
© Rolf Brockschmidt
Tourismuskonferenz: Tradition der Toleranz
Lange galt Tunesien nur als ein preiswertes Ziel für Badetouristen. Höchste Zeit für einen Imagewechsel.
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Die Deutschen fassen wieder Vertrauen zu Tunesien und reisen aufs Neue in das nordafrikanische Land. Nur zwei Flugstunden liegt es von uns entfernt. Deutschland ist nach Frankreich der wichtigste Markt für Tunesien, deutsche Urlauber bleiben am längsten, 2010 waren es im Durchschnitt 11,6 Tage. Von Januar bis Oktober dieses Jahres haben 375 478 deutsche Gäste Tunesien besucht.
Insgesamt hat der Tourismus in Tunesien bis jetzt das Niveau von 2010 zu fast 95 Prozent erreicht, erklärte Tunesiens Tourismusminister Elyes Fakhfakh zufrieden auf der dritten Deutsch-Tunesischen Tourismuskonferenz. Sie wurde von der Deutsch-Tunesischen Industrie- und Handelskammer in Hammamet veranstaltet. „Wir müssen Fantasie zeigen, der deutsche Tourist ist anspruchsvoll“, sagte der Minister.
Neben dem Badetourismus, Säule im tunesischen Fremdenverkehr, sollen verstärkt archäologische und kulturelle Schätze Tunesiens vermarktet werden. Seit Mitte November wird mit der Europäischen Union über ein „Open-Sky-Abkommen“, das Beschränkungen im Luftverkehr abschafft, verhandelt. Wenn es laufe wie geplant, könne das Abkommen im Sommer 2013 in Kraft treten und eine bessere Anbindung Tunesiens an den europäischen Luftverkehr gewährleisten, sagte der Minister. „80 Prozent des deutschen Marktes werden über Reiseveranstalter abgewickelt, aber Open Sky erlaubt es uns, mehr Gäste für ein langes Wochenende nach Tunis oder Hammamet zu bekommen“, sagt Mohamed Saidi, Leiter des Fremdenverkehrsamtes Tunesien in Deutschland.
„Wir müssen den Tourismus entwickeln und verbessern, was wir haben“, sagte Falko May von Thomas Cook. Der Reiseveranstalter investiert in die Renovierung der bestehenden Hotels. May sieht Potenzial bei gut situierten Reisenden im Winter. Der Badeurlaub bleibe aber das „Brot-und Buttergeschäft“. „Tunesien muss dringend sein Image verändern“, sagte Sören Hartmann, Geschäftsführer von Rewe-Touristik. Das Land habe ein Image als preiswertes Urlaubsziel, doch billig zu sein, reiche nicht mehr aus.
Die Touristenzahlen in Tunesien seien schon vor der Revolution zurückgegangen. Tunesien habe mit 93 Prozent gute Kundenbewertungen, darauf könne man aufbauen. Zu den Mängelthemen gehörten die Sauberkeit – das müsse über eine bessere Ausbildung laufen – und die Sicherheit. Man müsse kommunizieren, dass Tunesien ein sicheres Reiseland ist. „ Es muss uns gelingen, die Faszination Tunesiens zu vermarkten und neue, profitable Kunden zu gewinnen“, sagte Hartmann.
Der deutsche Tourist: „ein scheues Reh“

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„Tunesien ist die nächstgelegene ferne Welt mit einem enormen Potenzial an Exotik und Lifestyle. Man muss das neue Tunesien nach der Revolution vermarkten, das Gesicht der Hauptstadt, Kultur und Shopping sowie die Nachhaltigkeit und die Umwelt“, sagte Hartmann. „Der Unterschied ist die Zukunft.“ Die Türkei habe gezeigt, wie man sich aus einer vergleichbaren Situation heraus verbessern könne.
Ein Tunesier forderte dazu auf, in der Tourismuswerbung in Europa auch die Kathedrale von Tunis zu zeigen, um auf die Tradition der Toleranz und das vorislamische Christentum in Tunesien hinzuweisen. Das schaffe Vertrauen. Deutschlands Botschafter Jens Plötner erinnerte daran, dass der deutsche Tourist „ein scheues Reh“ sei. Das müsse zurückfinden nach Tunesien. Dazu gehöre eine faire Berichterstattung. Natürlich bereite die politisch motivierte Gewalt Sorgen, aber die Regierung gehe mit rechtsstaatlichen Mitteln dagegen vor. „9,9 Millionen Tunesier freuen sich auf deutsche Touristen, wir sollten sie nicht von ein paar tausend Menschen in Geiselhaft nehmen lassen“, sagte Plötner.
Das Thema Sicherheit sei ernst zu nehmen, sagte Minister Fakhfakh, Tunesien sei nicht erst seit dem 14. Januar 2011 ein islamisches Land. „Unser Islam ist offen. Es gibt seit ein paar Jahren orthodoxe Strömungen, und darunter ist eine Minderheit von Dschihadisten gewaltbereit. Gegen die gehen wir vor.“ Touristen seien nie von inneren Unruhen betroffen gewesen. „Der Sicherheitsapparat wird reformiert, die Polizei lernt, mit Demonstrationen umzugehen.“
Eine wichtige Rolle bei der Modernisierung der Tourismuswirtschaft spielt die Bildung. Daher hat Deutschland mit Tunesien einen „Pakt für Beschäftigung“ geschlossen, der die berufliche Bildung mit Hilfe der Handelskammern verbessern soll. Das Goethe-Institut engagiert sich mit einem Programm für arbeitslose Akademiker, die Deutsch lernen sollen für einen Jobs im Tourismus. Die Menschen müssen den Erfolg der Revolution spüren“, sagte Staatssekretär Ernst Burgbacher vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.
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