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Schwarzfahrer werden zur Kasse gebeten. Ob eine Bußgelderhöhung nützt, ist umstritten.

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60 statt 40 Euro: Schwarzfahren soll teurer werden

Schwarzfahrer sollen künftig 60 statt 40 Euro Bußgeld zahlen. Das beschloss der Bundesrat am Freitag. Bis es aber endgültig soweit ist, wird noch etwas Zeit vergehen. Die Bußgelderhöhung stößt aber auch auf Kritik.

Von Andreas Oswald

Hat überhaupt noch irgendjemand ein gültiges Ticket? Kürzlich fuhr die U2 voller Touristen Richtung Alexanderplatz. Drei Kontrolleure steigen in den Waggon, jeweils das erste Ehepaar, das sie fragen, hatte keinen Fahrschein. Alle anderen Touristen – und auch einige Einheimische – standen erschrocken auf und drängten Richtung Ausgang, fast alle mit roten Ohren und verlegenem Gesichtsausdruck. Die Kontrolleure waren mit ihren ersten Erwischten so beschäftigt, dass die anderen alle davonkamen.

Angesichts solcher Szenen ist es fast überraschend, dass die BVG behauptet, dass nur etwa drei bis vier Prozent der Kunden ohne gültiges Ticket unterwegs sind. 500 000 von ihnen wurden 2013 erwischt.

Schwarzfahrer sollen im kommenden Jahr bundesweit kräftiger zur Kasse gebeten werden – mit Bußen von 60 statt 40 Euro. Der Bundesrat beschloss am Freitag einen Vorschlag an die Bundesregierung, das „erhöhte Beförderungsentgelt“ nach zwölf Jahren anzuheben. Schon zum 1. Januar 2015 – wie von den Ländern gewünscht – kommt dies aber nicht. Der Bund muss zwei Verordnungen ändern, so dass die Erhöhung laut Verkehrsministerium frühestens im Frühjahr 2015 in Kraft treten kann. Durch Fahrgäste ohne Ticket entgehen Nahverkehrsanbietern bis zu 250 Millionen Euro im Jahr.

Pro Bahn fordert noch höhere Strafen

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen(VDV)  sprach von einem „guten Signal für alle ehrlichen Fahrgäste und einer Warnung an die Schwarzfahrer“. Die Anhebung sei überfällig, denn die lange geltenden 40 Euro schreckten auch angesichts mittlerweile gestiegener Preise niemanden mehr ab, sagte Präsident Jürgen Fenske. Der Fahrgastverband Pro Bahn hatte sich dagegen kürzlich gegen eine pauschale Anhebung gewandt. Notorische Schwarzfahrer sollten strenger bestraft werden. Es dürfe aber keine „Kriminalisierung zahlungswilliger Fahrgäste“ geben, die immer wieder wegen mangelhafter Kundeninformation oder defekter Automaten ohne gültiges Ticket angetroffen werden. In der Tat ist es für Besucher von außerhalb oft schwer, sich mit den Automaten zurechtzufinden. Das weiß jeder, der einmal versucht hat, in München einen Fahrschein zu ziehen. Da stehen dann ganze Gruppen von Touristen zusammen und beratschlagen, wie das geht.

In Bussen und Bahnen sind nach VDV-Angaben bundesweit ähnlich wie in Berlin etwa 3,5 Prozent der Passagiere ohne Ticket unterwegs, das entspricht bis zu 350 Millionen Schwarzfahrern im Jahr. Neben entgangenen Einnahmen schlagen Kosten von 100 Millionen Euro für Kontrollen zu Buche. Fällig wird das „erhöhte Beförderungsentgelt“, wenn ein Fahrgast sich keinen gültigen Fahrschein beschafft hat oder einen solchen nicht vorzeigen kann. Zur Kasse gebeten werden kann auch, wer den Fahrausweis nicht entwertet. Die Verkehrsbranche fordert seit längerem eine weitere Anhebung, für die sich auch die Verkehrsminister der Länder starkgemacht hatten.

Gültig wird das neue Bußgeld frühestens im Frühjahr

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat sich offen dafür gezeigt. Er will nun das weitere Verfahren einleiten, zu dem eine Abstimmung mit Verbänden und eine erneute Zustimmung des Bundesrats gehören. Eingeplant werden soll auch ein Monat Vorlauf zur konkreten Umsetzung – etwa mit neuen Aushängen und Aufklebern. Fällig werden kann der Betrag von 60 Euro daher laut Ministerium „frühestens ab dem Frühjahr 2015“. Ein genauer Termin wurde vorerst nicht genannt.

Zuletzt wurde die Geldbuße für Schwarzfahrer 2003 von 30 auf 40 Euro erhöht. Dabei handelt es sich um einen Rahmenbetrag. Verkehrsanbieter können kulant nach Situation reagieren. Vor allem bei Ortsunkundigen, Kindern und älteren Menschen kann auch ein Auge zugedrückt werden.

Ob eine Erhöhung des Bußgeldes wirklich eine Lösung ist, erscheint fraglich. Das Problem mit Touristen, die mit Automaten nicht klarkommen, wird dadurch nicht gelöst. Diejenigen, die notorisch ohne Fahrschein unterwegs sind, werden auch künftig Wege finden. Und denjenigen, die dafür sogar ins Gefängnis gehen, ist es egal, ob sie 40 oder 60 Euro hätten zahlen müssen. In der JVA Plötzensee sitzen 150 Personen, die fortgesetzt ohne Fahrschein erwischt wurden. (mit dpa)

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