zum Hauptinhalt
Eine leere U-Bahnstation in Peking

© AFP/YUXUAN ZHANG

Peking wird zur Geisterstadt: Massiver Corona-Ausbruch nach Lockerungen

China kämpft mit einem drastischen Anstieg der Fallzahlen. Geschäfte bleiben leer, Ämter und Unternehmen sind unterbesetzt.

Die Straßen sehen fast ebenso leer aus wie während der „Null-Covid“-Lockdowns der letzten Monate: Peking wird zur Geisterstadt, aber nicht aufgrund von Restriktionen, sondern wegen eines enormen Corona-Ausbruchs.

Die Fallzahlen „steigen rasant“, so Chinas Regierung, die genaue Zahl lasse sich aber mittlerweile schlicht nicht mehr ermitteln. In der vergangenen Woche hat das Land seine Corona-Regeln gelockert – und kämpft seither mit den Konsequenzen.

Ein Bericht des US-amerikanischen Senders CNN etwa zeigt ein Büro in Peking, in dem 21 von 24 Mitarbeitenden krank gemeldet sind. Auch in den sozialen Netzwerken berichten immer mehr Betroffene aus China von einem enormen Anstieg der Fälle in ihrem Arbeitsumfeld. Waren vor einigen Wochen noch 50 Prozent der Angestellten erkrankt, seien es jetzt gut 90 Prozent, erzählt ein Anwalt aus Peking auf Twitter.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren die Fallzahlen aber bereits vor der jüngsten Lockerung der strikten Corona-Beschränkungen rasant angestiegen. Die „explosionsartige Zunahme“ der Fälle in China und die „erhöhte Übertragungsintensität“ hätten „lange vor der Lockerung der Null-Covid-Politik begonnen“, sagte der Leiter der WHO-Notfallabteilung, Michael Ryan, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Genf.

Der Nutzen von Kontrollmaßnahmen habe sich angesichts der hohen Ansteckung durch die Omikron-Variante geändert. Corona sei nicht plötzlich außer Kontrolle geraten, weil China die Beschränkungen aufgehoben habe. Die Krankheit habe sich deshalb stark ausgebreitet, „weil die Kontrollmaßnahmen an sich sie nicht aufhalten konnten“.

Er glaube, dass die chinesischen Behörden mit ihrer abrupten Kehrtwende „strategisch entschieden“ hätten, dass die strengen Regeln für sie „nicht mehr die beste Option“ seien, sagte Ryan.

PCR-Testungen gehen zurück

Mittlerweile gibt es keine verlässlichen Daten mehr zu den Ausbreitungen. „Viele asymptomatische Menschen machen keine PCR-Tests mehr, deshalb ist es unmöglich, die aktuelle Zahl von asymptomatisch Infizierten akkurat zu benennen“, erläuterte auch die Nationale Gesundheitskommission in China.

Vor der Fieber-Station einer Klinik in Peking sahen AFP-Reporter am Mittwoch etwa 50 Menschen in einer Schlange stehen. Alle in der Schlange seien „infiziert“, sagte einer von ihnen. „Wir würden nicht kommen, wenn wir es nicht wären.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die offziellen Testungen in China gehen drastisch zurück. Auch dies dürfte ein Grund für die gerade einmal 2000 gemeldeten symptomatischen Corona-Fälle am Mittwoch sein.

Nach landesweiten Protesten sowie einem Einbruch des Außenhandels im November hatte die Volksrepublik vor einer Woche mit einer Abkehr von ihrer strikten Null-Covid-Politik begonnen. Landesweit wurden zunächst Quarantäneregeln und Testpflichten gelockert oder sogar abgeschafft und die Massenabriegelungen beendet.

Am Montag kündigten die Behörden zudem das Ende der staatlichen Corona-App an, die zweieinhalb Jahre lang die Bewegungsfreiheit der Menschen stark eingeschränkt hatte.

Hamsterkäufe bei Medikamenten und Angst vor Ansteckung

Restaurants, Läden und Parks öffneten in Peking schrittweise wieder. Von einem normalen Alltag in der 22-Millionen-Einwohner-Stadt kann derzeit jedoch nicht die Rede sein.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

„Grundsätzlich folge ich den Vorgaben der Pekinger Regierung, dass ältere Menschen zu Hause bleiben und so wenig wie möglich ausgehen sollten“, sagte ein um die 80 Jahre alter Mann. Aus seiner Sicht dürfe es im Kampf gegen Corona „keine vollständige Entspannung und Freiheit“ geben. „Wie können wir frei sein, wenn wir tot sind, nicht wahr?“, fügte er hinzu.

Angesichts der steigenden Infektionszahlen bevorraten sich viele Menschen mit Medikamenten, in Online-Netzwerken wird über ausverkaufte Arzneimittel und lange Schlangen vor Apotheken in der Hauptstadt berichtet. Die wachsende Nachfrage nach Medikamenten und Corona-Tests hat zu astronomischen Schwarzmarkt-Preisen geführt.

Ein Gerücht in den sozialen Netzwerken führte zudem zu einer erhöhten Nachfrage nach Dosenpfirsischen. Das enthaltene Vitamin C würde vor einer Corona-Infektion schützen und sie sogar heilen. Staatsmedien versuchen mittlerweile, dieses Gerücht aus der Welt zu schaffen.

Problem im Gesundheitssystem hausgemacht

Die abrupte Kehrtwende der chinesischen Führung bedeutet also, dass das Land nun mit einer Welle von Corona-Fällen konfrontiert sein wird, auf die es schlecht vorbereitet ist. Außerdem sind Millionen ältere Menschen noch immer nicht vollständig gegen das Coronavirus geimpft.

Bislang haben nur 66,4 Prozent der Menschen in China über 80 Jahren drei Corona-Impfdosen erhalten. Die Behörden kündigten am Mittwoch an, Menschen ab 60 Jahren dürften nun sechs Monate nach ihrer ersten Auffrischungsimpfung eine weitere Booster-Impfung erhalten.

Ein medizinischer Mitarbeiter steht vor einem Testzentrum in Peking.
Ein medizinischer Mitarbeiter steht vor einem Testzentrum in Peking.

© REUTERS/ STAFF

Experten prognostizieren in diesem Zusammenhang eine starke Ausbreitung der aktuellen Virusvariante. Da aufgrund der Null-Covid-Strategie und der weniger wirksamen Impfstoffe in China kaum Antikörper gebildet wurden, dürfte eine neue Corona-Welle sich hier schneller und stärker verbreiten als etwa in Europa.

Auswirkungen dürfte das vor allem auch auf das Gesundheitssystem haben. Auf die Welle von Corona-Fällen ist China schlecht vorbereitet: Den unterfinanzierten Krankenhäusern fehlen die Kapazitäten, um eine große Zahl von Patienten aufzunehmen.

Vergangenen Sonntag war die Patientenzahl in Chinas Fieberkliniken dem CNN-Bericht zufolge 16 Mal höher als noch eine Woche zuvor. Die meisten von ihnen hätten allerdings einen milden Verlauf, so die stellvertretende Ministerpräsidentin Sun Chunlan.

Chunlan ordnete eine Erhöhung der Medikamentenvorräte in den Kliniken an, um den aufkommenden Engpässen entgegenzuwirken. Ärzte warnen außerdem vor Erkrankungen des medizinischen Personals, die wiederum zum Zusammenbruch des Systems führen könnte. (AFP, Tsp)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false