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Die Botschaft an Touristen ist deutlich.

© dpa/Clara Margais

„Unbedingt ernst nehmen“: Tui-Chef zeigt Verständnis für Proteste auf Mallorca gegen Massentourismus

Der Reiseveranstalter bringt viele Urlauber auf die auch bei Deutschen sehr beliebte Insel. Letztlich seien es die Einheimischen, die bestimmen müssten, wie viele Gäste sie wollen, sagt Ebel.

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Seit Monaten wir auf der Ferieninsel Mallorca, aber auch in anderen Teilen Spaniens von den Bewohnern immer wieder gegen die Auswirkungen des Massentourismus demonstriert. Sie beklagen vor allem die hohen Lebenshaltungskosten, den Mangel an bezahlbarem Wohnraum und teilweise auch Wassermangel.

Tui-Vorstandschef Sebastian Ebel hat nun Verständnis für die jüngsten Proteste gegen Massentourismus auf Mallorca geäußert. „Es gibt diese Proteste, die sich gegen bestimmte exzessive Themen wie Erhöhung der Mieten und nicht vorhandenen Wohnraum, gestiegene Häuserpreise und Verkehrsaufkommen richten“, sagte Ebel der „Bild am Sonntag“. „Und das sollten wir unbedingt ernst nehmen, weil das uns genauso gehen würde.“

Wichtig ist natürlich zu schauen, was bewegt die Leute, wie viel Tourismus wollen sie, welchen wollen sie nicht?

Sebastian Ebel, Tui-Vorstandschef

Der Pauschaltourist gehe in ein Hotel und nehme niemandem das Haus oder das Appartement weg, so Ebel weiter. „Wir sind bemüht, Wasserkonsum schon sehr niedrig zu halten. Wichtig ist natürlich zu schauen, was bewegt die Leute, wie viel Tourismus wollen sie, welchen wollen sie nicht? Und letztlich sind es die Menschen, die dort vor Ort leben, die bestimmen, wie viel Tourismus sie wollen.“

Tui-Chef kritisiert auch Sauftourismus auf Mallorca

Kritisch äußerte sich der Konzernchef zum Sauftourismus wie am Ballermann auf Mallorca. „Ich persönlich weiß nicht, ob man das überhaupt noch haben möchte und sollte. Ich bin nicht auf der Verbotsseite, aber für starkes Reglementieren, um diese Auswüchse zu vermeiden. Damit wäre allen gedient. Das sind Grundregeln des Anstands, die sollten wir überall sicherstellen.“ 

Tui hat viele Reisen nach Mallorca im Angebot. Im Dezember 2023 hatte der Reiseveranstalter mitgeteilt, dass Mallorca als Buchung sehr beliebt sei – und von einer höheren Nachfrage denn je gesprochen, die für diesen Sommer für Mallorca-Reisen erwartet wurde.

Mitte der Woche hatte Ebel einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge gesagt, die anhaltenden Proteste gegen Massentourismus auf Mallorca oder in Barcelona hätten bislang keine Auswirkungen auf die Nachfrage nach den beliebten Reisezielen bei Tui. „Es ist nicht zu erkennen, dass das zu einer Dämpfung führt, dass weniger Menschen nach Mallorca reisen.“

Er sehe das Geschäftsmodell des Pauschaltourismus dadurch nicht gefährdet, da die Kritik auch auf andere Angebote wie das Nutzen privaten Wohnraums für Urlauber über Airbnb ziele. Tui habe bewusst Reiseziele wie die Kapverden oder in Ägypten ausgebaut, weil Mallorca bei den verkraftbaren Gästezahlen an Grenzen stößt. „Uns war klar, dass wir nicht nochmal eine Million mehr Menschen nach Mallorca oder auf die Kanaren bringen können“, sagte Ebel.

Auf den Balearen, deren Hauptinsel Mallorca ist, leben knapp 1,2 Millionen Einheimische. Im vorigen Jahr wurden diese nach Zahlen der spanischen Statistikbehörde INE von 18 Millionen Urlaubern besucht, davon 4,6 Millionen aus Deutschland und 3,4 Millionen aus Großbritannien. Auf jeden Einheimischen kamen dort also ungefähr 15 Urlauber, wie die Agentur dpa berichtet.

Für Mallorca ist der Tourismus überlebenswichtig. Die Branche steht demnach für 45 Prozent der Wirtschaftsleistung der Insel. Demonstranten klagen, dass nur eine Minderheit profitiere, während die große Mehrheit in dem Sektor niedrige Gehälter bekomme, die nicht reichten, um die immer teureren Wohnungen zu bezahlen.

Der Tourismus ist auch ein wichtiges Standbein der Wirtschaft in ganz Spanien: Die Urlauber gaben Reuters zufolge allein im Juni 12,3 Milliarden Euro aus, 17 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Dies trug zum Wirtschaftswachstum in Spanien bei, wo es auch dank der Ausgaben ausländischer Besucher konjunkturell weit besser läuft als in Deutschland.

Das südeuropäische Land steigerte die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal um 0,8 Prozent, während das deutsche Bruttoinlandsprodukt um 0,1 Prozent schrumpfte.

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