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Beduinische Kämpfer rücken im Dorf Al-Masraa am Rande der Stadt Suwaida während Zusammenstößen zwischen beduinischen Stammeskämpfern und drusischen Streitkräften aus.

© dpa/AP/Ghaith Alsayed

Update

Brüchige Waffenruhe in Syrien: Offenbar neue Kämpe in Suwaida – Aktivisten melden fast 600 Tote

In der syrischen Provinz Suwaida kommt es offenbar weiterhin zu bewaffneten Konflikten. Die syrische Präsidentschaft macht den Drusen schwere Vorwürfe. Die Beduinen sehen sich nicht an die Feuerpause gebunden.

Stand:

In der syrischen Provinz Suwaida kommt es nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte und Augenzeugen erneut zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Mitglieder von Beduinenstämmen und drusische Milizen stießen demnach in der Nähe der Ortschaft Walra im nordwestlichen Umland der Provinzhauptstadt, die ebenfalls Suwaida heißt, zusammen. In der Provinzhauptstadt selbst blieb es nach Angaben von Bewohnern ruhig.

Zuvor sollen beduinische Verbände Häuser von Drusen in Walra und der benachbarten Ortschaft Al-Masraa in Brand gesteckt haben. Weitere Stammesverbände positionierten sich den Beobachtern zufolge im weiteren Umland nordwestlich von Suwaida. Zudem sollen sich Hunderte Kämpfer arabischer Stämme aus der Region der Stadt Homs und aus Dair al-Saur auf den Weg Richtung Suwaida gemacht haben. Auch das UN-Menschenrechtsbüro in Genf berichtete von neuen Zusammenstößen in der Provinz.

Die syrische Präsidentschaft hatte am Freitagmorgen (Ortszeit) drusische Kämpfer beschuldigt, eine zuvor in Suweida in Kraft getretene Waffenruhe verletzt zu haben. „Gesetzlose Kräfte“ hätten durch „grausame Gewalttaten“ gegen das Waffenruheabkommen verstoßen, hieß es in einer Erklärung der Präsidentschaft mit Bezug auf Milizen der in der Region mehrheitlich vertretenen religiösen Minderheit der Drusen.

Die „Verbrechen“ der Kämpfer stünden in völligem Widerspruch zu den Vermittlungsbemühungen, gefährdeten den inneren Frieden direkt und führten zu „Chaos und einem Zusammenbruch der Sicherheit“, erklärte die Präsidentschaft. Weiter warnte sie vor „einer anhaltenden offensichtlichen Einmischung Israels in die inneren Angelegenheiten Syriens“.

Beduinen kündigen Offensive gegen Drusen an

Kurz zuvor hatte ein Kommandeur der Beduinen in der Region gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters eine Offensive gegen drusische Kämpfer angekündigt. Der Kommandeur sagte am Donnerstagabend, die Beduinen fühlten sich an die Feuerpause nicht gebunden, denn diese gelte nur für die syrische Armee. Ziel der Offensive sei die Befreiung von Beduinen, die von drusischen Kämpfern in den vergangenen Tagen gefangen genommen worden seien.

Die unter internationaler Vermittlung zustande gekommene Waffenruhe hatte am Donnerstag nach tagelangen blutigen Kämpfen zu einem Abzug der Regierungstruppen aus der Stadt Suwaida in der gleichnamigen Region geführt. Zuvor hatten sich dort verschiedene Volksgruppen und die Armee mehrere Tage lang bekämpft. Am Donnerstag erklärte die syrische Regierung den Abzug der Armee dann für abgeschlossen.

In den Konflikt griff auch das Nachbarland Israel ein, das als Schutzmacht der Drusen auftritt. Die israelische Armee griff am Mittwoch ein „militärisches Ziel“ in der Zone des Präsidentenpalastes in Damaskus sowie das Hauptquartier der syrischen Armee in der Region Damaskus an. Israel verlangt den Abzug der syrischen Regierungstruppen aus der Drusen-Region nahe der Grenze zu Israel.

Am Donnerstagabend berichtete die syrische Nachrichtenagentur Sana von einem erneuten israelischen Luftangriff in der Nähe von Suwaida. „Flugzeuge der israelischen Besatzungsmacht“ hätten die Umgebung von Suwaida angegriffen, hieß es demnach.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte gab indes bekannt, dass die Zahl der Todesopfer auf beinahe 600 angestiegen sei. Unter ihnen seien 300 Drusen, 154 davon Zivilisten. Die Organisation wirft dem syrischen Verteidigungs- und Innenministerium die „Hinrichtung“ von 83 drusischen Zivilisten vor. Den Angaben zufolge wurden zudem 257 Regierungsangehörige und 18 sunnitische Beduinenkämpfer seit dem Wochenende bei den Kämpfen getötet.

Seit dem 13. Juli seien zudem 79.339 Menschen vertrieben worden, davon alleine 20.019 am Donnerstag, teilte die Internationale Organisation für Migration am Freitag mit. Die Wasser- und Stromversorgung in der betroffenen Region Suweida sei zudem zusammengebrochen und ein Mangel an Treibstoff behindere Evakuierungen. (dpa, AFP, Reuters)

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