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Mit dem Vagusnerv gegen Rheuma: Eine neue Technik revolutioniert die Behandlung
Der Nerv stimuliert oder drosselt die Organaktivität je nach Situation. Bei rheumatischen Erkrankungen soll er das Immunsystem bremsen, aber nicht ausschalten.

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Die rheumatoide Arthritis (das „klassische“ Rheuma) kommt schleichend und oft unbemerkt. Kleine Gelenke sind geschwollen, warm, vor allem morgens steif. Frauen sind sehr viel häufiger betroffen als Männer, Raucher sehr viel häufiger als Nichtraucher. Rheuma ist keine Krankheit des Alters – der Erkrankungsgipfel liegt um das 40. Lebensjahr, aber auch Kinder können Rheuma haben.
Ein fehlgeleitetes Immunsystem greift dabei die Synovia an – eine Schleimhautschicht in den Gelenken. Unbehandelt zerstört das Immunsystem die Gelenke, sie schmerzen und werden immobil.
Die klassische Therapie von Rheuma macht den Körper anfälliger für Infektionen
Behandelt wird Rheuma durch Medikamente, die das Immunsystem herunterfahren. Der Preis des Erfolgs: Der Körper wird anfälliger für Infektionen. Und moderne so genannte Biologika müssen gespritzt werden, weil sie die Magen-Darm-Passage nicht überstehen.
Nun aber kommt eine revolutionäre neue Behandlung in den USA auf den Markt: die Stimulation des Vagusnervs, eines der zwölf Hirnnerven. Die Theorie dahinter: Der Vagusnerv ist die Verbindung zahlreicher Organe (auch des Immunsystems) zum Gehirn – und zurück. Über ihn wird die Organaktivität je nach Situation stimuliert oder gedrosselt.
Bei rheumatischen Erkrankungen soll der Vagus das Immunsystem bremsen, aber nicht ausschalten. Dazu wird ein kleiner Neurostimulator links am Hals implantiert, der den Vagus täglich nur eine Minute stimuliert und damit auf einen körpereigenen Regelkreis zielt.
Diese kurze Stimulation hat aber erstaunliche Folgen: Die meisten der Probanden einer Studie mit 242 Teilnehmern verspürten nach zwölf Wochen eine deutliche Besserung der Symptome. Viele konnten auf die vorher eingenommenen beziehungsweise gespritzten Immunsuppressiva verzichten. Nebenwirkungen waren gering.
Es wird sich zeigen, ob die Therapie auch über Jahre und Jahrzehnte wirkt. Eine sehr große Hoffnung – auch für andere chronische Autoimmunkrankheiten, bei denen das körpereigene Immunsystem eigenes Gewebe zerstört!
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