
© dpa/Friso Gentsch
Newsblog zur Auto-Attacke: Trauer und Gedenken in Münster
Die Ermittler haben keine Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund für die Amokfahrt von Münster, der Täter hatte demnach persönliche Probleme. Zum Gedenkgottesdienst im Dom kamen 1.600 Menschen. Der Newsblog zum Nachlesen.
- Kai Portmann
- Christian Tretbar
- Frank Jansen
- Marius Mestermann
Stand:
- Ein Mann fährt mit einem Campingbus in eine Menschengruppe in der Münsteraner Innenstadt.
- Es gibt zwei Tote und zahlreiche Verletzte. Der Fahrer erschießt sich selbst.
- Der Täter ist nach Tagesspiegel-Informationen ein 48 Jahre alter Mann, der in Münster lebte.
- Über das Motiv des Mannes rätseln die Ermittler noch.
- Die Entwicklungen zum Nachlesen im Newsblog.
(mit Agenturen)
Das war der Newsblog zur Auto-Attacke in Münster
Die Attacke mit einem Kleintransporter in Münster hat die Stadt und ihre Menschen in Schock und Trauer hinterlassen. Doch es gab auch Zeichen der Mitmenschlichkeit, etwa als die Uniklinik zum Blutspenden aufrief und sich lange Schlangen bildeten. Alle Details und Reaktionen zu dem Vorfall können Sie beim Scrollen durch den Newsblog nachlesen. Was über den mutmaßlichen Täter Jens R. bekannt ist, hat Frank Jansen hier aufgeschrieben.
1.600 Menschen besuchen Gedenkgottesdienst
Rund 1.600 Menschen haben am Sonntagabend im Münsteraner Dom einen ökumenischen Gedenkgottesdienst für die Opfer der tödlichen Fahrzeugattacke besucht. Unter den Teilnehmern waren Bundesbildungsministerin Anja Karliczek, NRW-Landwirtschaftsministerin Christina Schulze-Föcking und ihr Kabinettskollege Sozialminister Karl-Josef Laumann (alle CDU). Die Feier wurde geleitet von Münsters Bischof Felix Genn, Superintendent Ulf Schlien und Stadtdechant Jörg Hagemann.
Genn gab in seiner Predigt der Hoffnung Ausdruck, dass der Schrei „Warum?“, der auf einem Schild im Blumenmeer am Ort des Unglücks zu lesen ist, auszuhalten sei. Auch Christen hätten darauf keine Antwort. Sie hätten allerdings die Hoffnung, dass die Verlassenheit von Gott nicht von Dauer sei, sagte Genn mit Bezug auf die Worte Jesu beim Kreuzestod „Mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“
Der Schrei „Warum?“ brauche ganz besonders an diesem Tag in Münster einen Ort. Das habe die Kirche mit dem Gottesdienst auch denen bieten wollen, die nicht glaubten, sagte Genn im überfüllten Dom. Er sprach den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus und gedachte auch des Täters. „Dürfen wir es wagen, auch im Herzen des Täters einen Schrei nach dem Warum zu vermuten?“
Schlien sprach das Abschlussgebet: „Wir bitten darum, dass Besonnenheit unsere Gedanken und Herzen bewegt, damit uns nicht allein Wut und Sprachlosigkeit beherrscht. Dass wir mutig werden, den Frieden zu suchen und zu finden.“ In Münster findet von 9. bis zum 13. Mai der 101. Deutsche Katholikentag statt. Das Christentreffen, zu dem mehrere zehntausend Besucher erwartet werden, steht unter dem Motto „Suche Frieden“.
Zu dem Gottesdienst hatten das Bistum Münster, das Stadtdekanat, der Evangelische Kirchenkreis und die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Münster eingeladen. (KNA)
Polizei wollte wegen E-Mail mit dem späteren Täter sprechen
Der Amokfahrer von Münster ist nach Angaben der Polizei bereits mit Suizidgedanken aufgefallen, er war zudem in Kontakt mit dem Gesundheitsamt in Münster. Der 48-Jährige habe sich Ende März mit einer E-Mail unter anderem an einen Nachbarn gewandt, teilte die Polizei am Sonntag mit. „Aus dem Inhalt ergaben sich vage Hinweise auf suizidale Gedanken, aber keinerlei Anhaltspunkte für die Gefährdung anderer Personen.“
Nach Informationen von WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“ soll der Mann in dem Schreiben an Bekannte aufgearbeitet haben, was in seinem Leben schiefgelaufen sei und wer daran Schuld trage. In der Wohnung des 48-Jährigen im sächsischen Pirna sei außerdem ein älteres, 18-seitiges Schreiben entdeckt worden. Darin verarbeite der spätere Amokfahrer Kindheitserlebnisse und frühe, von ihm als demütigend empfundene Erfahrungen. Dazu zählten laut WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“ gravierende Problemen mit seinen Eltern, Schuldkomplexe, nervliche Zerrüttung und wiederkehrende psychische Zusammenbrüche.
