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Ein Regenbogen ist vor dunklen Wolken am Abend über der Landschaft mit einem Windenergiepark im Osten von Brandenburg zu sehen.

© picture alliance/dpa/Patrick Pleul

Wenn Merz Kanzler wird: Spielt Klimaschutz künftig noch eine Rolle?

Union und SPD haben das Klima im Bundestagswahlkampf ausgeklammert. Doch die Realität wird eine neue Regierung schnell einholen, sagen Experten.

Von
  • Christoph Bals
  • Monika Schnitzer
  • Bernd Weber

Stand:

Die einprägsamste Aussage von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz im Wahlkampf zum Klimaschutz war, dass „Windräder hässlich“ sind. Die SPD hat um das Thema grüne Transformation ebenfalls einen großen Bogen gemacht. Angesichts dessen fragt sich mit Blick auf eine mögliche schwarz-rote Koalition, ob und wie Klimaschutz in diesem Bündnis eine Rolle spielen kann.

Notwendig wäre es. Deutschland verfehlt nach wie vor seine selbstgesteckten Einsparziele bei den CO₂-Emissionen, wie der Expertenrat für Klimafragen gerade festgestellt hat. Die Politik muss hier also handeln

Drei Expert:innen sagen, wo die neue Bundesregierung vor allem anpacken muss. Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.


Klimaschutz bewegt die Wähler:innen nach wie vor

Beim Blick in die Wahlprogramme und auf die öffentlichen Debatten während des Bundestagswahlkampfes blieb der Eindruck haften, dass Klimapolitik aktuell nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Allerdings war Klima/Umwelt, obwohl die Parteien das Thema weitgehend ausgeblendet haben, eines der Top-5 wahlentscheidenden Themen für die Wähler:innen.

Eine Bundesregierung, die die Weichen für eine klimaneutrale Zukunft stellen will, kann nicht auf eine rückwärtsgewandte Klimapolitik setzen. Statt das lange verhandelte Verbrenner-Aus und den Weg zur Klimaneutralität infrage zu stellen, sollten die zentralen Instrumente wie der europäische Emissionshandel und ein europäisches Energienetz konsequent weiterverfolgt werden, damit die Dekarbonisierung gelingt und dabei die Energie- und Strompreise transparent und beherrschbar bleiben.

Die längst überfällige Einführung eines Klimageldes kann für breitere Akzeptanz und Entlastung sorgen. Das wäre vor allem für die besonders belasteten Haushalte mit niedrigerem Einkommen wichtig.


Nichthandeln ist sehr viel teurer als zu investieren

Klimaschutz ist keine Kür, sondern betriebs- und volkswirtschaftliche Notwendigkeit. Die Kosten des Nichthandelns übersteigen die notwendigen Investitionen. Globale Märkte für Klimalösungen wachsen. Doch ein klimaneutraler „Business Case“ in Deutschland besteht nur mit bezahlbarer Energie und gesellschaftlicher Akzeptanz.

Die nächste Regierungskoalition muss Wettbewerbsfähigkeit und Dekarbonisierung pragmatisch vereinen. Dafür braucht es eine energie- und klimapolitische Neuausrichtung: technologieoffen, marktwirtschaftlich und kosteneffizient.

Der Clean Industrial Deal der EU liefert dafür die passende Vorlage. Eine schwarz-rote Bundesregierung kann bei der Ausgestaltung Führung übernehmen und den EU-Binnenmarkt als wirtschaftspolitischen Trumpf nutzen. Ein erneuerbarer flexibler Energiemarkt senkt Strompreise und schont Haushalte. Leitmärkte und Garantien begünstigen Investitionen. Der „German Vote“ sollte in Zukunft nicht mehr für deutsche Enthaltung in Brüssel stehen, sondern zum Katalysator für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit in Europa werden.


Die doppelte Herausforderung für Schwarz-Rot

Sowohl Union als auch SPD haben sich im Wahlprogramm prinzipiell zu den Klimazielen bekannt. Und es gibt erheblichen Druck der EU und des Bundesverfassungsgerichts. Deshalb sollte auch unter der neuen Regierung Klimaschutz eine wichtige Rolle spielen.

Vor der liegt ein doppelter Lackmustest: Erstens setzt die Union auch im Gebäude und Energiebereich wegen der wirksamen Steuerung auf den CO₂-Preis und Emissionshandel als Leitinstrument. Gelingt nun ein Kompromiss mit der SPD, die durch Ordnungsrecht und sozialpolitische Einbettung des Marktinstruments für eine faire und bezahlbare Umsetzung sorgen will?

Zweitens muss die neue Regierung endlich die notwendigen großen privaten und öffentlichen Investitionen mobilisieren, die für den klima- sowie wirtschaftspolitisch erfolgreichen und sozial gerechten Übergang zur Klimaneutralität notwendig sind. Hierzu muss nach der Blockade der FDP zur Freisetzung des Geldes endlich der Weg frei gemacht werden. Das wäre eine gut angelegte Investition.

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