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Mal starrte er ins Leere, mal wirkte er verwirrt, mal schläfrig. Foto: dapd

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Kino-Massaker: Vorbild Joker?

Wie sich der Kino-Attentäter James Holmes beim Haftprüfungstermin inszenierte.

Washington - Der mutmaßliche Massenmörder gibt Amerika Rätsel auf. Beim Haftprüfungstermin, seinem ersten öffentlichen Auftreten seit dem Kino-Attentat in Aurora in der Nacht zu Freitag, hatte sich James Holmes am Montag zurechtgemacht, als sei er einem Comic- Heft entsprungen. Das Haar trug er in einem grellen rötlichen Ton gefärbt, als wolle er möglichst viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Doch sein Blick starrte ins Leere. Zwischendurch schloss er die Augen und sein Kopf neigte sich zur Seite, als werde er von Schlaf übermannt.

Die absonderliche Inszenierung interpretieren US-Medien folgendermaßen: Holmes wolle wie der Film-Bösewicht „Joker“ in einer früheren Folge der Batman-Serie aussehen. Üblicherweise wird dieser Filmbösewicht mit grünem Haar gezeigt. Im Vorgängerfilm „The Dark Knight“ von 2008 trägt der Schauspieler Heath Ledger jedoch in einer Szene, in der er ein Krankenhaus zerstört, eine rote Perücke. Ohrenzeugen der Schießerei bei der Premiere des neuen Films „The Dark Knight Rises“ im Kino in Aurora wollen gehört haben, dass der Attentäter gerufen habe, er sei der „Joker“.

Den Haftprüfungstermin verfolgte Holmes passiv, als sei er ein Unbeteiligter. Der Bezirksrichter nannte die potenziellen Anklagepunkte, darunter mehrfachen Mord. Dafür kann in Colorado die Todesstrafe verhängt werden. Die formale Anklage soll am kommenden Montag erfolgen. Es kann jedoch ein ganzes Jahr vergehen, ehe der Prozess tatsächlich beginnt. Die zuständige Bezirksstaatsanwältin Carol Chambers steht im Ruf, keine Scheu vor der Beantragung der Todesstrafe zu haben. Sie sagte, die Entscheidung sei noch nicht gefallen. Sie habe 60 Tage Zeit dafür. Sie wolle zunächst mit Angehörigen von Opfern sprechen und deren Meinung hören.

Unklar ist auch, für welche Strategie sich die öffentlich bestellten Verteidiger entscheiden. Sie könnten auf eine psychische Krankheit plädieren. Holmes sitzt in Einzelhaft. „Er spricht nicht mit uns“, sagte Polizeichef Dan Oates.

Viele hundert Kilometer weiter westlich in San Diego, Kalifornien, von wo Holmes stammt, sagte eine Rechtsanwältin der Eltern, die Familie stehe an seiner Seite, wolle sich aber nicht öffentlich äußern. Ihr Mitgefühl gelte den Opfern. Nachbarn sagten, Holmes’ Mutter habe sich seit langem Sorgen wegen seiner sozialen Isolierung gemacht und ihn gedrängt, therapeutische Hilfe zu suchen. Schulkollegen und Bekannte schilderten unübersehbare Verhaltensunterschiede zwischen dem jetzt 24-jährigen James und seiner fünf Jahre jüngeren Schwester Chris in der Schulzeit. James sei wortkarg gewesen und habe am liebsten nur mit Ja oder Nein geantwortet. Chris war offen und zugänglich. Sie musizierte gerne und war eine gute Gitarristin. Christoph von Marschall

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