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„Die Rakete schlug ein und wir dachten, wir sterben“: So beschreiben Israelis die Stunden im Bunker
Als eine iranische Rakete in ein Apartmenthaus in Tel Aviv einschlug, saß Judy Rowland mit ihrer Familie in einem Schutzraum im 29. Stock. Andere harrten in öffentlichen Bunkern aus.
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Luftalarm, Raketenbeschuss, Flucht in Schutzräume – das alles sind Israelis gewohnt. Doch die Angriffe des Irans seit fast einer Woche haben eine neue Qualität.
Die israelische Luftabwehr kann nicht mehr alle Raketen abfangen. Immer wieder gibt es Einschläge. Eine Frau, deren Haus getroffen wurde, während sie mit ihrer Familie in einem Schutzraum saß, hat die Situation im Podcast der israelischen Zeitung „Haaretz“ geschildert.
Als eine iranische Rakete bei einem der ersten Angriffe am vergangenen Freitag ein Apartmenthaus in Tel Aviv traf, hielt sich Judy Rowland in einem Schutzraum in ihrer Wohnung im 29. Stock auf, so erzählte sie es im Podcast. In Israel gibt es nicht nur Bunker unter der Erde, sondern auch mit Beton verstärkte Sicherheitsräume in Gebäuden, die sogenannten Mamad. Vor allem moderne Wohnungen sind damit ausgestattet.
„Die Rakete schlug ein und wir warteten darauf, zu sterben“, sagte Rowland zu „Haaretz“. Die Erschütterung sei so stark gewesen, dass sie gedacht habe, ihr Apartment sei direkt getroffen worden. Als sie den Schutzraum danach kurz verlassen habe, seien zerborstenes Glas und ihre Habseligkeiten überall auf dem Boden gelegen. Da der Gang voller Rauch war, seien sie und ihre Familie zurück in den Schutzraum gegangen.
Situation erinnerte an 9/11
„Wir saßen da, haben uns umarmt und dachten, wir werden sterben. Der Rauch kam rein, wir wussten nicht, was wir tun sollten“, sagte Rowland. Die Situation habe sie an den Terroranschlag auf das World Trade Center in New York erinnert, so Rowland im Podcast. Sie habe an die Menschen gedacht, die damals in den oberen Stockwerken festsaßen und aus dem Fenster sprangen. „Als wir Rauch rochen, dachte ich: Werden wir verbrennen? Oder werden wir aus den Fenstern springen?“
Judy Rowland und ihre Familie wurden später vom israelischen Militär aus dem Gebäude und in Sicherheit gebracht. Doch nicht alle Menschen in Israel haben das Glück, bei Raketenangriffen in privaten Sicherheitsräumen Schutz zu finden. Immer wieder gibt es Kritik an der israelischen Regierung, weil vor allem in ärmeren Gegenden, arabischen Städten und Beduinendörfern nicht ausreichend Bunker und Schutzräume zur Verfügung stehen.

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Einem Bericht der israelischen Zeitung „Times of Israel“ zufolge befanden sich die meisten der bisher 24 bei iranischen Angriffen getöteten Menschen nicht in Schutzräumen. Nach Angaben der Israel Builders Association seien landesweit mehr als die Hälfte der Häuser nicht mit einer angemessenen Notunterkunft ausgestattet. Die Bewohner müssen bei Raketenalarm stattdessen öffentliche Bunker oder Kellerräume nutzen.
Einer der größten öffentlichen Bunker des Landes befindet sich im Süden Tel Avivs unter dem zentralen Busbahnhof. Die israelische Zeitung „Haaretz“ berichtet in einer Reportage, wie Menschen dort während der iranischen Raketenangriffe Schutz finden. 16.000 Personen würde der Bunker maximal fassen. Nach fast drei Jahrzehnten sei er in dieser Woche wieder geöffnet worden.
Im Inneren sei es feucht und schummrig, es gebe keine Toiletten oder Sitzgelegenheiten. Auf den Fotos erinnern die Räume an eine Tiefgarage. Von den Wohnungen der Menschen, die dort Schutz finden, sei der Bunker oft sehr weit entfernt, berichtet „Haaretz“.

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Während der Angriffe des Irans würden viele aus der Gegend im Gebäude des Busbahnhofes warten, um bei Alarm nach unten zu gehen. Auf Fotos ist unter anderem zu sehen, dass ein Mann ein Zelt auf dem Betonboden des Bunkers aufgestellt hat.
Um den Bunker ranken sich „Haaretz“ zufolge auch viele Mythen. Einer davon sei, dass es sich um einen Atombunker handle. Das sei einem Sprecher der Stadtverwaltung zufolge aber nicht der Fall. „Vielleicht war es ursprünglich so konzipiert, aber jetzt ist es definitiv nicht mehr hermetisch abgeriegelt“, sagte er der Zeitung.
Der Iran feuert täglich mehrere Raketensalven in Richtung Israel ab, seit Israel in der Nacht zu Freitag mit den Großangriffen begonnen hatte. Israelis im ganzen Land müssen bei Raketenalarm und dem Ertönen der Sirenen schnellstmöglich einen nahe gelegenen Schutzraum aufsuchen. Israel greift ebenfalls täglich Ziele im Iran an. Anders als in Israel gibt es etwa in Teheran weder Warnsysteme vor Luftangriffen noch Schutzbunker für die Zivilbevölkerung. (juw)
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