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Auch Viren sind nicht grundsätzlich feindlich, sondern möglicherweise wichtig.

© Montage: Tagesspiegel, Foto: freepik

Forscher starten große Untersuchung: Können Viren uns auch nützlich sein?

Nicht nur Bakterien, auch zahllose Viren leben im menschlichen Körper. Wo genau sie vorkommen und was sie dort tun, das wollen Wissenschaftler jetzt ganz genau wissen.

Magnus Heier
Eine Kolumne von Dr. Magnus Heier

Stand:

Es waren Bakterien, die unser Verständnis des eigenen Körpers umgekrempelt hatten: Man hatte langsam begriffen, dass Bakterien nicht grundsätzlich böse und gefährlich sind, nicht grundsätzlich bekämpft werden müssen. Im Gegenteil: Viele Bakterien nicht nur im Darm sind lebensnotwendig. Ohne Bakterien würde der Mensch nicht überleben. Weshalb die ungehemmte Verschreibung und Einnahme von Antibiotika lebensgefährlich werden kann.

Jetzt gibt es eine zweite, vergleichbare „Revolution“ im medizinischen Verständnis: Auch Viren sind nicht grundsätzlich „feindlich“, sondern möglicherweise wichtig. Es fängt schon mit ihrer schieren Zahl im Körper an: Billionen von Viren, also Millionen Mal Millionen. Eine offensichtlich grobe Schätzung. Wahrscheinlich beherbergt der menschliche Körper mehr Viren, als er eigene Zellen hat.

Schon ein Gramm Stuhl enthält Milliarden von Viren.

Magnus Heier, Kolumnist

Nun soll die Summe dieser Viren erstmals erfasst werden. Forscherinnen und Forscher von gleich fünf Universitäten wollen einen Überblick erstellen. Dazu werden Blut und Spucke, Stuhl, Milch und andere Proben untersucht. Die Ausbeute dürfte zahlreich sein: Schon ein Gramm Stuhl enthält Milliarden von Viren.

Interessant dürfte neben der Vielfalt der Viren im Menschen auch deren Verteilung sein: Sind Viren grundsätzlich in allen Organen des Körpers oder gibt es „sterile“ Organe etwa das Gehirn? Welche Virenarten sind wo? Spannend ist auch der Vergleich mehrerer Menschen: Haben wir alle dieselben Virentypen im Körper oder unterscheiden sie sich? Haben Menschen, die zusammenleben, haben Familien dieselben Viren oder unterscheiden sie sich auch hier?

Schützen uns Viren, indem sie für uns gefährliche Bakterien abtöten? Oder „arbeiten“ sie mit denen irgendwie zusammen? Es gibt Hinweise, dass einzelne Viren für den Menschen nützlich sind: So scheinen Zytomegalieviren gegen Hautkrebs zu schützen. Und das dürfte nicht das einzige Beispiel bleiben. Viren zu verstehen heißt auch, die Gesundheit besser zu verstehen.

Alle bisher erschienenen Folgen der Kolumne „Im weißen Kittel“ finden Sie auf der Übersichtsseite.

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