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Freiwillige Helferinnen für den Europride in Belgrad.

© AFP / OLIVER BUNIC

Verbot des Europride: Serbien stellt sich gegen seine europäische Zukunft

Die Regierung in Belgrad nimmt gerne Geld aus Brüssel und will in die EU. Doch mit dem Verbot des Europride steht sie ihrer europäischen Zukunft im Weg.

Ein Kommentar von Caroline Fetscher

Abgesagt. Am Samstag hätte die Europride-Parade durch Belgrad ziehen sollen, ein Festival der Diversität, ein Willkommen für queere Weltoffenheit.

Daraus wird nun offenbar nichts, denn am Dienstag dann hieß es: Die Polizei könne nicht für die Sicherheit der Menge garantieren, die auf den Straßen unterwegs sein sollte. Heftige Gegendemonstrationen würden befürchtet.

Allzu leicht ist das als Vorwand zu erkennen, denn der Druck gegen die Parade hatte schon seit Wochen zugenommen. Ob es da noch hilft, wenn das Veranstaltungsteam Klage einreicht und der Queer-Beauftragte des Bundes in Solidarität nach Serbien reist, ist fraglich. Denn die junge serbische Demokratie hat es mit allerhand Doppelmoral zu tun, sie tanzt auf zwei Hochzeiten.

Auf der einen Seite gibt es etwa Ana Brnabić, seit 2017 Premierministerin, geboren 1975, und als erste serbische Politikerin offen in einer homosexuellen Partnerschaft lebend.

Premierministerin Ana Brnabić ist die erste offen lesbische Politikerin Serbiens - das Verbot trägt sie dennoch mit.
Premierministerin Ana Brnabić ist die erste offen lesbische Politikerin Serbiens - das Verbot trägt sie dennoch mit.

© REUTERS / Reuters/ZORANA JEVTIC

Auch Gelder aus den Töpfen der Europäischen Union anzunehmen, in die deren Demokratien einzahlen, ist eine leichte Übung für Serbien.

Mehr als vier Milliarden Euro Hilfe zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung sind bereits aus Brüssel in das Land geflossen, das etwa zwei Mal so viel Einwohner hat wie Berlin. Eine Million der sieben Millionen Einwohner Serbiens leben darüber hinaus vom Handel mit der EU.

4 Milliarden Euro
EU-Hilfe hat Serbien bereits erhalten

Auf der anderen Seite überwiegen weiter veraltete Haltungen. Oft werden Homosexuelle umgangssprachlich noch oft als „peder“ bezeichnet, als „Päderasten“ also „Kinderschänder“.

Ähnlich hört sich auch die russische Rhetorik von Wladimir Putin an, der bekanntlich gern gegen den „verschwulten Westen“ wettert. Russland gilt Teilen nicht nur der serbischen Elite als „orthodoxes Brudervolk“, und queere Communities haben in solchen völkischen Ideologien nichts verloren.

Im Mai dieses Jahres verkündete Serbiens Präsident Aleksandar Vućić einen neuen „sehr günstigen“ Dreijahresvertrag über Gaslieferungen mit dem russischen Konzern Gazprom.

Im Frühjahr hatte Außenministerin Annalena Baerbock beim Besuch in den Staaten des westlichen Balkans darauf gedrungen, dass Serbien, das in die Europäische Union will, sich an europäischen Standards orientiert und die Sanktionen gegen Russland mitträgt.

Zu diesen Standards gehört es auch, Diversität und Vielfalt in der Gesellschaft mit Toleranz und Schutz zu begegnen. Das Scheitern am Schutz der Europride-Parade mag nur als kulturelles Signal gewertet werden. Serbiens Regierung sollte ermessen, dass auch solche Absagen der eigenen, der europäischen Zukunft im Weg stehen. 

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