Die Polizei bestätigte den Fund des Schreibens nicht. Sie teilte aber mit, dass Polizisten wegen der Mail die Wohnungen des Mannes in Sachsen und Münster aufgesucht, den Mann aber nicht angetroffen hätten. Es sei nun wichtig, „ein möglichst umfassendes Bild über das Verhalten des Täters in den Vorwochen zu erhalten“. So hofften die Ermittler auf eine Spur bei der Suche nach einem Motiv für die Tat. (dpa)
Attentat in Münster ein Grund für Eingreifen in Berlin
Die Berliner Polizei, die am Sonntag einen Anschlag auf den Halbmarathon in der Hauptstadt verhinderte, begründet ihr Eingreifen unter anderem auch mit den "noch nicht vollständig geklärten Hintergründen des gestrigen Attentats in Münster". Ein Zusammenhang ist bislang allerdings nicht zu erkennen. Über die Ereignisse in Berlin informieren wir fortlaufend hier.Polizei durchsucht mehrere Immobilien
Nach der Amokfahrt von Münster hat die Polizei neben einer Wohnung und einer Lagerhalle in der westfälischen Stadt auch zwei Immobilien in Sachsen durchsucht. Der 48-Jährige Amokfahrer habe Wohnungen in Dresden und Pirna gehabt, teilte die Polizei am Sonntagabend in Münster mit.
In der Wohnung in Münster fanden die Ermittler zwar mehrere Gasflaschen sowie Kanister mit Bioethanol und Benzin, wie es weiter hieß. Polizeipräsident Hajo Kuhlisch betonte aber, es gebe weiterhin keine Hinweise auf ein politisches Motiv des Mannes oder mögliche Mittäter. „Wir haben aber Hinweise darauf, dass die Ursachen für die Ausführung der Tat in seiner Persönlichkeit begründet sind“, sagte Kuhlisch. (dpa)
Der Horror in der westfälischen Provinz
Kaum ein anderer Ort vermittelt so gutbürgerliche Gemütlichkeit wie der Platz vor dem Kiepenkerl. Am Samstag wurde er zum Ziel einer Amokfahrt. Gesammelte Eindrücke aus Münster:Türkei spricht Deutschland Beileid aus
Die Türkei hat nach der Amokfahrt von Münster den Familien der Opfer ihr Beileid ausgesprochen. „Wir wünschen denjenigen, die ihre Angehörigen verloren haben, Kraft und Stärke und denjenigen, die bei dem schrecklichen Angriff in Münster, Deutschland, verletzt wurden, schnelle Genesung“, teilte das Außenministerium in Ankara am Sonntag mit.Kein islamistisches Motiv - und politischer Krach
Ein Auto rast in eine Gruppe von Menschen, es gibt Tote und Verletzte - die ersten Nachrichten aus Münster ließen viele Menschen an einen islamistischen Terroranschlag denken. Nachdem deutlich wurde, dass der Todesfahrer wohl kein solches Motiv hatte, ist in sozialen Netzwerken ein Streit über die politische Instrumentalisierung des Falls ausgebrochen.
„Jetzt, wo der Täter in Münster offenbar Deutscher war und keinen islamistischen Hintergrund hatte, sind manche von rechts außen geradezu enttäuscht“, twitterte der Grünen-Politiker Cem Özdemir am Wochenende. „Das ist genauso krank wie Islamismus. Man trauert um jedes Opfer, wenn man Mensch ist!“
Für verärgerte Reaktionen hatte unter anderem die AfD-Politikerin Beatrix von Storch gesorgt, die kurz nach der Tat das Merkel-Zitat „Wir schaffen das“ in Großbuchstaben und dazu einen wütenden Emoji twitterte. Am Sonntag schrieb sie: „Ein Nachahmer islamischen Terrors schlägt zu. Und die Verharmlosungs- und Islam-ist-Vielfaltsapologeten jubilieren.“ Das zeige, dass die Gefahr von islamistischem Terror allen bewusst sei.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion Die Linke, Jan Korte, sagte dazu: „Wer nicht einfach mitfühlen und trauern kann, bei dem stimmt der Kompass der menschlichen Anständigkeit nicht.“ Wer solch eine Tragödie politisch instrumentalisiere sei politisch und moralisch kaputt.
Die Debatte wurde am Wochenende in den sozialen Netzwerken teils erbittert geführt und in den Medien kommentiert. Einige Nutzer warfen beiden Seiten Profilierung auf Kosten der Opfer vor. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte in Münster angesichts der besonnenen Reaktion der Bürger, er wünsche sich, dass „diese besondere Münsteraner Erfahrung einer Friedensstadt“ auch diejenigen erreicht hätte, die „ganz schnell bei Twitter und anderswo wieder das Hetzen begonnen haben.“ Für die Opfer sei die Religion der Täter egal, sie hätten einen Menschen verloren. „Und diesen Respekt sollte man immer im Blick haben.“ (dpa)
Täter war der Polizei bekannt
Der mutmaßliche Täter von Münster war der Polizei bereits wegen kleinerer Delikte bekannt. Es habe drei Verfahren in Münster gegeben und eines in Arnsberg, sagte die Leitende Oberstaatsanwältin von Münster, Elke Adomeit, am Sonntag. Die Verfahren stammten demnach aus den Jahren 2015 und 2016 und seien alle eingestellt worden. Es ging damals um eine Bedrohung, Sachbeschädigung, eine Verkehrsunfallflucht und Betrug. Man müsse den Sachverhalt der Verfahren noch aufklären. „Aber auf den ersten Blick haben wir hier keine Anhaltspunkte auf eine stärkere kriminelle Intensität, die wir bei dem Täter feststellen konnten“, sagte Adomeit. Es gebe weiterhin keine Hinweise auf einen politisch motivierten Hintergrund oder weitere Täter. (dpa)
Auch Polizeipräsident betont Persönlichkeit des Täters
"Absolute Sicherheit nicht möglich"
Seehofer und Laschet gedenken der Opfer

Gedenken an die Opfer der Amokfahrt

Pressekonferenz mit Seehofer um 12.15 Uhr
Am Mittag (12.15 Uhr) wollen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) vor die Presse treten.
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