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Eine Wurst aus pflanzlichen Zutaten liegt im Regal eines Supermarktes.

© IMAGO/Anton Geisser

Streit um die Veggie-Wurst: Das EU-Parlament hat recht!

Die Diskussion um die korrekte Kennzeichnung pflanzlicher Fleischersatzprodukte mag bizarr erscheinen. Dabei ist sie alles andere als das, findet unser Kolumnist.

Magnus Heier
Eine Kolumne von Dr. Magnus Heier

Stand:

Eine gesunde Ernährung ist wichtig. Aber wer sich gesund ernähren will, muss wissen, was er isst. Und darf nicht getäuscht werden. Die Lebensmittelkennzeichnung in Europa soll genau das gewährleisten: Ein Saft ist ein Saft – und besteht aus gepressten Früchten. Wenn er dagegen aus wenig Saft, viel Wasser und Zucker besteht, dann darf er nicht Saft heißen, sondern etwa Nektar.

Das höherwertige Produkt wird durch den Namen kenntlich und geschützt. Beispiele gibt es viele: Butter besteht aus Milch. Margarine dagegen wird meist aus pflanzlichen Fetten hergestellt – und darf nicht Butter heißen. Besteht das Produkt aus weniger als 80 Prozent Fett, ist es nur noch Streichfett. Marzipan darf nur aus Mandeln hergestellt werden, nicht aus (billigeren) Aprikosenkernen. Schokolade ohne Kakao oder Kakaobutter ist keine Schokolade.

Für Patienten, etwa auch Allergiker, ist eine einfach verständliche Kennzeichnung wichtig.

Magnus Heier, Kolumnist

Nun aber wird es absurd: Ein Bockwürstchen muss aus mindestens 40 Prozent Muskelfleisch bestehen. Ist weniger Fleisch enthalten, ist es kein Bockwürstchen mehr. Bisher wurde aber stillschweigend akzeptiert, dass ein völlig fleischloses Produkt plötzlich wieder Würstchen heißen darf – etwa Veggie-Wurst oder ähnlich. Vor wenig Fleisch schützt die Kennzeichnung, bei keinem Fleisch plötzlich nicht mehr.

Bei der neuen EU-Regel spielt der Begriff der „Verbrauchererwartung“ eine Rolle: Verbraucher erwarten bestimmte Produkte: Schnitzel aus Fleisch, Käse aus Milch. Und diese Erwartung wird geschützt.

Diese Kennzeichnungssicherheit versucht das EU-Parlament nun wieder zurechtzurücken. Denn bei Begriffen wie Steak, Burger oder Schinken werden keine vegetarischen Ersatzprodukte erwartet, die statt aus Fleisch etwa aus Erbseneiweiß und Zusatzstoffen bestehen. Auch ein medizinisches Problem: Für Patienten, etwa auch Allergiker, ist eine einfach verständliche Kennzeichnung wichtig: Erbse als Hauptbestandteil darf man nicht in der Zutatenliste suchen müssen. Und der Begriff „Wurst“ ist für ein solches Produkt zumindest missverständlich.

Alle Folgen der Kolumne „Im weißen Kittel“ finden Sie auf der Übersichtsseite.

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