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Russland und Ostdeutsche, Bürgermeister und Deutsche: Das Wir in Putin

So geht öffentlich-rechtliches Fernsehen: Dokumentation plus Talk, Fiktion plus Dokumentation

Die ARD gibt sich sehr stolz, dass sie live und in Farbe im Ersten und in der Mediathek einen Quizmarathon veranstaltet. Über 25 Stunden zwischen Montag um 18 Uhr und Dienstag um 18 Uhr 50 bringen Bernhard Hoecker, Elton und Kai Pflaume „Wer weiß denn sowas?“ auf XXL-Länge. Macht den Zuschauer nicht dümmer.

Quiz macht nicht dümmer, anderes Programm aber schlauer

Wenn ein Dauerquiz den Programmauftrag aus- und erfüllt, dann tut es das übrige Angebot in der ARD vom Montag gleich doppelt und dreifach. Das Erste hat das Regelprogramm der Tier- und Naturdokumentation zugunsten eines Doppelschlages zu einem akut gesellschaftspolitischen Thema umgeworfen. Der Recherchereise der gebürtigen Güstrowerin Jessy Wellmer zwischen Rügen und Zwickau zur Frage „Russland, Putin und wir Ostdeutsche“ schloss sich die Talkshow „Hart aber fair“ an.

Jessy Wellmer saß mit in der Runde, als deren weitere Gäste Moderator Frank Plasberg den Publizisten Ralf Fücks (Grüne), die Sachbuchautoren Antje Hermenau („Ansichten aus der Mitte Europas: Wie Sachsen die Welt sehen“), den Wissenschaftler Stefan Creuzberger („Das deutsch-russische Jahrhundert“) sowie den ehemaligen Boxweltmeister Henry Maske begrüßen konnte.

Lebhaft war die Diskussion, tatsächlich fair, ja fast ein Musterbeispiel, wie bei einem strittigen Thema es eben nicht zu einer Diskreditierung eines Gesprächspartners durch einen anderen kommen muss. Und Henry Maske sollte derartige Ost-West-Runden öfters bereichern. Diese Doppelhelix aus einer Reportage, die das Thema aufriss, und einer Debatte, die es personalisierte und zugleich vertiefte, reüssierte beim Publikum. „Putin, Russland und wir Ostdeutsche“ verzeichnete 3,03 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer, „Hart aber fair“ hatte mit 3,28 Millionen einen noch größeren Publikumskreis.

Zamperoni zu US-Wahlen

Und schon für den kommenden Montag kündigt das Erste die Fortsetzung des Programmmodells an. Der 31. Oktober steht im Zeichen der Midterms-Wahlen in den USA. Den Auftakt macht dabei um 20 Uhr 15 die Dokumentation „Trump, Biden, meine US-Familie und ich – Ingo Zamperoni unterwegs in einem zerrissenen Land“, in der der „Tagesthemen“-Moderator erneut auf familiär-politische Spurensuche geht. In der darauf folgenden Ausgabe von „hart aber fair“ ist Ingo Zamperoni zu Gast.

Den Abend komplettiert um 22 Uhr 50 die Dokumentation „Trumps Erbe(n)“, für die „Weltspiegel“-Reporterin Kerstin Klein unterwegs war und die Widersprüche, Aktionen und Träume der jungen Konservativen in Amerika erlebt. So geht öffentlich-rechtlich, oder?

Quotengewinner am Montag war der ZDF-Film „Die Bürgermeisterin“ mit Anna Schudt in der Rolle von Carla Voss, deren Amt und Amtsverständnis von rechten, rechtsradikalen Umtrieben mehr als nur erschüttert wird. 4,20 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer haben eingeschaltet. Das Thema nahm dann auch die anschließende Dokumentation „Engagiert und attackiert“ auf, die deutschlandweit recherchierte, wie Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auf die fast schon alltäglichen Anfeindungen reagieren, damit umgehen.

Der Privatsender ProSieben wollte in diesem ernsthaften Schwerpunktreigen am Monat nicht zurückstehen. Die Dokumentation „Route 4“ samt folgender Diskussion befasste sich mit der Mission der Organisation Sea Eye, die Flüchtende aus dem Mittelmeer rettet.

Wie schon bei den an den Montagen davor platzierten Polit-Talks hatte der Privatsender mit Aufmerksamkeit und Resonanz zu kämpfen. Die Dokumentation kam noch auf 410.000 Zuschauerinnen und Zuschauer, der anschließende Talk nur auf 250.000. Das ist im Millionengeschäft Fernsehen wenig bis gar nichts. Jede Schadenfreude ist, sieht man die Anstrengung, fehl am Platz.

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