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Im Zuge der Krankenhausreform werden einige Klinikstandorte schließen müssen.

© dpa/Julian Stratenschulte

Mehr Qualität ist das Ziel: Wie erfolgreich wird die Krankenhausreform?

Die Reform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach soll die Kräfte in den Kliniken bündeln und den finanziellen Druck auf Träger abmildern. Experten haben Zweifel, ob das funktioniert.

Von
  • Reinhard Busse
  • Gerald Gaß
  • Francesco De Meo

Stand:

Weniger finanzieller Druck für die Kliniken auf der einen und bessere Behandlungen für die Patientinnen und Patienten auf der anderen Seite. So könnte man die Ziele der Krankenhausreform zusammenfassen, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht hat. Seit dem 1. Januar dieses Jahres läuft Umbau der deutschen Kliniklandschaft. Die Veränderungen sollen schrittweise bis zum Jahr 2029 erfolgen.

Lauterbachs Plan sieht vor, dass sich Kliniken künftig auf bestimmte Eingriffe spezialisieren müssen. Anders als bisher soll also nicht mehr jede Klinik jeden Eingriff vornehmen können. Das soll die Qualität der Behandlungen steigern, insbesondere bei komplizierten Operationen.

Die Behandlungen sollen sich außerdem auf weniger Krankenhäuser verteilen. Einige der rund 1700 Kliniken werden im Zuge der Reform also schließen müssen. Die verbleibenden sollen jedoch besser ausgestattet und finanziell abgesichert sein. Dafür soll das vor 20 Jahren eingeführte Vergütungssystem grundlegend verändert und in Teilen ersetzt werden.

1700
Krankenhäuser gibt es zurzeit in Deutschland.

Bei Bürgern und Lokalpolitikern stoßen die Pläne mitunter auf Ablehnung. Einige befürchten, dass es gerade in weniger dicht besiedelten Regionen künftig zu Engpässen bei der Behandlung kommen könnte.

Auch ohne die Reform würden Kliniken Standorte schließen müssen, argumentiert Lauterbach. Aufgrund von Personalengpässen, mangelnder Bettenauslastung und finanzieller Probleme drohe vielen Standorten die Insolvenz.

Experten kritisieren bereits seit Jahren die im internationalen Vergleich sehr große Zahl von Kliniken und die damit verbundenen finanziellen Belastungen für das Gesundheitssystem. „Wenn es am Ende 20 Prozent Krankenhäuser weniger gibt, diese aber bessere Versorgung bieten, dann ist das aus meiner Sicht richtig“, sagte Lauterbach kürzlich.

Wie erfolgreich wird die Krankenhausreform sein? Und wird sie die finanziellen und Qualitäts-Probleme der Kliniken lösen? Wir haben drei Expertinnen und Experten gefragt. Alle Folgen unserer Serie „3 auf 1“ finden Sie hier.


Wir haben das teuerste Gesundheitssystem bei mittelmäßiger Qualität

Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz ist seit 12.12.24 in Kraft – eine gute Nachricht für Bürger*innen und Patient*innen im Land mit dem teuersten Gesundheitssystem bei mittelmäßiger Qualität. Das Gesetz sieht vor, dass Krankenhäuser ab 2027 nur noch die Fälle behandeln dürfen, für die sie personell und technisch Expertise und Erfahrung haben. Dafür wird es für jede der 65 sogenannten Leistungsgruppen Kriterien und Mindestzahlen geben, und es muss geprüft werden, ob die Krankenhäuser diese auch erfüllen.

Auch soll mehr ambulant statt stationär behandelt werden – das ist für die viele Patient*innen angenehmer und erlaubt dem Pflegepersonal, sich besser um diejenigen zu kümmert, die es wirklich brauchen. Auch die Bezahlung ändert sich ab 2027: Rund 60 Prozent erhalten die Krankenhäuser für die Vorhaltung, nur noch 40 Prozent über die Fallpauschalen, die bisher die Fallzahlen nach oben getrieben haben.

Jetzt muss nur noch verhindert werden, dass neue politische Mehrheiten den klaren Plan zur Versorgungsverbesserung verwässern.


Von Bürokratieabbau kann gar keine Rede sein

Es wird darauf ankommen, was die neue Bundesregierung gemeinsam mit den Bundesländern in den kommenden Monaten aus dem Krankenhausreformgesetz macht. Wenn das Gesetz in unveränderter Form umgesetzt würde, müssen wir davon ausgehen, dass die damit verbundenen politischen Ziele nicht erreicht werden.

Alleine mit der vollen Tariffinanzierung wird die wirtschaftliche Notlage der Kliniken nicht beseitigt und die Krankenhausstrukturen bleiben fragil, vor allem in den ländlichen Regionen. Die Vorhaltefinanzierung ist nicht mehr als ein Mythos. Von Bürokratieabbau kann überhaupt keine Rede sein.

Die im Gesetz festgelegten Vorgaben zu den Leistungsgruppen als die zentrale Grundlage für die neue Krankenhausplanung sind weder wissenschaftlich erarbeitet noch durch eine Auswirkungsanalyse validiert. Darauf basierend kann keine Krankenhausplanung funktionieren, die die flächendeckende Krankenhausversorgung in den kommenden Jahren garantiert. Und auch für die anstehenden 50 Milliarden Euro Investitionsentscheidungen im Rahmen des Transformationsfonds wäre eine solche Krankenhausplanung völlig ungeeignet. Es liegt also noch viel Arbeit vor uns, aus dem Gesetz eine gute Reform zu machen.


Es ist genug Geld im System verfügbar

Unser Gesundheitssystem ist wie ein Labyrinth. Menschen gehen verloren, verirren sich, verharren frustriert in Wartezonen, bis sie aufgerufen werden. Die Krankenhausreform soll das richten. Das Bittere: Sie verschärft akut die schon bekannten Probleme. Den Menschen ist nicht klar, wohin das führt. Was passiert, wenn ein Drittel der Krankenhausstandorte ersatzlos weg ist? Was passiert, wenn noch weniger Ärzte weiter weg selten erreichbar sind?

Lösungen beginnen mit der Erkenntnis, dass wir genug Geld im System verfügbar haben. Und Geld verschwenden, wo es keinen Bedarf gibt. Es braucht die kalte Dusche! Echte Gesundheitspolitik: bedarfsgerecht, qualitätsorientiert, bezahlbar.

Dafür müssen wir, erstens, eine stabile Finanzierung schaffen für eine Gesundheitsagenda, die vulnerable Gruppen (Ältere und Kinder) besser bedient, unser Notfallwesen effektiver koordiniert und die fünf Volkskrankheiten erfolgreicher bekämpft als bislang. Zweitens sollten wir Sektoren- und Budgetgrenzen für qualifizierte Regionalbudgets öffnen und drittens Versorgungsnetzwerke regional bedarfsgerecht etablieren, unter Nutzung von digitalen Innovationen passgenau zur Population und den Ressourcen.

Außerdem müssen wir, viertens, Freiräume für verantwortliche Akteure auf der regionalen Ebene schaffen, fünftens die Versorgungsqualität erhöhen durch qualitätsorientierte Budgetierungen und sechstens Selbstverwaltung und Bürokratie-Exzesse konsequent entschlacken. So finden Menschen heraus aus dem Labyrinth zu guter Gesundheitsversorgung.

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