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Mit 16 Jahren bekam sie ein Kind, mit 47 Jahren will sie Präsidentin werden: Luisa González.

© REUTERS/KAREN TORO

Alleinerziehend, weiblich, links: Luisa González will Ecuadors neue Präsidentin werden

Die 47-jährige González könnte am Sonntag Geschichte schreiben und als erste gewählte Präsidentin Ecuador anführen. Über eine besondere Frau, deren Erfolg von Männern abhängt.

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Auf TikTok und Instagram gibt es mehrere Videos, die sich an Luisa González abarbeiten: Wer ist der Vater ihrer Kinder? Hatte sie eine Affäre mit Ex-Präsident Rafael Correa? Besonders im konservativen Lager Ecuadors eckt die 47-Jährige an. Denn sie ist alleinerziehende Mutter – und hat Ambitionen auf das höchste Amt des Landes.

Sie tritt in der Stichwahl gegen den amtierenden – und mit 37 Jahren noch jüngeren – Präsidenten Daniel Noboa an. In der ersten Abstimmungsrunde lagen die beiden fast gleichauf, auch der Wahlausgang am Sonntag könnte knapp werden.

Frau vom Land gegen Mann des Reichtums

González wuchs in der ländlichen Region Manabí auf, im Westen Ecuadors. Nur durch einen Zufall, wie sie immer wieder klarstellt, wurde sie während eines Urlaubs der Eltern in der Hauptstadt Quito geboren. Über ihre Familie ist nicht allzu viel bekannt.

Daniel Noboa ist Sprössling eines Milliardenimperiums.

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Anders als über die von Kontrahent Noboa, dessen Vater der reichste Mann Ecuadors und Inhaber eines Bananenimperiums ist. Auch deshalb definiert sich González gern als Frau vom Land, die sich ihren Erfolg selbst erkämpft hat.

In den sozialen Medien spielt sie damit, dass sie auf ihr Geschlecht und ihre Mutterschaft reduziert wird, veröffentlicht Videoschnipsel unter dem Titel: „Was denkst du über eine weibliche Präsidentin?“ Sie zeigt sich nahbar, auch mal weinend und spricht immer wieder über ihre zwei Söhne.

Mit nur 15 Jahren heiratete González, mit 16 Jahren bekam sie ihren ersten Sohn. Mit 22 ließ sie sich scheiden und zog ihren älteren Sohn alleine auf.

Luisa González schien nicht unbedingt zu Großem bestimmt. Aber sie studierte Jura und BWL in Ecuador und in Spanien und ging früh in die Politik, zunächst bei den Christdemokraten. Sie ist gläubige Evangelistin und sprach sich immer wieder gegen Abtreibung aus.

Mit etwa 30 Jahren aber begann González, für die Regierung des ehemaligen linksgerichteten Präsidenten Rafael Correa zu arbeiten. 2021 wurde sie kurz Abgeordnete, bis sich das Parlament zwei Jahre später auflöste und es vorgezogene Neuwahlen gab.

Bereits damals kandidierte Luisa González für die Präsidentschaft und verlor gegen Daniel Noboa. Aber der Mann, der sie damals bezwang, ist nun ihre große Chance: Noboa hatte versprochen, mit harter Hand gegen die zunehmende Gewalt in Ecuador vorzugehen.

Vielen ist egal, dass González eine Frau und alleinerziehend ist. Ihnen geht es vor allem um ihre Nähe zu Ex-Präsident Correa.

Glaeldys González, Analystin bei der International Crisis Group

Doch von einem der sichersten Länder wurde Ecuador in den vergangenen Jahren zu einem der unsichersten Südamerikas. Noboa militarisierte das Land, er inszeniert sich in sozialen Medien gerne als Macher – bislang ohne große Erfolge. Allein im Januar wurde im Schnitt fast jede Stunde ein Mensch ermordet. Besonders Politiker werde immer wieder Opfer der Gewalt.

„Auch wirtschaftlich steckt Ecuador in einer tiefen Krise, es gibt eine hohe Arbeitslosigkeit“, sagt Glaeldys González, Analystin bei der Nichtregierungsorganisation International Crisis Group.

Präsidentschaftskandidatin González wirbt damit, es besser zu machen. Sie muss aber auch dafür wieder auf einen Mann zurückgreifen: Rafael Correa, ihren politischen Ziehvater. Während seiner Präsidentschaft von 2007 bis 2017 war Ecuador sicherer, die Wirtschaft wuchs, auch dank steigender Rohstoffpreise, die Armut sank. Auf dieses Vermächtnis will González bauen.

Für ihren Sieg wirbt González auch um die Stimmen der indigenen Bevölkerung.

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Zugleich ist das ihr größter Nachteil: „Correa lebt in Belgien im Exil, um einer Verhaftung wegen Korruptionsvorwürfen zu entgehen“, sagt Expertin González. 2020 wurde der frühere Staatschef zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. „Viele glauben: Gewinnt González, kehrt seine Politik zurück.“ Und womöglich auch er selbst.

Deshalb sei es den meisten Ecuadorianern egal, ob González nun eine Frau oder Mutter ist. „Ihnen geht es vor allem um ihre Nähe zu Correa.“

Für einen Wahlsieg am Sonntag braucht sie allerdings einen dritten Mann: Leonidas Iza, indigener Anführer. Er unterlag als Präsidentschaftskandidat in der ersten Runde und hat sich bereits für González ausgesprochen.

Die Stimmen indigener Menschen, die etwa sieben Prozent der Bevölkerung ausmachen, könnten bei der Abstimmung entscheidend werden. In der ersten Runde lag González nur 0,2 Prozent hinter Noboa. So hängt der Erfolg dieser ecuadorianischen Frau am Ende gleich von mehreren Männern ab.

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