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Chinas Xi Jinping und Russlands Wladimir Putin treffen sich am Montag zum ersten Mal seit September.

© dpa/Alexander Zemlianichenko

Bringt er Putin zur Räson? : Was Xis Besuch in Moskau bedeutet

Die Machthaber Chinas und Russlands eint eine lange und ungewöhnliche Beziehung. Deren Alternativlosigkeit könnte nun, da Xi Jinping drei Tage zu Wladimir Putin reist, zur Feuerprobe werden.

Ein gemeinsamer Feind verbindet manchmal mehr als alles andere – vielleicht erklärt gerade das die ungewöhnliche Freundschaft von Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping und Russlands Präsident Wladimir Putin. Zum ersten Mal nach Ausbruch der Corona-Pandemie reist Xi am Montag nach Moskau. Dafür allerdings gleich für drei Tage.

Keinen anderen Kollegen hat der Chinese seit seiner Amtsübernahme 2013 öfter getroffen; die beiden haben sogar ihre Geburtstage zusammen gefeiert und sich bei wichtigen politischen Ereignissen unterstützt. Als am 4. Februar 2022 die Olympischen Winterspiele in Peking eröffnet wurden, saß Putin neben Xi auf der Tribüne. 20 Tage später fiel Russlands Armee auf Geheiß des Kremlchefs in der Ukraine ein.

Seitdem sind die Dinge komplizierter geworden. Der Krieg lief aus russischer Seite nicht wie geplant: Der Westen hielt zusammen, beschloss Sanktionen und liefert Waffen an Kiew. 

Peking hingegen hält weiter zu Moskau: vor allem energetisch, durch den Import von russischem Öl- und Flüssiggas. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge stiegen Chinas Heizölimporte aus Russland im Februar auf ein Rekordhoch von 5,62 Millionen Barrel. Zudem bezog China im vergangenen Jahr 2,6-mal mehr russisches Flüssiggas als 2021, und auch die chinesischen Exporte nach Russland sind massiv gestiegen.

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Der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen wird eines der Hauptziele der russischen Delegation bei den Gesprächen sein. Außerdem könnten chinesische Waffenlieferungen auf der Agenda stehen, denn Moskau fehlt es an militärischen Mitteln: „Für Russland ist es definitiv wichtig, dass China ganz konkret mit Munition und Waffen die russische Armee unterstützt“, sagt Russlandexpertin Alena Epifanova von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

Moskau fehlt der Zugang zu Spitzentechnologie

Eine besondere Rolle spielt hierbei Russlands fehlender Zugang zu westlicher Spitzentechnologie. Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg wurde unter anderem die Ausfuhr von Hightech-Produkten beschränkt, Moskau nutzt seitdem vermehrt chinesische Hard- und Softwarelösungen.

Diese würden technologisch zwar hinter den amerikanischen liegen, aber laut Epifanova „ausreichen, um den dringenden Bedarf in Industrie und Militär zu decken“.

Die USA und die Niederlande haben bereits Exportkontrollen für die Ausfuhr von Mikrochips erlassen, die vor allem China treffen. Washington hat zudem angedeutet, dass Peking im Fall chinesischer Waffenlieferungen an Russland ebenfalls Sanktionen drohen würden.

China geht es um die USA

Auch Xi dürfte Putins Hoffnung auf militärische Unterstützung nicht gefallen. Der 69-Jährige hat eine neue Rolle für sich entdeckt, will sich international als „Friedensstifter“ präsentieren und in Moskau sein 12-Punkte-Positionspapier für eine Lösung in der Ukraine vorantreiben. Sein Ziel ist es, die beiden Parteien an den Verhandlungstisch zu bekommen.

Peking geht es hierbei um zwei Punkte: Erstens will es zeigen, dass es besser als Washington in weltpolitischen Krisen vermitteln kann. Das von chinesischen Diplomaten ausgehandelte Abkommen zwischen Iran und Saudi-Arabien wird in diesem Zusammenhang als erste Feuerprobe gewertet. Der Erfolg hatte die Vereinigten Staaten kalt erwischt.

Zweitens will Xi einen Sturz Putins unter allen Umständen vermeiden. Sollte etwa der inzwischen mächtige Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin das Land übernehmen, wäre dieser als Partner noch weniger berechenbar als der amtierende Kremlchef.

4000
Kilometer und mehr misst die Grenze zwischen Russland und China.

Verlässlichkeit und Stabilität sind aber gerade das, was sich China von Russland wünscht – immerhin teilen sich die beiden Länder eine mehr als 4000 Kilometer lange Grenze.

„An und für sich haben China und Russland nicht viel gemeinsam“, sagt China-Expertin Marina Rudyak von der Universität Heidelberg.

„Man darf nicht vergessen, dass diese Beziehung nie eine innige war, sondern stets eine Zweckbeziehung. Die Gemeinsamkeiten liegen darin, dass beide die einzigen Autokratien im UN-Sicherheitsrat sind und in den USA ihren Hauptgegner sehen“, sagt Rudyak.

Russland muss sich darauf einlassen, Chinas Juniorpartner zu werden.

Russlandexpertin Alena Epifanova

Ähnlich pragmatisch sieht es Alena Epifanova: „Russland muss sich darauf einlassen, Chinas Juniorpartner zu werden.“ Moskaus Abhängigkeitsverhältnis von Peking sei zwar „nicht klug, aber nötig“, nachdem sich der Kreml mit dem Krieg in diese Lage herein manövriert habe.

Die große Frage bleibt jedoch, wie überzeugend Peking als neutraler Vermittler agieren kann. Während Xi in regem Austausch mit Putin steht, hat er noch kein einziges Mal mit dem ukrainischen Präsidenten telefoniert.

Das soll sich nun ändern: Nach seiner Reise nach Moskau will Xi offenbar mit Wolodymyr Selenskyj sprechen, womöglich könnte sogar ein Treffen in Kiew stattfinden.

Normalerweise würde sich der mächtigste Mann Chinas nie einem solchen Sicherheitsrisiko aussetzen und in ein Kriegsgebiet reisen. Doch wer auf globaler Ebene mit US-Präsident Joe Biden wetteifert, muss vielleicht auch das in Kauf nehmen.

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