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Plötzlich geht die Puste aus: Das können Sie tun gegen schwere Asthmaanfälle
Häufige Hustenanfälle können die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Warum die Lunge überempfindlich reagiert und wie Betroffene Hilfe finden.
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Ohne seine Lunge wäre ein Mensch nicht lebensfähig. Acht Liter frische Luft atmen Erwachsene pro Minute ein. Mit jedem der rund 15 Atemzüge in dieser Zeit strömt sauerstoffreiche Luft über Mund, Luftröhre und Bronchien in das Lungengewebe. Dort gelangt der Sauerstoff über die Lungenbläschen ins Blut und wird gegen Kohlendioxid ausgetauscht. Das Blut transportiert den Sauerstoff zu Muskel- und Nervenzellen, wo er gemeinsam mit Kohlenhydraten in Energie umgewandelt wird.
Aber mit der Luft gelangen auch unerwünschte oder gar gefährliche Bestandteile in die Lunge, zum Beispiel Feinstaub oder Rußpartikel. Diese werden auf dem Weg in die Lunge von der Schleimhaut, die die Atemwege auskleidet, eingefangen. Über das Abhusten werden die Schadstoffe aus der Lunge heraustransportiert – ein ganz normaler Abwehrreflex.
Zu einer Erkrankung wird dieser Abwehrreflex, wenn er sich auch gegen harmlose Bestandteile der Luft wendet, in Anfällen immer wiederkehrt oder chronisch wird. Dann spricht man von Asthma. Das Wort stammt aus dem Griechischen und steht für „Beklemmung“.
Die Lunge ist ständig in Alarmbereitschaft
Asthma ist eine chronische Erkrankung der Bronchien, die das Atmen erheblich erschwert. Bei den Erkrankten sind die schützenden Schleimhäute in den Atemwegen überempfindlich – auch gegenüber ungefährlichen Stoffen in der Umgebungsluft, etwa Hausstaub oder Gräserpollen. Die Lunge befindet sich in ständiger Alarmbereitschaft, die Bronchialmuskulatur verkrampft, die Bronchien ziehen sich zusammen und es wird vermehrt Schleim abgesondert. Das alles führt schließlich zu Husten und Atemnot.
Ärzte stufen die Atemwegserkrankung in vier Grade ein – von leichtem (Grad eins) bis zu schwerem (Grad vier) Asthma. Bei Grad eins tritt das Asthma etwa einmal in der Woche tagsüber auf oder auch mal über zwei Monate überhaupt nicht. Bei Grad vier meldet sich das Asthma täglich, und zwar mit erheblichen Beschwerden. Ein einziger Asthmaanfall kann wenige Minuten bis hin zu mehreren Stunden andauern.

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Im schlimmsten Fall handelt es sich um einen sogenannten status asthmaticus – ein Notfall, in dem eine intensivmedizinische Behandlung dringend geboten ist. Bei einem status asthmaticus ist die Sauerstoffzufuhr so stark reduziert, dass sich Lippen und Extremitäten blau färben. Wird der Anfall nicht rechtzeitig behandelt, kann er in seltenen Fällen zum Tod führen.
In Deutschland leidet etwa jedes zehnte Kind unter der Krankheit. Damit ist Asthma die häufigste chronische Erkrankung bei Kindern. Allein in Berlin sitzt in fast jeder Schulklasse ein betroffenes Kind. Dagegen kämpfen nur fünf Prozent aller Erwachsenen mit Asthmaanfällen.
Wenn sich hartnäckig ein trockener Husten hält, wenn die Atemzüge von einem mehr oder weniger leichten Pfeifen begleitet werden und – als deutlichstes Merkmal – wenn man von Atemnotanfällen traktiert wird, dann sind das recht auffällige Hinweise auf eine Asthma-Erkrankung. Hinzu kommen ein Engegefühl in der Brust und in extremen Fällen auch Angstzustände als Folge der Atemprobleme. Häufig treten diese Beschwerden in der Nacht auf.
Ist das Asthma allergisch oder nicht-allergisch?
Asthma wird von Medizinern in allergisches und nicht-allergisches Asthma unterteilt. Das allergische Asthma ist die häufigste Form. Dabei lösen eigentlich harmlose Stoffe – etwa Pollenstaub oder Katzenhaare – heftige Reaktionen des Immunsystems aus, die sich in der Lunge besonders unangenehm auswirken können.

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Ein nichtallergischer Asthmaanfall kann hingegen durch Infektionserkrankungen wie eine schwere Bronchitis oder eine Lungenentzündung entstehen. Darüber hinaus kommen auch psychische Belastungen als Auslöser infrage.
