsche Staatsangehörige wurden verletzt und befinden sich in medizinischer Behandlung“, hieß es am späten Donnerstagnachmittag. „Das Deutsche Generalkonsulat in Mailand und die Deutsche Botschaft in Rom stehen in engem Kontakt mit den Angehörigen und den örtlichen Behörden.“

Zuvor hatten bereits italienische Behörden drei tote Deutsche gemeldet. Italienische Medien berichteten, dass unter den Verletzten zwei Brüder aus Deutschland im Alter von sieben und 13 Jahren seien. Ihre Eltern waren demnach unter den Todesopfern. Neben dem 40-jährigen Fahrer starben auch mehrere Jugendliche und Kinder.

Drei Deutsche gestorben

Neben den drei Deutschen starben nach Präfektur-Angaben neun Ukrainer, vier Rumänen, zwei Portugiesen, ein Kroate, ein Südafrikaner sowie ein Italiener, der den Bus gefahren hatte. Auch die Verletzten seien größtenteils Nicht-Italiener. Die Identifizierung aller Verletzten ist jedoch noch nicht abgeschlossen.

Schwächeanfall des Fahrers?

Italiens Verkehrsminister Matteo Salvini sagte, dass der Unfall schwer zu erklären sei – die wahrscheinlichste Ursache sei ein plötzlicher Schwächeanfall des erfahrenen Fahrers. Für diese Theorie spreche unter anderem auch, dass keine Bremsspuren an der Unglücksstelle zu finden seien und dass es sich um eine eigentlich unproblematische Strecke handle.

Müdigkeit hat wohl ebenfalls keine Rolle gespielt: Der Fahrer habe seinen Dienst erst eineinhalb Stunden vor dem Unfall angetreten, schreiben italienische Medien.

Die Staatsanwaltschaft von Venedig hat eine Untersuchung eingeleitet. Dabei hoffen die Ermittler insbesondere auf Hinweise, die die Überwachungskameras geben könnten.

Der Patriarch von Venedig, Francesco Moraglia (Mitte), am Dienstagabend auf dem Weg zur Unfallstelle.

© imago/Independent Photo Agency Int./IMAGO/Livemedia/Slowpress

Der Busunfall hat im In- und Ausland große Betroffenheit ausgelöst. Der Präsident der Region Venetien, Luca Zaia, hat angeordnet, dass vor allen öffentlichen Gebäuden der Region die Flaggen auf halbmast gesetzt werden. Dasselbe hat Venedigs Bürgermeister Brugnaro angeordnet.

Regierungschefin Giorgia Meloni drückte den Angehörigen im eigenen Namen und im Namen der ganzen Regierung ihr tiefes Beileid aus.

Der (katholische) Patriarch von Venedig, Francesco Moraglia, war noch am Unglücksabend zur Unfallstelle geeilt, um den Toten den letzten Segen zu geben.

Beileidsbekundungen kamen unter anderem auch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und von der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock. Sie schrieb auf Englisch auf X: „Meine Gedanken sind bei den Opfern, ihren Familien und Freunden.“ (mit dpa/AFP)

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