
© IMAGO/SNA/EVGENY BIYATOV
„Europas Interesse ist gestiegen“: Was kann der innovative Sting-Drohnenjäger der Ukraine?
Der Hersteller von Sting-Abfangdrohnen beschreibt diese als „schnelle“ und vor allem „kostengünstige Lösung“. Damit dürfte der Jäger nun auch für EU- und Nato-Staaten interessant werden.
Stand:
Geschwindigkeiten von mehr als 315 Kilometer pro Stunde, kostengünstig, effektiv. Der neueste Drohnenabwehrjäger der Ukraine setzt Militärexperten zufolge Maßstäbe für die europäische Drohnenabwehr.
Das ukrainische Tech-Startup „Wild Hornets“ entwickelte seine Abfangdrohne innerhalb von nur wenigen Monaten und taufte sie auf den Namen Sting (zu Deutsch: Stachel oder Stich). Vor knapp fünf Monaten soll der von Rüstungsbloggern und Journalisten der „Financial Times“ als „Drohnenkiller“ bezeichnete Jäger dann erstmals erfolgreich eine Angriffsdrohne abgefangen haben.
Damit setzt die Ukraine ein Beispiel für die Verbündeten in Europa, die mit eigenen Schwachstellen in der Luftabwehr konfrontiert sind.
Bericht der „Financial Times“
„Wild Hornets“ berichtete vor etwa einer Woche via X, dass der Sting-Jäger dem Militär in nur zwei Einsatzmonaten dabei geholfen habe, mehr als 500 Ziele abzuschießen. „Und das ist erst der Anfang“, schreibt das Unternehmen und bewirbt seine neueste Innovation als „schnell, leicht und äußerst wendig.“
Die britische Tageszeitung „Financial Times“ berichtete am Dienstag, dass Kiew sich aktuell darum bemüht, Tausende solcher Sting-Jäger zu produzieren, um russische Angriffsdrohnen fortan kostengünstiger und effektiver abschießen zu können. „Damit setzt die Ukraine ein Beispiel für die Verbündeten in Europa, die mit eigenen Schwachstellen in der Luftabwehr konfrontiert sind“, schreibt das Blatt.
In Anbetracht der Drohnensichtungen in Nato-Gebieten, wie etwa in Polen, Dänemark, Norwegen und jüngst auch über Schleswig-Holstein, „ist Europas Interesse an dieser Technologie noch gestiegen“, heißt es weiter.
Die „Financial Times“ verweist in dem Zusammenhang auf das Dilemma, dass die Nato bei den russischen Luftraumverletzungen in Polen Kampfflugzeuge des Typs F-35 einsetzen musste, um mit verhältnismäßig teuren Luft-Luft-Lenkraketen insgesamt vier Drohnen vom Himmel zu holen. Als Teil eines geplanten „Drohnenwalls“ entlang der Nato-Ostflanke haben „die EU-Staaten nun ukrainische Drohnenabwehrsysteme im Blick“, berichtet die Zeitung.
Wenn die Russen es wagen, Drohnen gegen Polen einzusetzen oder den nordeuropäischen Luftraum zu verletzen, dann kann das überall passieren.
Wolodymyr Selenskyj beim EPG-Gipfel
Erst am Freitag erneuerte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beim Gipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Kopenhagen sein Hilfsangebot an die Nato-Verbündeten. Sein Land könne Dänemark beim Aufspüren und Abschießen unbekannter Flugkörper unterstützen.
Die Ukraine habe wegen des russischen Angriffskriegs „weltweit vielleicht die größte Erfahrung“ mit Drohnenangriffen, betonte er. Tatsächlich scheint der Sting-Jäger ein Beispiel für ukrainische Innovationskraft zu sein.
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Was kann die „Sting“-Abfangdrohne?
Der Sting-Jäger der Ukraine soll im Vergleich zu den gängigen europäischen Drohnenabwehrmethoden einige Vorteile bieten. Der Londoner Geheimdienstanalysegruppe „Grey Dynamics“ zufolge soll der Sting-Jäger gar „einen Meilenstein in der sich ständig weiterentwickelnden Militärforschung im Ukrainekrieg markieren.“ Im Nachfolgenden sollen drei wesentliche Vorteile der Abfangdrohne näher beleuchtet werden.