Diagnostik: Diese Tests geben Gewissheit
Um herauszufinden, ob tatsächlich Asthma hinter den Beschwerden steckt, befragen Ärzte ihre Patienten zunächst zur Krankengeschichte. Zudem unterziehen sie sie einigen Lungenfunktionstests. Da Asthma vor allem das Ausatmen behindert, geht es auch bei den Tests vorrangig um den Atem, der nach außen strömt. Dabei wird gemessen, wie viel Luft der Betroffene mit aller Kraft ausatmen kann und wie viel Luft in der Lunge zurückbleibt. Die Messungen erfolgen in der Regel mit der Peak-Flow-Methode und der Spirometrie.
Bei der Peak-Flow-Messung holt der Patient zunächst so tief wie möglich Luft, um diese dann im Anschluss so kräftig wie möglich wieder auszustoßen. Dabei wird die Stärke des Luftstroms gemessen. Eine Spirometrie misst nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch die Menge der geatmeten Luft. Zudem können Ärzte Blutgasanalysen, also die Messung des Sauerstoffgehaltes im Blut, und Allergie-Tests durchführen.
Therapie: Das bewirken Sprays, Pulver und Injektionen
Bisher ist es nicht möglich, Asthma vollständig zu heilen. Ziel der Behandlung ist daher, die Krankheit unter Kontrolle zu bekommen, sodass Betroffene ein normales Leben führen können. Zu 90 Prozent werden Asthmatiker von niedergelassenen Ärzten ambulant behandelt. Die Lungenspezialisten schulen die Patienten darin, den anfallauslösenden Substanzen möglichst effektiv aus dem Wege zu gehen und verordnen den Betroffenen Medikamente in Form von Sprays oder Pulvern zum Inhalieren sowie Tabletten.
Für Inhalate ist eine geringere Wirkstoffmenge nötig, da diese direkt in die Lunge gelangen und nicht wie bei Tabletten erst durch den gesamten Verdauungstrakt wandern, bevor sie übers Blut an ihren Bestimmungsort transportiert werden.
Wirkstoffe zur Erweiterung der Bronchien im Bedarfsfall: Zum einen sollen die Medikamente bei einem akuten Anfall die Atemnot beseitigen, indem sie die verkrampften, verengten Bronchien wieder weiten. Ihre Wirkung muss im Akutfall möglichst schnell eintreten. Dafür nutzen die Mediziner die Wirkstoffe Beta-2-Sympathomimetika oder Parasympatholytika. Diese wirken schnell binnen weniger Minuten, aber auch nur relativ kurz, meist nur wenige Stunden.
Dauertherapie mit kortisonhaltigen Wirkstoffen: Ist der Einsatz dieser Inhalationssprays öfter als zwei Mal in der Woche nötig, empfehlen die medizinischen Behandlungsleitlinien kortisonhaltige Sprays zum Inhalieren, die täglich eingenommen werden. Diese wirken präventiv und verhindern eine Verkrampfung der Bronchien von vornherein. Hierzu müssen die Patienten wenige millionstel Gramm des Entzündungshemmers Kortison inhalieren.
Und schließlich gibt es Wirkstoffe, die sich direkt gegen die Ursache wenden: sogenannte Biologika. Sie sind für schwer erkrankte Asthmapatienten gedacht, die auf die genannten Medikamente nicht oder nicht ausreichend reagieren. Diese Substanzen bekämpfen nicht nur die Symptome des Asthmas, sondern sind in der Lage, die Erkrankung von Grund auf zu beeinflussen. Die Wirkstoffe sind Präparate mit synthetischen Antikörpern, die sich gegen zwei Botenstoffe der Immunabwehr richten. Das soll Entzündungen in den Bronchien verhindern.
Die Wirkstoffe stehen auch als Fertigspritzen zur Verfügung, die sich die Patienten – nach einer Schulung – in regelmäßigem Abstand selbst unter die Haut am Bauch oder Oberschenkel spritzen.
Ein stationärer Aufenthalt im Krankenhaus wird in Notfällen, also bei schwerem Asthma (Grad vier) bei Kindern unter sechs Jahren oder bei einem lebensgefährliche status asthmaticus unbedingt notwendig. In der Klinik werden Betroffene mit sehr starken Medikamenten versorgt, um die Verkrampfung der Atemwege wieder zu lösen.
Vorbeugung: Kann das Stillen bei Kindern Asthma verhindern?
