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Das Gelände der Tesla Fabrik im brandenburgischen Grünheide.

© dpa/Patrick Pleul

IG Metall sorgt sich um Tesla: Klagen über Arbeitsbedingungen nehmen zu

Leistungsdruck und Misstrauen belasten angeblich die Stimmung in Grünheide. Gewerkschaft fordert länderübergreifende Industriepolitik.

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Vielleicht ist Tesla zu schnell groß geworden. Vor zwei Jahren gab es nur ein paar hundert Mitarbeitende in Grünheide, inzwischen sind es 8500. Und das sind offenbar noch zu wenige für die Ambitionen von Elon Musk. „Bei den Beschäftigten entsteht der Eindruck, dass sie den Preis für das hohe Tempo zahlen müssen“, berichtet die IG-Metall-Bezirksleiterin Irene Schulz. Die Gewerkschaft hat vor dem Werk ein Büro eingerichtet, in dem sich „zunehmend“ Tesla-Beschäftigte beraten ließen. „Wir haben die Sorge, dass die Stimmung kippen könnte“, sagte die Metallerin am Donnerstag in Berlin.

Schulz leitet den IG-Metall-Bezirk Berlin, Brandenburg, Sachsen, der von der Autoindustrie dominiert wird. In Zwickau baut VW Elektroautos und in Chemnitz Motoren, in Leipzig unterhalten BMW und Porsche große Werke, und Tesla ist in der Metropolregion der mit Abstand größte Industriestandort. Die Arbeitsbedingungen bleiben in dem neuen Werk nach Angaben der IG Metall aber hinter der deutschen Konkurrenz zurück. In den Produktionshallen sei es im Sommer „deutlich zu heiß“ gewesen, berichtete Schulz, und im Winter zu kalt. In einzelnen Bereichen gebe zu wenig Personal, sodass die Beschäftigten mehr Schichten arbeiten müssten als eigentlich vorgesehen. „Tesla unternimmt nichts, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern“, sagte Schulz.

Offene Debatte nicht möglich

Zur Verunsicherung der Belegschaft hat nach Angeben der Gewerkschafterin die Ausschreibung eines Security Officers mit Erfahrungen in der Strafverfolgung oder bei einem Nachrichtendienst geführt. Alle Tesla-Beschäftigten müssten eine Geheimhaltungsverpflichtung unterschreiben, sodass manche Angst hätten, dagegen zu verstoßen. Der neue Ermittler solle womöglich diese Fälle aufdecken. Aufgrund der speziellen Führungskultur im Unternehmen seien offene Debatten im Betrieb nicht möglich, sagte Schulze. „Dürfen wir überhaupt mit Euch über den Arbeitsvertrag sprechen?“, sei eine häufige Frage von Tesla-Mitarbeitenden an die gewerkschaftlichen Berater.

Die Gewerkschafterin sieht guten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transformation in ihrem Bezirk aufgrund der stark vertretenen Autoindustrie und der Entwicklung Dresdens zum „größten europäischen Halbleiterstandort“. Schulz erhofft sich eine „Renaissance der Industriepolitik“, und nannte als zukünftiges Beispiel Wasserstoff aus Schwedt, der für die Produktion von grünem Stahl in Eisenhüttenstadt eingesetzt werden könnte. Die Autohersteller in der Region verarbeiten dann den klimaneutral erzeugten Stahl. „Die Landesregierungen müssen deutlich stärker zusammenarbeiten“, appellierte Schulz an die Politik. Sie wünsche sich ein „integriertes Mobilitäts- und Energiekonzept Berlin-Brandenburg-Sachsen“.

Der Arbeitskräftemangel wird zu einer Innovationsbremse erster Güte.

Irene Schulz, ostdeutsche Bezirksleiterin der IG Metall

Ferner bedürfe es einer länderübergreifenden Fachkräftestrategie inklusive Ausbildungsumlage. Deutschlandweit würden rund 20 Prozent der Betriebe ausbilden, in Sachsen seien es 16,5 Prozent, in Brandenburg 14 und in Berlin sogar nur elf Prozent. Das sei nicht akzeptabel, weshalb die nicht ausbildenden Betriebe mit einer Umlage die Ausbildungsbetriebe mitfinanzieren sollten. Der Arbeitskräftemangel werde zu „einer Innovationsbremse erster Güte“, sagte die ostdeutsche IG-Metall-Chefin.

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