1. Geschwindigkeit
Mit seinen vier Rotoren erreicht der Quadcopter laut Herstellerangaben mindestens eine Spitzengeschwindigkeit von 315 Kilometern pro Stunde. Der bisherige Schnelligkeitsrekord von 315 km/h wurde erst am 26. August gebrochen, berichtete „Wild Hornets“ via X. Allerdings wollte das Militärtech-StartUp in dem Zusammenhang „die neuen Zahlen nicht verraten“.
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2. Kosten
Der Auslandskoordinator von „Wild Hornets“, Alex Roslin, beschreibt die „Sting“-Abfangdrohne als „eine sehr kostengünstige Lösung.“ Auch den britischen Geheimdienstanalysten von „Grey Dynamics“ zufolge verspricht die Sting-Drohne „ein kostengünstiger Abfangjäger zu werden“ – auch wenn seine Leistungsfähigkeit in umfangreichen Kampfeinsätzen noch getestet werden müsse und noch nicht geklärt sei, wie viele Einheiten man überhaupt produzieren könne.
Dem Hersteller zufolge beträgt der Wert für eine „Sting“-Drohne insgesamt 2100 US-Dollar. Weil die Kamikaze-Drohne bei Kontakt mit dem Zielobjekt explodiert, kann der Jäger allerdings nur ein Mal verwendet werden.
Zum Vergleich: Die Kosten für eine US-amerikanische AIM-9X-Abfangrakete, die von der Ukraine seit Mai 2024 von NASAMS-Luftabwehrsystemen abgeschossen wird, beriefen sich für die US-Administration im letzten Jahr nach Angaben des US-Verteidigungsbudgets auf rund 450.000 US-Dollar. Die „Financial Times“ beziffert den aktuellen Verkaufspreis sogar auf mehr als einer Million US-Dollar.
3. Leistungslücke
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs versucht die Ukraine stetig, die Luftabwehrmethoden kostengünstiger und effektiver zu gestalten. Nachdem die Armee in seiner Abwehrtechnik akustische Sensoren zur Ortung feindlicher Drohnen verbaute – und diese Maßnahme Wirkung zeigte – reagierten die russischen Truppen.
Fortan ließen Putins Einheiten ihre Angriffsdrohnen höher und damit außerhalb der Reichweite von Geschützen fliegen und schickte größere Drohnenschwärme in die umkämpften Gebiete.
Max Enders vom Münchener Drohnen-StartUp „Tytan“ erklärte der „Financial Times“ auf Nachfrage, dass die Ukraine sich infolgedessen mit einer Leistungslücke in der eigenen Drohnenabwehr konfrontiert sah. Demnach können teure Raketenabwehrsysteme zwar Drohnen in großer Höhe erreichen, allerdings ist ihr Einsatz kostspielig. Flugabwehrgeschütze am Boden erreichen hingegen die hochfliegenden Luftobjekte nicht mehr.
„Dazwischen gibt es aber eine ganze Reihe von Bedrohungen, gegen die sich Europa derzeit nur schwer verteidigen kann“, sagt Enders. Dazu zählen insbesondere die Shahed-Drohnen (russischer Name: Gerbera) sowie Gleitbomben.
Die Sting-Abfangdrohne erreicht nach Herstellerangaben vom November 2024 eine Höhe von mindestens 3000 Metern. Damit operiert sie vor allem im Aktionsradius von Shahed-Drohnen des Typs 136 (russischer Name: Geran-2), die von Moskaus Armee in großer Zahl abgefeuert werden.
Sting-Drohne mithilfe von Spenden weiterentwickelt
Der Sting-Hersteller „Wild Hornets“ wirbt im Rahmen des „Wild Hornets Charitable Funds“ als NGO via X und Instagram um Spendengelder, um die Entwicklung seines Zugpferds weiter voranzutreiben.
Am Donnerstag veröffentlichte das StartUp via X ein Foto von einer pinken Variante der Sting-Drohne. Das Exemplar sei „in einer speziellen Farbgebung“ für eine ukrainische Einheit hergestellt worden, die von einer Kommandantin und Operatorin geleitet werde und mithilfe der Sting-Drohnen bereits mehrere Shaheds abgeschossen habe. Weitere Informationen dazu will das Unternehmen demnächst veröffentlichen.
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