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Anklage gegen James Comey : Deshalb ist Trump so sauer auf den Ex-FBI-Chef – Chronologie einer erbitterten Fehde
Wegen einer angeblichen Falschaussage klagt die US-Justiz den früheren FBI-Direktor an. Trump selbst hatte zuvor darauf gedrängt. Die beiden verbindet eine lange Vorgeschichte.
Stand:
Der US-Präsident hatte Druck gemacht – die Justiz zögerte nicht lange. Eine Geschworenenjury hat den früheren FBI-Direktor James Comey angeklagt. Der Vorwurf: Er habe eine Falschaussage gemacht und damit eine Untersuchung des Kongresses behindert. Trump bejubelte die Anklage umgehend, Comey wiederum wehrte sich in einem Video auf Instagram – es breche ihm das Herz, aber er habe großes Vertrauen in das Bundesgerichtssystem. „Ich bin unschuldig“, sagte er.
Aber was war da noch mal zwischen Trump und Comey?
Comey war noch unter Ex-Präsident Barack Obama 2013 zum FBI-Direktor ernannt worden. Die Vorgeschichte zwischen ihm und Trump begann im Juli 2016. Damals war gerade bekannt worden, dass Hillary Clinton, die später als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten gegen Trump antrat, während ihrer Zeit als Außenministerin einen privaten E-Mail-Server genutzt hatte.
Comey entschied seinerzeit, keine Anklage gegen Clinton zu empfehlen, sagte aber, sie sei im Umgang mit geheimen Informationen „äußerst nachlässig“ gewesen. Kaum später erklärte er öffentlich, nicht mehr als Republikaner registriert zu sein, weil das FBI „entschieden unpolitisch“ sei.
Kurz vor der Präsidentschaftswahl im November 2016, als neue E-Mails im Zusammenhang mit Clintons Zeit als Außenministerin aufgetaucht waren, informierte Comey dann den Kongress, dass das FBI erneut gegen Clinton ermittelt. Nur wenige Tage vor der Wahl erklärte er öffentlich die Untersuchungen bereits wieder für beendet. Das FBI sehe keine Grundlage, um eine Anklage Clintons zu empfehlen, sagte er.
Comey ermittelt gegen Trump-Team wegen Russland-Verbindungen
In Trumps erster Amtszeit ermittelte Comey dann allerdings zu russischer Einflussnahme auf die US-Wahlen 2016 und möglichen Verbindungen zwischen Moskau und Mitgliedern aus Trumps Wahlkampfteam. Noch während der laufenden Ermittlungen im Jahr 2017 feuerte Trump Comey.
Danach wurde Robert Mueller, selbst bis 2013 FBI-Chef, als Sonderermittler eingesetzt. Er fand keine Belege dafür, dass es vor der Wahl Geheimabsprachen zwischen dem Trump-Wahlkampfteam und Vertretern Russlands gegeben hatte. Eine Behinderung der Ermittlungen der Justiz durch Trump schloss Mueller indes nicht aus. Dennoch wertete Trump Muellers Bericht als Entlastung – die Ermittlungen bezeichnete er immer wieder als politisch motivierte „Hexenjagd“.
Comey sagte im Juni 2017 vor dem Geheimdienstausschuss des Senats aus, dass er glaube, Trump habe ihn verblümt angewiesen, die Ermittlungen gegen dessen damaligen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn einzustellen. Flynn galt als einer der Hauptverdächtigen in Trumps Team. Comey sagte aber auch, Trump habe ihn nie explizit aufgefordert, die Untersuchung gegen Flynn zu stoppen.
Außerdem habe das FBI bereits vor der Präsidentschaftswahl die Russland-Verbindungen von Trumps Team und eine mögliche Einflussnahme Russlands auf die Wahl untersucht, sagte Comey damals. Er habe dies aber nicht öffentlich bekanntgeben wollen, um sich nicht dem Vorwurf einer parteiischen Einmischung auszusetzen.
Zugleich machte Comey deutlich, dass es keine Hinweise gebe, die Trumps Darstellung stützten, Obama habe Trump abhören lassen. Der Republikaner hatte auch keinerlei Belege für seine Behauptung vorgelegt.
Comey greift Trump in Memoiren an
2018 veröffentlichte Comey seine Memoiren und griff Trump darin massiv an. Er warf dem Republikaner vor, für das Amt des Präsidenten „moralisch ungeeignet“ zu sein. Damals schon nannte Trump Comey einen Lügner, der ins Gefängnis gehöre.
Im Juli und August 2017 berichteten CNN und andere Medien, dass die Generalinspektion des Justizministeriums möglicherweise gegen Comey ermitteln will. Es ging um seinen Umgang mit Memos, die nach späterer Feststellung des FBI vertrauliche Informationen enthielten. Die Staatsanwälte des Justizministeriums lehnten jedoch eine Strafverfolgung Comeys ab. Unter anderem weil sie nicht glaubten, dass es Beweise dafür gab, dass Comey wusste und beabsichtigte, gegen Gesetze zum Umgang mit vertraulichen Informationen zu verstoßen.
Die Memos aus dem Jahr 2017 hatte Comey nach seinen Gesprächen mit Trump angefertigt. Später zeigte er sie einem Freund und Anwalt, der die Informationen wiederum an einen Reporter der „New York Times“ weitergab.
Im August 2019 veröffentlichte der Generalinspekteur des Justizministeriums, Michael Horowitz, einen Bericht, in dem er feststellt, dass Comey mit den Memos und deren Weitergabe gegen die Richtlinien des FBI verstoßen hat. Im Dezember darauf kommt Horowitz zu dem Schluss, dass das FBI zurecht wegen der russischen Einmischung in die Wahlen ermittelt habe, es dabei aber zu erheblichen Fehlern gekommen sei.
US-Agenten befragen Comey nach Trump-kritischem Post
Im Mai dieses Jahres befragten Agenten des US-Geheimdienstes Comey zu einem Foto, das dieser am 15. Mai dieses Jahres in den sozialen Medien gepostet hatte. Darauf waren Muscheln an einem Strand zu sehen, die die Zahl „86 47“ bildeten. In den sozialen Medien ist das ein beliebter Code für die Absetzung Trumps aus dem Präsidentenamt.
Nun also muss sich Comey juristisch verantworten. Aus den bislang veröffentlichten Gerichtsdokumenten zur Anklage geht allerdings nicht im Detail hervor, was genau Comey vorgeworfen wird. Darin heißt es bloß, er habe im Herbst 2020 vor dem Justizausschuss des US-Senats wissentlich eine Falschaussage gemacht. Außerdem habe er einen Senator in diesem Ausschuss belogen, indem er behauptete, niemandem beim FBI genehmigt zu haben, als anonyme Quelle in Medienberichten über eine Ermittlung der Behörde aufzutauchen.
Laut dem Sender NBC News drehte sich die fragliche Ermittlung auch um Trump. Die Anklage wirft Comey vor, sehr wohl jemanden beim FBI angewiesen zu haben, als Quelle für den fraglichen Medienbericht zu dienen.
US-Präsidenten legen traditionell großen Wert darauf, keinen Zweifel an der Unabhängigkeit der Justiz aufkommen zu lassen. Trump hat aber bereits mit vielen Gepflogenheiten gebrochen. Kritiker werfen ihm vor, die Justiz und Strafverfolgungsbehörden mit seiner Macht als Präsident zu beeinflussen und für politische Zwecke zu instrumentalisieren.
Trump hatte seine Handlungsaufforderung an die Justizministerin vor wenigen Tagen mit dem in Großbuchstaben formulierten Aufruf „GERECHTIGKEIT MUSS WALTEN, JETZT!!!“ versehen. Nach Bekanntgabe der Anklage verkündete er nun ebenfalls wieder über sein Sprachrohr Truth Social: „GERECHTIGKEIT IN AMERIKA!“ Außerdem bezeichnete er Comey als korrupt und „einen der schlimmsten Menschen, denen dieses Land jemals ausgesetzt“ gewesen sei.
Die in die Causa Comey eingebundene Staatsanwaltschaft war schon vor Tagen in die Schlagzeilen geraten, weil Staatsanwalt Erik Siebert gehen musste. Laut Medienberichten hatte er sich geweigert, den Fall gegen Comey weiterzuverfolgen. Trump setzte eine Mitarbeiterin des Weißen Hauses als Nachfolgerin ein, die zu seinen persönlichen Anwälten zählte, Medienberichten zufolge aber keine Fachexpertise für den Job hat. Unmittelbar nach Übernahme des Postens trieb sie nun die Anklage gegen Comey voran. (mit dpa)
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