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Magdalena Gössling erleidet 2019 im Alter von 32 Jahren ohne Vorzeichen einen Schlaganfall. Ursache war eine Gehirnblutung wegen einer angeborenen Gefäßmissbildung. 

© Montage Tagesspiegel/Miethke Fotos: Stefan Klüter, Freepik

Leben nach Schlaganfall mit 32 Jahren: Wenn sie nicht sprechen konnte, sang sie

Magdalena Gössling musste Lesen, Schreiben und Sprechen wieder lernen – und hat es getan.

Magnus Heier
Eine Kolumne von Dr. Magnus Heier

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Magdalena Gössling war im Praktischen Jahr, dem letzten Teil ihrer medizinischen Ausbildung, als sie einen Schlaganfall bekam. Mit 32 Jahren! Ihr Name ist echt und kann an dieser Stelle genannt werden, weil sie über den Schlaganfall und die Zeit danach ein Buch geschrieben hat, von dem in der aktuellen Ausgabe der ÄrzteZeitung erzählt wird.

270.000
Menschen pro Jahr erleiden in Deutschland einen Schlaganfall. Etwa 30.000 von ihnen sind jünger als 55 Jahre.

Ihr junges Alter ist extrem ungewöhnlich für einen Schlaganfall – der Durchschnitt liegt in den 70er-Lebensjahren. Bei Gössling hat eine unerkannte Missbildung eines Blutgefäßes im Gehirn zu einer Blutung geführt – und damit zum Schlaganfall.

Konnte sie Sätze nicht sprechen, sang sie die Wörter

Interessant ist, dass die junge Frau – obwohl fast fertige Ärztin – ihre eigenen, eigentlich eindeutigen Symptome nicht verstand: Wasser lief beim Trinken aus dem Mundwinkel, die Sprache versagte. Der Ehemann, ein Neurologe, konnte schließlich eins und eins zusammenzählen und den Schlaganfall seiner Frau diagnostizieren.

Nach der Einlieferung ins Krankenhaus und einer Operation am Gehirn begann die mühevolle Zeit der Rehabilitation: Sprechen, Lesen, Schreiben musste sie neu lernen. „Mir wurden die Wörter, die Buchstaben entrissen“, so beschreibt es Gössling. Bei der Sprache half Musik: Sätze, die sie nicht sprechen konnte, konnte sie singen, wie sie der ÄrzteZeitung erzählte.

Neurologisch ist der Effekt halbwegs erklärbar: Das geschädigte Sprachzentrum wird von zahlreichen anderen Zentren des Gehirns beim Singen „unterstützt“ (ein eigentliches „Musikzentrum“ gibt es nicht). Sätze zu singen, mag komisch wirken, half ihr aber im Alltag.

Ebenso schwierig war es, das Schreiben wieder zu lernen. Aber Gössling war zäh und ehrgeizig: Noch immer macht sie viele Fehler. Aber sie hat es geschafft, ein Buch zu verfassen: „Wieder werden. Eine Geschichte über Verlust und Erneuerung“. Sie wurde keine Handchirurgin – das war ihr Traum gewesen. Jetzt arbeitet sie in einer Schlaganfall-Selbsthilfegruppe.

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