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Justizminister Marco Buschmann und Familienministerin Lisa Paus.

© IMAGO/Jürgen Heinrich

Vereinfachte Änderung des Geschlechtseintrags: Ministerien legen Entwurf für Selbstbestimmungsgesetz vor

Nach langem Hin und Her steht der Entwurf von Justiz- und Familienministerium zum Selbstbestimmungsgesetz. Dieser soll eine Änderung des Geschlechtseintrags vereinfachen.

Der Geschlechtseintrag und der Vorname im Personenstandsregister sollen künftig wesentlich einfacher geändert werden können. Nach langem Hin und Her haben das Justizministerium und das Familienministerium jetzt einen Entwurf für das Selbstbestimmungsgesetz vorgelegt, der das Prozedere dafür regelt.

Ziel des Gesetzes sei es, die Regelungen zur Änderung des Geschlechtseintrags „zu vereinheitlichen, zu entbürokratisieren und eine selbstbestimmte Änderung der Geschlechtsidentität zu regeln“, heißt es in dem Entwurf, der dem Tagesspiegel vorliegt. Im nächsten Schritt geht das Gesetz jetzt in die Ressortabstimmung, die Verbändeanhörung durch die Ministerien soll kommende Woche beginnen.

Bislang sind für eine Änderung des Geschlechtseintrags zwei psychologische Gutachten und ein Amtsgerichtsentscheid nötig, was von Betroffenen immer wieder als entwürdigend kritisiert wurde und zudem mehrere Tausend Euro kosten kann. Künftig soll dafür eine Erklärung auf dem Standesamt ausreichen.

Dabei soll mit einer Erklärung versichert werden, dass der gewählte Geschlechtseintrag beziehungsweise die Streichung des Geschlechtseintrags der Geschlechtsidentität am besten entspricht und die betreffende Person sich der Tragweite der Folgen bewusst ist.

Das Transsexuellengesetz wird abgelöst

Das Selbstbestimmungsgesetz ersetzt das über 40 Jahre alte sogenannte „Transsexuellengesetz“, das mehrfach für verfassungswidrig erklärt worden war. Eckpunkte hatten Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) bereits Ende Juni vergangenen Jahres vorgestellt. In den letzten Monaten hatte sich der Gesetzentwurf trotz gegenteiliger Beteuerungen der beteiligten Minister:innen immer wieder verzögert.

In wesentlichen Punkten folgt der Entwurf jetzt den Eckpunkten.

  • Die Selbsterklärung ist ab 18 Jahren möglich.
  • Bei Minderjährigen unter 14 Jahren soll die Änderung des Geschlechtseintrags nur von den Sorgeberechtigten beantragt werden können.
  • Jugendliche ab 14 Jahren sollen eine Erklärung selber abgeben, brauchen dafür aber die Zustimmung ihrer Eltern. Sollte die nicht vorliegen, ersetzt ein Familiengericht die Entscheidung der Sorgeberechtigten, solange das „dem Kindeswohl nicht widerspricht“.

Die Änderung des Geschlechtseintrags oder der Vornamen wird erst drei Monate nach der Erklärung wirksam, in der Zwischenzeit kann sie auch wieder zurückgenommen werden. Eine erneute Änderung ist frühestens nach einem Jahr möglich.

FDP und Grüne hatten bereits zu Oppositionszeiten entsprechende Gesetzentwürfe vorgelegt, die sich eigentlich sehr ähnelten. Zuletzt hatte aber die FDP Bedenken geäußert, was zu Streit um die Formulierung des Gesetzes zwischen den Ministerien führte. Hier ging es vor allem um die Frage, wie der Zugang zu Frauenschutzräumen wie etwa Frauensaunen geregelt werden soll. Die FDP hatte hier Argumente aufgenommen, Männer könnten das Selbstbestimmungsgesetz ausnutzen, indem sie ihren Geschlechtseintrag änderten, um dann in Frauenschutzräume einzudringen.

Das gilt bei Frauenschutzräumen

Im Gesetzestext selber heißt es jetzt dazu, dass bei entsprechenden Einrichtungen das Hausrecht „unberührt“ bleibe. In den Erläuterungen zum Gesetz wird ausgeführt, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in dem Punkt unverändert bleibe: Es sei daher etwa im Rahmen des Hausrechts zum Schutz der Intimsphäre oder aus Gründen der persönlichen Sicherheit möglich, „zum Beispiel beim Zugang zu Saunen oder Fitnessstudios für Frauen oder zu Umkleidekabine im Einzelfall zu differenzieren“.

Eine Expertise der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hatte im Vorfeld bereits ergeben, dass ein genereller Ausschluss von trans Frauen aus Frauenschutzräumen auf Grundlage des AGG nicht möglich sei, sondern nur im gut begründeten Einzelfall. Das stellt jetzt auch nochmal eine zusätzliche Handreichung viel gestellter Fragen und Antworten zum Gesetz klar: Eine Zurückweisung speziell von transgeschlechtlichen Personen „allein aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität“ sei „unzulässig“.

Die Bewertung sportlicher Leistungen könne „unabhängig von dem aktuellen Geschlechtseintrag geregelt werden“, heißt es in dem Gesetzentwurf weiter. Bei Quotenregelungen sei das „im Personenstandsregister eingetragene Geschlecht der Mitglieder zum Zeitpunkt der Besetzung maßgeblich“.

Das Gesetz soll auch „die Zuordnung zum männlichen Geschlecht im Spannungs- und Verteidigungsfall“ regeln. Danach bleibt die Zuordnung zum männlichen Geschlecht bestehen, wenn „in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang“ mit einem solchen Verteidigungsfall der Geschlechtseintrag von männlich zu weiblich oder divers geändert wird – es sei denn, dies stelle im Einzelfall eine „unbillige Härte“ dar. Das Gesetz nennt als Frist hier einen „Zeitpunkt von zwei Monaten vor Feststellung des Spannungs- oder Verteidigungsfalls“.

Der Gesetzentwurf enthält zudem einen Absatz zum sogenannten Offenbarungsverbot. Darin ist vorgesehen, dass der Deadname, also der abgelegte Vorname, und die bis zur Änderung eingetragene Geschlechtszugehörigkeit prinzipiell nicht ohne die Erlaubnis der betroffenen Person offenbart werden dürfen. Verstöße gegen diese Regelung können mit bis zu 10.000 Euro bestraft werden, vorausgesetzt, dass der Person „absichtlich geschädigt“ wird. Es gibt bestimmte Ausnahmen für Familienangehörige.

Medizinische Geschlechtsangleichungen regelt das Gesetz nicht – auch das wird noch einmal ausdrücklich klargestellt. Hierzu gelten die einschlägigen medizinischen Leitlinien.

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