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Hunderttausende bei Demo in Berlin erwartet: „Die Stimmung auf dem Christopher Street Day wird anders sein als sonst“
Unter dem Motto „Nie wieder still“ gehen queere Menschen und ihre Verbündeten am 26. Juli auf die Straße. Angesichts vermehrter Angriffe auf die Community erwarten die Veranstaltenden eine kämpferische Stimmung.
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Wenn das Team des Vereins hinter dem Berliner Christopher Street Day (CSD) in der Vergangenheit gebetsmühlenartig darauf hinwies, eine Demonstration zu veranstalten und keine Parade oder Party, wurde das oft augenrollend weggelächelt. Doch spätestens in diesem Jahr wird niemand dem CSD – bei aller Buntheit und Ausgelassenheit – diesen Charakter mehr absprechen.
„Wir haben es derzeit mit einer neuen Qualität von Angriffen auf die queere Community zu tun“, fasst CSD-Vorstand Marcel Voges die Situation zusammen. Es vergehe kein Wochenende ohne Angriffe auf CSDs und auch von politischer Seite habe sich der Druck auf LGBTIQ-Rechte erhöht. „Die Stimmung auf dem CSD wird deshalb anders sein als sonst, kämpferischer, mutiger“, sagt Voges am Donnerstag bei der Pressekonferenz des CSD-Vereins im Admiralspalast.
Unter dem dazu passenden Motto „Nie wieder still“ werden am 26. Juli ab 12 Uhr mehrere Hunderttausend Teilnehmende erwartet, die auf der traditionellen Route von der Leipziger Straße durch Mitte und Schöneberg zum Brandenburger Tor ziehen. 79 Trucks, fünf mehr als im vergangenen Jahr und ein Inklusionsbus der BVG sind angemeldet, dazu rund 100 Fußgruppen.
Die Eröffnungsreden werden die Bundestagsvizepräsidenten Josephine Ortleb (SPD) und Omid Nouripour (Grüne) halten, womit sie ein Zeichen setzen gegen die Entscheidung von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, in diesem Jahr zum Berliner CSD keine Regenbogenflagge auf dem Reichstagsgebäude zu hissen.
Auf diesen Streit will der Vorstand im Admiralspalast nicht noch einmal ausführlich eingehen und legt den Fokus auf die eigenen Kernforderungen. An erster Stelle steht dabei die Erhaltung queerer Community- und Beratungsstrukturen. Es gehe um „eine langfristige Absicherung und einen Rettungsschirm“, der Institutionen in finanzieller Schieflage sichert, so Vorstandsmitglied Thomas Hoffmann. Zudem drängt der CSD-Verein weiter darauf, dass der Schutz queerer Menschen in den Artikel 3 des Grundgesetzes aufgenommen wird und fordert konkrete Maßnahmen gegen Hasskriminalität.
Bisher keine Gegendemo angemeldet
Zur Absicherung der CSD-Demo sei der Verein derzeit „in einem guten Austausch mit der Polizei“, sagt Marcel Voges und erwähnt, dass eine verstärkte Präsenz an U-Bahnhöfen geplant sei. „Stand Montag wurde noch keine Gegendemo angemeldet“, sagt Voges außerdem.
Zur Finanzkrise, in die der CSD-Verein nach dem Rückzug zahlreicher US-amerikanischer Unternehmen geraten war, erklärt der Vorstand, dass sie dank einer Spendenkampagne und neuen Sponsoren überwunden werden konnte. Es kamen 200.000 Euro zusammen, mit Duolingo engagiert sich eine US-Firma nun als Hauptsponsor. Die Botschaft des Trump-regierten Landes nimmt diesmal anders als 2024 nicht am CSD teil.
Dass der Verein weniger Geld zur Verfügung hat, wird sich beim Bühnenprogramm bemerkbar machen, für das nur noch ein Zehntel des letztjährigen Budgets zur Verfügung stand, wie Bühnenleiterin und Vorstandsbeirätin Monique King erklärt. „Alle Künstler*innen treten ohne Gage auf.“ Dennoch wird es am Brandenburger Tor ein vielfältiges Programm geben, bei dem unter anderem der Chor D-Dur-Dykes und DJ Alle Farben auftreten.
Ein Beitrag kommt aus dem Theater des Westens: Das Ensemble des Musicals „Romeo und Julia – Liebe ist alles“ hat ein spezielles Set einstudiert, um die kürzlich verstorbene Rosenstolz-Sängerin AnNa R. zu ehren.
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