zum Hauptinhalt
F15-Kampfjets der israelischen Luftwaffe bereiten sich auf den Start zu einem Einsatz im Jemen vor.

© dpa/Idf Spokesperson

Angriffe auf Irans nukleare Infrastruktur: Aber wie steht es eigentlich um Israels geheimes Atomwaffenprogramm?

Experten vermuten, dass Israel sein Atomarsenal ausbaut. Das wird weder bestätigt noch dementiert. Israel hat den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet und bleibt hinsichtlich seines Nuklearstatus vage.

Stand:

Während Israel seinen militärischen Druck auf den Iran mit Angriffen auf dessen Atomanlagen erhöht, wirft ein Bericht der „New York Times“ Licht auf das eigene, bislang nicht offiziell bestätigte Atomwaffenprogramm des Landes. Die US-Zeitung beruft sich auf Experteneinschätzungen, wonach Israel sein geheimes Nukleararsenal nicht nur unterhält, sondern vermutlich weiter ausbaut.

Israel vermeidet es konsequent, sein Atomwaffenarsenal offiziell zu bestätigen oder zu dementieren, wie der Nuklearexperte Alexander K. Bollfrass vom International Institute for Strategic Studies in London in dem „New York Times“-Bericht erklärt. Stattdessen verweise die israelische Regierung auf die Formel, man werde nicht als erstes Land Atomwaffen in den Nahen Osten „einführen“. Diese bewusst mehrdeutige Aussage diene, so Bollfrass, letztlich der Verschleierung eines längst etablierten Nuklearwaffenprogramms.

Die Wurzeln des Programms reichen zurück in die frühen Jahre nach dem Holocaust und der Staatsgründung 1948. Bereits 1952 wurde die israelische Atomenergiekommission gegründet. Ihr erster Vorsitzender Ernst David Bergmann habe gesagt, die Atombombe würde sicherstellen, dass „wir nie wieder wie Lämmer zur Schlachtbank geführt werden“, so die „Jewish Virtual Library“ im, eine der umfassendsten jüdischen Enzyklopädien der Welt.

Israelisches Atomprogramm in Dimona noch nie inspiziert

Wenige Jahre später habe der geheime Aufbau einer Anlage in der Negev-Wüste begonnen. US-Geheimdienste vermuteten bereits 1960, dass dort Plutonium für Waffen produziert würde. Spätestens ab 1967 habe Israel über die Fähigkeit zum Bau nuklearer Sprengkörper verfügt, so die Arms Control Association laut New York Times, eine unabhängige US-Organisation für Rüstungskontrolle. 1973 war Washington laut der Federation of American Scientists (Bund amerikanischer Wissenschaftler) überzeugt, dass Israel über Atomwaffen verfüge.

Demnach würde das israelische Atomprogramm seit Jahrzehnten rund um die Anlage im südlichen Dimona betrieben. Laut Satellitenbildern und aktuellen Studien befinde sich das Gelände aktuell im Umbau. Das „Stockholm International Peace Research Institute“ (SIPRI) berichtet laut „New York Times“ von möglichen Arbeiten an einem neuen Reaktor, der der Plutoniumproduktion dienen könnte – für militärische, aber auch für andere Zwecke, wie etwa die Raumfahrt.

Experten sagten laut der „New York Times“ außerdem, dass Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde offenbar noch nie vor Ort waren und dass es keine Vereinbarung mit Israel gibt, die es der UN-Aufsichtsbehörde erlauben würde, die Anlage zu überwachen. Israel ist eines von nur fünf Ländern weltweit, das den Atomwaffensperrvertrag der Vereinten Nationen nicht unterzeichnet hat – neben Indien, Pakistan, Nordkorea und dem Südsudan. Offiziell bestreitet Israel weder den Besitz noch die Entwicklung von Atomwaffen.

Schätzungen zufolge verfüge Israel über mindestens 90 nukleare Sprengköpfe: Ein Arsenal, das laut der „International Campaign to Abolish Nuclear Weapons“ (Die internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen) nach Nordkoreas Arsenal das kleinste ist. Die Waffen könnten demnach per Flugzeug, von U-Booten oder von Bodenraketen aus eingesetzt werden.

In der Geschichte des Landes wurden Atomwaffen nach Einschätzung der Jewish Virtual Library bislang nie eingesetzt, allerdings während der arabisch-israelischen Kriege von 1967 und 1973 einsatzbereit gemacht. Über mögliche Nukleartests in der Vergangenheit gibt es widersprüchliche Hinweise.

Am bekanntesten bleibt der sogenannte „Vela-Zwischenfall“ von 1979, als ein amerikanischer Satellit, der zur Detektion von Nuklearexplosionen bestimmt war, einen doppelten Lichtblitz in der Region registrierte, wo sich Südatlantik und Indischer Ozean treffen.

Einige Wissenschaftler glauben, dass der doppelte Blitz höchstwahrscheinlich auf einen Nukleartest zurückzuführen sei, durch Israel oder Südafrika, oder möglicherweise durch beide. Israel bestritt eine Beteiligung an dem Vorfall.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })