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Höchster Stand seit langem: Zahl von Syphilisfällen in Deutschland erneut gestiegen
In den meisten Fällen stecken sich Männer, die mit Männern Sex haben, an. Die höchste Inzidenz in Deutschland hat Berlin. Penicillin hat die Krankheit heilbar gemacht.
Stand:
Die Zahl der Syphilisfälle in Deutschland hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand seit Einführung der Meldepflicht im Jahr 2001 erreicht. 2024 wurden 9519 Erkrankungen gemeldet, das waren 3,9 Prozent mehr als im Vorjahr, wie das Robert Koch-Institut (RKI) am Donnerstag in Berlin mitteilte. Der nach dem Ende der Coronapandemie registrierte starke Anstieg schwächte sich damit aber wieder ab. 2022 hatte es laut RKI eine Zunahme von 23,7 Prozent gegeben.
Die mit Abstand höchsten Inzidenzen wurden im vergangenen Jahr in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg mit 35,7 beziehungsweise 30,3 Fällen pro 100.000 Einwohner registriert. Am niedrigsten waren die Werte in Sachsen-Anhalt mit 6,7 Fällen, Thüringen mit 6,6 Fällen und Brandenburg mit 4,5 Fällen.
Antibiotika können helfen
Die Syphilis ist eine bakterielle Erkrankung und wird vor allem beim Sex übertragen. Unbehandelt kann sie zu schweren Organschäden führen und bei einer Übertragung während der Schwangerschaft auch für das Kind schwerwiegende Folgen bis hin zur Totgeburt haben. Die Infektion kann durch Antibiotika geheilt werden.
Im Mittelalter und zu Zeiten der Industrialisierung war Syphilis in Europa weit verbreitet und sorgte mangels Behandlungsmöglichkeit für viele Todesfälle. Auch in der Weimarer Republik war Syphillis ein bedeutendes Problem. In der Nachkriegszeit wurden in Deutschland jährlich über 100.000 Fälle gemeldet.
Erst die Entdeckung von Penicillin machte Syphilis heilbar. Die Fallzahlen sanken in den 1950er- und 60er-Jahren rapide. In den 1970ern galt Syphilis in Deutschland zeitweise als nahezu eliminiert.
Zwischen den Jahren 2004 und 2008 pendelte sich die Zahl der Erkrankungen auf einem Niveau von etwa 4000 pro Jahr ein. Seit 2010 steigen die Zahlen wieder.
In den meisten Fällen stecken sich Männer, die mit Männern Sex haben, an. Laut RKI könnte der Anstieg mit einem veränderten Sexualverhalten zusammenhängen – etwa durch eine höhere Zahl auch anonymer Sexualpartner und den Gebrauch sogenannter Partydrogen im sexuellen Kontext. Auch die Verbreitung von Datingapps und -websites trug laut RKI womöglich aber zu einem Anstieg der Zahl von Sexualkontakten bei.
Der zunehmende Verzicht auf Kondome nach der Einführung sogenannter Prep-Medikamenten zum Schutz vor einer HIV-Infektion könnte den Anstieg bei Syphilis ebenfalls befördert haben. Gleichzeitig könnte das im Rahmen der Prep-Leitlinie vorgesehene regelmäßige Screening auf Syphilis auch vermehrt vor allem asymptomatische Infektionen aufdecken. Perspektivisch könnten so die Infektionsketten effektiver unterbrochen werden, erklärte das RKI. (AFP, jmi)
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