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Kreml reagiert erfreut: Trump stellt sämtliche US-Militärhilfen für die Ukraine ein
Dem Eklat im Weißen Haus folgt die nächste Eskalation. Der US-Präsident setzt die Hilfen seines Landes für Kiew aus. Für die Ukraine dürfte das fatal sein. Trumps Vize Vance legt derweil im Streit nach.
Stand:
Die Regierung von Präsident Donald Trump stellt die US-Militärhilfe für die von Russland angegriffene Ukraine vorerst ein. Trump habe klargemacht, dass sein Fokus auf Frieden liege, hieß es aus dem Weißen Haus.
Trump habe „deutlich gemacht“, dass er „Frieden anstrebt“, es sei für die USA „nötig, dass sich auch unsere Partner diesem Ziel verpflichten“, fügte der Regierungsvertreter an.
US-Medien berichteten unter Berufung auf einen Regierungsbeamten, die Unterstützung solle erst wieder aufgenommen werden, wenn Trump sehe, dass die Ukraine sich zu Friedensverhandlungen mit Russland verpflichte.
Die Anordnung trete sofort in Kraft und betreffe Waffen und Munition im Wert von mehr als einer Milliarde US-Dollar, die sich bereits in der Lieferung befänden oder bestellt worden seien, hieß es weiter.
Wie der Nachrichtensender Fox News berichtete, sagte ein weiter Regierungsvertreter, es handle sich „nicht um einen dauerhaften Stopp der Hilfe“, sondern um eine „Unterbrechung“.
Der „Washington Post“ zufolge wurde die Entscheidung bei einem Treffen am Montag im Weißen Haus getroffen. Trump tauschte sich demnach unter anderem mit Außenminister Marco Rubio, Vizepräsident J.D. Vance und Verteidigungsminister Pete Hegseth aus.
Kreml reagiert mit Freude
Der wenige Tage nach dem Eklat beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus verkündete Schritt dürfte drastische Folgen für die Ukraine haben.
Russland hat mit Freude auf die Berichte reagiert. „Die Details bleiben abzuwarten, aber wenn es wahr ist, ist es eine Entscheidung, die tatsächlich das Kiewer Regime in Richtung eines Friedensprozesses bewegen kann“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge.
Unterdessen äußerte sich Trumps Vizepräsident JD Vance zuversichtlich, dass Selenskyj Friedensgesprächen mit Russland zustimmen werde.
Zwar habe Selenskyj bei seinem Besuch im Weißen Haus „eine offensichtliche Abneigung“ gezeigt, sich am von Trump anvisierten „Friedensprozess“ zu beteiligen, sagte Vance am Montag (Ortszeit) dem Nachrichtensender Fox News, fügte aber an: „Aber ich denke, er wird letztendlich soweit sein“.

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„Er muss das tun“, sagte Vance zudem. Auf die Frage, ob Trump weiterhin zu Gesprächen mit Selenskyj bereit sei, sagte Vance: „Präsident Trump hat klar und beständig gesagt, dass die Tür offen ist, sofern Selenskyj bereit ist, ernsthaft über Frieden zu sprechen.“
Zudem monierte Vance: „Man kann nicht ins Oval Office oder sonst wohin kommen und sich weigern, auch nur die Details eines Friedensabkommens zu besprechen.“
Mit Blick auf die europäischen Verbündeten der Ukraine sagte Vance, diese müssten „realistisch“ sein. „Dieser Krieg kann nicht auf unbestimmte Zeit andauern“, fügte er an.
Frankreich kritisiert die Aussetzung der US-Militärhilfe. Durch einen Stopp von Waffenlieferungen an die Ukraine würden der „Aggressor“ Russland gestärkt und die Aussicht auf einen Friedensschluss geschmälert, sagte der französische beigeordnete Europaminister Benjamin Haddad am Dienstag im Fernsehsender France 2. „Es gibt in diesem Krieg einen Aggressor, nämlich Russland, und die Ukraine hat sich in den vergangenen drei Jahren mutig verteidigt.“
Vance hatte mit seinen Äußerungen während des Besuchs Selenskyjs im Weißen Haus am vergangenen Freitag zur verbalen Eskalation beigetragen. Er hatte Selenskyj unter anderem vorgeworfen, zu wenig Dankbarkeit für die US-Unterstützung für sein Land auszudrücken.
Trump hatte Einstellung der Hilfen bereits angedroht
Trump hatte die Ukraine-Hilfen schon während des Wahlkampfes infrage gestellt und nach dem in aller Öffentlichkeit ausgetragenen Streit mit Selenskyj im Oval Office am Freitag offen damit gedroht, der Ukraine jegliche Unterstützung der USA zu entziehen.
Er behauptete, der ukrainische Präsident sei nicht an Frieden interessiert, solange die USA militärisch Hilfe leisteten, weil Selenskyj dies als strategischen Vorteil gegenüber Russland betrachte.
Unter Trumps Amtsvorgänger Joe Biden waren die Vereinigten Staaten der wichtigste Unterstützer und mit Abstand größte Waffenlieferant der Ukraine.
Seit dem Beginn der russischen Invasion vor gut drei Jahren stellte Bidens Regierung mehr als 65 Milliarden Dollar (gut 62 Milliarden Euro) allein an militärischer Hilfe für Kiew bereit.
Hinzu kamen andere Formen der Unterstützung, etwa wirtschaftlicher oder humanitärer Art - wie auch Hilfe bei der Ausbildung von ukrainischen Kampfjet-Piloten und die Bereitstellung von Geheimdienstinformationen. Offen ist, ob nun auch diese Hilfen vom Kurswechsel der Trump-Regierung betroffen sind.
Europäer können fehlende US-Hilfen wohl kaum ausgleichen
Seit dem Amtsantritt des Republikaners im Januar gab es keine neuen militärischen Hilfspakete der USA mehr für die Ukraine. Bislang profitierte das angegriffene Land aber noch von Waffenlieferungen, die noch in Bidens Amtszeit angestoßen wurden.
Schätzungen gingen bisher davon aus, dass das ukrainische Militär mit den von Biden eingeleiteten Waffenlieferungen noch etwa ein halbes Jahr in der gleichen Intensität weiterkämpfen könne.
Die Ukraine bekommt zwar auch viel Unterstützung von etlichen anderen westlichen Ländern. Ob diese den Wegfall der gewaltigen Hilfen der Amerikaner aber ausgleichen können, ist höchst fraglich.
Besonders bei den Raketen für die Flugabwehrsysteme des Typs Patriot sind die US-Lieferungen nicht zu ersetzen. In der Flugabwehr könnten so schnell Schwachstellen entstehen, die das russische Militär für seine Angriffe mit ballistischen Raketen und Marschflugkörpern ausnutzen kann.
Für das angeschlagene Energiesystem, wichtige Rüstungsfabriken oder andere strategisch bedeutsame Ziele der Russen gäbe es kaum Schutz.
Trump hatte Selenskyj zuletzt scharf kritisiert, ihn als „Diktator“ und Kriegstreiber beschimpft und seine politische Legitimität infrage gestellt - ebenso wie es zuvor der Kreml getan hatte.
Stattdessen suchte der US-Präsident das Gespräch mit und die Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin, der den Krieg gegen die Ukraine mit seinem Angriffsbefehl im Februar 2022 begonnen hatte. (dpa)
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