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Shen Yiqin auf einem Archivbild von 2019

© dpa/HPIC/Wei Yao

Shen Yiqin allein unter Männern: Wer ist die mächtigste Frau Chinas?

Peking hat die größte Umbildung der Regierung seit zehn Jahren vollzogen. Nur eine einzige Frau bekam eine Spitzenposition. Wie hat sie es dorthin geschafft?

Stand:

Mit der größten Umbildung der chinesischen Regierung seit zehn Jahren hat Partei- und Staatschef Xi Jinping seine Macht weiter zementiert. Er umringt sich weiter mit alten Weggefährten und loyalen Kadern – Frauen gehören nicht dazu.

Auf der Jahrestagung bestätigte der Volkskongress am Sonntag in Peking die Berufung von Xis Männer-Club in Spitzenpositionen auf Staatsebene. Schon am Samstag war Li Qiang – Xis ehemaliger Stabschef, als er noch Parteisekretär in Zhejiang war – zum neuen Premierminister gemacht worden.

Keine Frau bekam eines der wichtigen Ämter. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten gab es keine Vizepremierministerin. Die einzige und damit mächtigste Frau in der Regierung ist Shen Yiqin. Die 63-Jährige wurde am Sonntag in Chinas Staatsrat befördert. Zur Einordnung: Die fünf Staatsräte stehen in der Hierarchie unter den Vize-Premiers, aber über den regulären Ministern.

5
Prozent der 205 Mitglieder des Zentralkomitees der Partei sind Frauen.

Noch auf dem Parteitag im Oktober hatte Shen eine Enttäuschung hinnehmen müssen. Zur Überraschung vieler Beobachter brachen die Kommunisten mit der Tradition und nahmen keine Frau in das 24-köpfige Politbüro auf.

Shens Aufstieg in Chinas Machtzentrum galt als sicher, doch am Ende musste sie eine Hierarchie darunter verharren: Im Zentralkomitee der Partei, wo Frauen nur fünf Prozent der 205 Mitglieder ausmachen.

Wer ist die Frau, der Xi vertraut?

Shen stammt aus Guizhou im Südwesten des Landes, wo sie eine außerordentliche Karriere innerhalb der KP hinlegte. Nach der Kulturrevolution studierte sie Geschichte, lehrte dann als Dozentin an der Parteischule der Provinz. Später leitete sie die lokale Propagandaabteilung.

Jegliche Proporz-Überlegungen, die von vorherigen chinesischen Regierungen noch berücksichtigt wurden, spielen keine Rolle mehr.

Marina Rudyak, China-Expertin der Uni Heidelberg

2017 übernahm sie als erste Frau und als erste Vertreterin der Bai-Minderheit das Gouverneursamt von Guizhou. 2020 wurde sie dort Parteichefin – eine Spitzenposition, die Kader auf Größeres vorbereiten soll und eigentlich nur Männern obliegt.

Dass Shen trotz ihrer Erfahrungen in den Bereichen Propaganda, Ideologie und Parteibildung jetzt „nur“ Staatsrätin und nicht Vize-Premier geworden ist, sagt viel über den Kern der Kommunistischen Partei.

„Jegliche Proporz-Überlegungen, die von vorherigen chinesischen Regierungen noch berücksichtigt wurden, spielen keine Rolle mehr“, sagte China-Expertin Marina Rudyak von der Universität Heidelberg dem Tagesspiegel. „Die Regierungsumbildung hat noch einmal das gezeigt, was schon lange befürchtet wird: Xi Jinping zentralisiert die Macht auf sich und seinen engsten Führungskreis.“

Allein unter Männern: Shen Yiqin ist die einzige Frau unter Chinas Staatsräten und Ministern.

© dpa/Xinhua News Agency/Gao Jie

Zudem habe Xi, anders als seine Vorgänger, noch immer keinen Hinweis auf einen potenziellen Nachfolger gegeben, was laut Rudyak darauf hindeutet, dass der 69-Jährige noch viele Jahre im Amt bleiben will.

Neuer Verteidigungsminister auf US-Sanktionsliste

Um dies zu gewährleisten, hatte Xi bereits auf dem Parteitag Kritiker und Mitglieder anderer Faktionen aus wichtigen Ämtern entfernt und durch ihm Gleichgesinnte ersetzt.

Dies setzt sich nun bei den Staatsämtern fort:

Erster Vize wurde sein langjähriger Vertrauter Ding Xuexiang (60). Neuer Verteidigungsminister ist General Li Shangfu (65), bisher Leiter der Waffenentwicklung in der Militärkommission und Chef des bemannten Raumfahrtprogramms. Die USA hatten 2018 unter Präsident Donald Trump Sanktionen gegen den General verhängt.

Überraschend war, dass Xi Jinping wichtige Mitglieder seines Finanz- und Handelsteams in ihren Ämtern beließ – offenbar um Stabilität zu wahren. So bleibt der 65-jährige Yi Gang, dessen Abberufung erwartet worden war, doch Zentralbankchef.

Auch behielten Finanzminister Liu Kun (66) sowie Handelsminister Wang Wentao (58) ihre Posten.

Der Volkskongress geht am Montag mit der Billigung des Haushalts und einer – vor dem Hintergrund der Spannungen mit den USA – starken Erhöhung der Verteidigungsausgaben um 7,2 Prozent zu Ende.

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