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Die Gedenktafel „Rosa Winkel“ für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen am Nollendorfplatz.

© picture alliance/dpa

Queere NS-Opfer: Über diesem Gedenken liegt ein bitterer Schatten

Erstmals wird im Bundestag der NS-Opfer gedacht, die homosexuell, bi oder trans waren. Das ist wichtig, doch es kommt viel zu spät.

Ein Kommentar von Nadine Lange

Anerkennung ist queeren Menschen noch nie in den Schoß gefallen. Genau wie um ihre Rechte mussten sie darum stets hart kämpfen. Es gibt in Deutschland wahrscheinlich kein anschaulicheres Beispiel dafür als den Paragraf 175, der schwulen Sex seit der Reichsgründung unter Strafe stellte.

Gegen ihn engagierten sich schon früh Wissenschaftler wie Magnus Hirschfeld oder wie Anwälte Karl Heinrich Ulrichs. Doch es dauerte bis 1968 (DDR) beziehungsweise 1994 (BRD) bis das von den Nationalsozialisten noch einmal verschärfte Gesetz endgültig abgeschafft wurde.

Über 50.000 homosexuelle Männer wurden in der NS-Zeit aufgrund des Paragrafen 175 verhaftet, Tausende in Konzentrationslager gebracht, viele starben dort. Auch lesbische Frauen – festgenommen aus politischen Gründen oder als „Asoziale“ – waren in den Lagern.

An ihr Leid erinnert in Berlin ein Mahnmal im Tiergarten. Auch Bundespräsident Steinmeier hat hier schon einen Kranz abgelegt. Im nur ein paar hundert Meter entfernt gelegenen Bundestag wurde hingegen noch nie an die homosexuellen Opfer des NS-Regimes erinnert.

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Dass dies nun am Freitag – 78 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz – erstmals geschieht, ist wichtig – doch es liegt auch ein Schatten der Bitterkeit über dieser ersten offiziellen Gedenkstunde. Denn ihr gingen Jahre vergeblicher Bitten und Petitionen von LGBTIQ-Aktivist*innen voran. Homosexuelle, bi und trans Menschen sind die letzte große Opfer-Gruppe, der diese Ehre im Parlament erwiesen wird. Es gibt inzwischen keine Überlebenden mehr, die an dem Festakt teilnehmen können.

Der 1918 geborene Wolfgang Lauinger, der in den Vierzigern wegen des Paragrafen 175 inhaftiert und 1950 erneut angeklagt, aber freigesprochen worden war, hat bis ins hohe Alter als Zeitzeuge gesprochen. Doch er starb 2017 ohne rehabilitiert worden zu sein. Inzwischen ist eine staatliche Entschädigung zwar möglich, doch auch sie kam viel zu spät und erreicht nur wenige.

Die Schauspielerin Maren Kroymann und der Schauspieler Jannik Schümann werden bei der Gedenkstunde über die Schicksale von zwei queeren NS-Opfern berichten. Sie hießen Mary Pünjer (1904-1942) und Karl Gorath (1912-2003). Es ist zu hoffen, dass die Abgeordneten genau zuhören – und sich dabei ihrer Verantwortung gegenüber der LGBTIQ-Community bewusst werden. Denn sie kämpft weiter um Rechte und Anerkennung.

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