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Historischer Moment: Donald Trumps Besuch im Weißen Haus beim damals noch US-Präsidenten Barack Obama.

© REUTERS/Kevin Lamarque

Empfang im Weißen Haus: Als Trump in höchsten Tönen von den Obamas sprach

Donald Trumps erster Besuch im Weißen Haus nach der Wahl zum US-Präsidenten 2016 war ein historischer Moment. Heute trifft er dort auf Joe Biden. Wird es erneut höflich und zivilisiert?

Richard Friebe
Ein Kommentar von Richard Friebe

Stand:

Kennen Sie Grover Cleveland? Grover Cleveland war US-Präsident. Er war Demokrat. Und er war vor Donald Trump der Einzige, der – nachdem er vier Jahre zuvor abgewählt worden war – erneut ins Weiße Haus einziehen konnte.

Das war 1893. Sein Nachfolger und Vorgänger Benjamin Harrison verweigerte sich seinerzeit vollständig einer ordentlichen Amtsübergabe. In den Worten der Historikerin Heather Cox Richardson fuhr er stattdessen in der damals noch etwas längeren Übergangsperiode zwischen November und März „das ganze Land in den Abgrund“.

Das mit der versagten „smooth transition“ hat sich ja vor vier Jahren bereits einmal wiederholt, als Trump sich nicht nur weigerte, Joe Biden und Kamala Harris im Weißen Haus zu empfangen, sondern sich mit dem Höhepunkt des Sturms auf das Kapitol auch weigerte, das Wahlergebnis überhaupt anzuerkennen.

Die Geschichte von Harrison und Cleveland macht Donald Trump aber auch zum ersten Präsidenten, dem – wenn man den Ankündigungen aus dem Hause Biden glauben kann – auch beim zweiten Mal jene höfliche, hilfreiche, sinnvolle, demokratische Amtsübergabe zuteilwerden wird.

Tatsächlich war der Beginn der ersten Amtsübergabe an Trump – und das schon zwei Tage nach seiner Wahl 2016 – ein historischer Moment. Denn die Obamas kamen damals nicht nur ihrer staatsbürgerlichen und präsidialen Verpflichtung nach, den Mann, den sie unbedingt hatten verhindern wollen, zu empfangen und das Nötige mit ihm zu besprechen. Sie waren zum „President elect“ und der kommenden First Lady auch offenbar so nett, so höfllich, so freundlich, so verbindlich, dass Trump danach lenorweich vor die Presse trat und in den höchsten Tönen vom scheidenden „First Couple“ sprach.

Obama ist ein „very good man“

Barack Obama, den er, neben anderen Unverschämt- und Unwahrheiten, etwa als IS-Unterstützer bezeichnet hatte, sei ein „very good man“, sagt Trump damals. Er freue sich auf „viele weitere Treffen“. Und er werde, jetzt kommt’s: sich in Zukunft möglicherweise auch „Rat“ bei ihm holen. Das klingt so unglaublich, dass man nochmal nachsehen muss in den historischen Aufnahmen, ob es auch wirklich so war. Aber es war so. Natürlich blieb es nicht so.

Aber es zeigte schon damals etwas Wichtiges: eine Möglichkeit, wie man mit Donald Trump umgehen kann, um seine, sofern vorhanden, netten und versöhnlichen Potenziale zu wecken. Verbindlichkeit, Freundlichkeit und Höflichkeit scheinen zumindest damals etwas in ihm bewegt zu haben.

1893 übernahm Grover Cleveland einen Staat, der nicht nur „not great“, sondern buchstäblich ruiniert war. Das zumindest gilt für Trump im kommenden Januar nicht, ganz egal, wie das Treffen heute verläuft und ausgeht.

Doch was heute im Weißen Haus passieren wird, wenn die ebenfalls von Trump vielfach übel beleidigten Jill und Joe Biden ihn und vielleicht auch seine Frau Melania – die aber angeblich gar nicht mitkommen will – empfangen, was danach gesagt wird, vor allem von Trump, darauf werden viele Beobachter sehr genau achten. Und es mit 2016 vergleichen. Und viele werden vielleicht einfach nur auf ein kleines ähnliches Zeichen der Freundlichkeit, Versöhnlichkeit und Zivilisiertheit hoffen.

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