Lungenärzte sagen, dass etwa zehn Prozent der Kinder in Deutschland an Asthma leiden. Bei 30 Prozent der Betroffenen zeigen sich erste Krankheitssymptome bereits im ersten Lebensjahr, bei 80 bis 90 Prozent bricht die Krankheit vor dem fünften Lebensjahr aus. Damit ist Asthma die häufigste chronische Erkrankung im Kindesalter.
Inwieweit das Stillen in den ersten Lebensmonaten Asthma bronchiale bei Kindern verhindern kann, ist unter Experten umstritten. Studien zeigen aber, dass Kinder, die nicht gestillt wurden, ein höheres Risiko haben, an Asthma zu erkranken, als Kinder, die an der Mutterbrust gefüttert werden. Passiert das ausschließlich mit Muttermilch ohne Beikost, lasse sich das Asthma-Risiko bei Kindern um 40 Prozent senken.
Ärzte empfehlen zudem, regelmäßige Schutzimpfungen gegen Grippe und Lungenentzündung in Anspruch zu nehmen. Denn verlaufen solche Erkrankungen milder oder bleiben sie gleich ganz aus, sinkt auch das Risiko für Asthma.
Eine Ausnahme im Krankheitsverlauf von Asthma gibt Lungenexperten bisher noch Rätsel auf: Während allergisches Asthma Betroffene ein Leben lang begleitet, kann nichtallergisches Asthma bei Kindern zwischen dem sechsten und zehnten Lebensjahr spontan verschwinden. Eine Erklärung für dieses abrupte Ende der chronischen Erkrankung gibt es bisher nicht.
Wie man in der Reha wieder zu Atem kommt
Eine Rehabilitation in einer spezialisierten Klinik ist für Patienten mit Asthma sinnvoll, da sie dort nicht mit den allergieauslösenden Stoffen konfrontiert sind, die in ihrer normalen Umgebung für Anfälle sorgen, etwa Pollen, Hausstaubmilbenkot oder Tierhaare. Für Betroffene mit allergischem Asthma steht vor Beginn der Reha die Frage, ob es günstigstenfalls in die Berge oder an einen See geht, um eine möglichst allergenfreie Rehabilitation zu gewährleisten. Die Rehadauer umfasst in der Regel 21 Tage und kann bei Bedarf auf bis zu fünf Wochen verlängert werden.
Die geringere Allergenbelastung während der Reha ist entscheidend dafür, dass die Patienten allmählich wieder zu Atem kommen und ihr Selbstvertrauen zurückgewinnen. Denn Patienten, die einen schweren Asthmaanfall hinter sich haben, wissen oft nicht, wo sie sich überhaupt sicher aufhalten können, ohne gleich einen weiteren Anfall zu kriegen. Die verunsicherten Patienten können in einer allergenfreien Klinik auch ihre sozialen Kompetenzen verbessern, indem sie sich mit anderen Betroffenen austauschen, die ähnlichen Problemen ausgesetzt sind, und Zuversicht im Umgang mit ihrer Erkrankung erlangen.
Von einer Akuttherapie unterscheidet sich die Reha auch dadurch, dass Patienten hier im Umgang mit ihrer chronischen Erkrankung geschult werden und lernen sollen, sie zu kontrollieren. Die kortisonhaltigen Medikamente, die Patienten zur Linderung ihrer Asthmaanfälle einnehmen oder inhalieren müssen, werden während der Reha nach und nach herunterdosiert, bis sie optimal eingestellt sind.
Außerdem lernen die Patienten, wie sie die Peak-Flow-Messung auch zur Therapie der Erkrankung anwenden können. Denn die Methode hilft dabei, einen drohenden Asthmaanfall zu erkennen und den Krankheitsverlauf und die Wirksamkeit der Therapie zu kontrollieren.
Die in der Rehabilitation angebotene Asthmaschulung soll den Betroffenen außerdem Sicherheit im Umgang mit ihrer Krankheit geben. Hierfür bieten Ärzte und Physiotherapeuten in der Reha beispielsweise Atemkurse für Asthmatiker an. In diesen Kursen lernen die Patienten, wie man bei einem Anfall am besten atmet. Denn die richtige Atemtechnik kann den Betroffenen helfen, im Ernstfall besser Luft zu bekommen.
Und schließlich gehört zur Reha – und zu der Zeit danach – auch ein regelmäßiges körperliches Training. Ausdauersport verbessert nicht nur den Gasaustausch, er steigert auch die Leistungsfähigkeit des Herzens und die Sauerstoffnutzung in den Muskeln. Außerdem sind Patienten nach dem Sport bis zu acht Stunden vor einem Asthmaanfall geschützt.
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