zum Hauptinhalt
Der russische Präsident Wladimir Putin legt während seiner Amtseinführung im Kreml in Moskau den Amtseid ab.

© REUTERS/Vyacheslav Prokofyev

Litauen fordert Erklärungen: Putin will Seegrenzen in der Ostsee verschieben – Sorge in Nachbarländern

Seit mehr als zwei Jahren führt Russland Krieg in der Ukraine. Nun hat das Land mögliche Änderungen seiner Seegrenzen annonciert. Auch wenn vieles noch unklar ist: Die Nachbarn sind alarmiert.

Ein russisches Gesetzesprojekt zur möglichen Neubestimmung seiner Seegrenzen in der Ostsee hat Verwirrung und große Aufregung bei Nachbarländern hervorgerufen. „Dies ist ein weiterer Beweis dafür, dass Russlands aggressive und revisionistische Politik eine Bedrohung für die Sicherheit der Nachbarländer und ganz Europas darstellt“, hieß es am Mittwoch aus dem litauischen Außenministerium.

Vilnius hat derweil den russischen Vertreter einbestellt. Aus Finnland hieß es, Russland wolle Wirrung stiften und so Einfluss nehmen.

Hintergrund ist eine am Dienstagabend in der Gesetzesdatenbank der russischen Regierung veröffentlichte Initiative des Verteidigungsministeriums zur „Bestimmung geografischer Koordinaten“ zur Festlegung der Grenzlinien in verschiedenen Teilen der Ostsee. Begründet wurde das Vorhaben damit, dass die alten noch zu Sowjetzeiten festgelegten Koordinaten ungenau seien und es nicht erlaubten, eine durchgehende Grenzlinie zu ziehen.

Das Verteidigungsministerium verwies konkret auf ein Seegebiet südlich der russischen Inseln im Finnischen Meerbusen und auf Abschnitte bei den Städten Baltijsk und Selenogradsk im Gebiet Kaliningrad. Das Vorgehen erlaube es, „das entsprechende Seegebiet als russisches Binnenmeer zu nutzen“, heißt es im Dokument.

Wenn Russland die Kontrolle übernimmt und die Ostsee abriegelt, hätte das enorme Auswirkungen auf unser Leben – in Schweden und allen anderen Ostseeanrainerstaaten.

Micael Byden, Oberbefehlshaber der schwedischen Streitkräfte

Am Mittwoch meldeten dagegen mehrere russische Agenturen unter Berufung auf eine Quelle in militärisch-diplomatischen Kreisen, dass es bei dem Gesetzesprojekt doch nicht um eine Ausweitung russischen Gebietes gehe. Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte, das Vorhaben habe keinen politischen Hintergrund.

Bei den Nachbarstaaten schrillten dennoch die Alarmglocken. Russlands Vorgehen könne als „bewusste, gezielte und eskalierende Provokation“ angesehen werden, mit der die Nachbarländer und ihre Gesellschaften eingeschüchtert werden sollen, hieß es aus dem litauischen Außenministerium. Demnach soll der russische Gesandte zu einer ausführlichen Erklärung einbestellt werden. Vilnius verlangt „eine vollständige Erläuterung“. Der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis forderte eine „angemessen entschlossene“ Reaktion von Nato und EU. 

Etwas zurückhaltender fiel die Einschätzung in Finnland aus. Dort wollen die Behörden zunächst die Informationen aus russischen Medien prüfen. „Russland hat in dieser Angelegenheit keinen Kontakt mit Finnland aufgenommen. Finnland handelt wie immer: ruhig und auf der Grundlage von Fakten“, schrieb der Präsident Alexander Stubb auf X.

Die finnische Außenministerin Elina Valtonen sagte dazu am Mittwoch vor Journalisten, ihre Regierung verfolge die Lage. „Wir haben keinerlei offizielle Informationen darüber, was Russland plant“, fügte sie hinzu. Zugleich hob die finnische Chefdiplomatin hervor, dass die Russische Föderation ebenfalls der UN-Konvention zu Seegrenzen beigetreten sei. „Wir erwarten nur, dass Russland die Konvention achtet“, sagte Valtonen. 

Zuvor hatte die finnische Außenministerin im Onlinedienst X geschrieben: „Es sollte nicht vergessen werden, dass das Stiften von Verwirrung auch hybrider Einfluss ist. Finnland wird sich nicht verwirren lassen.“

Auch der Oberbefehlshaber der schwedischen Streitkräfte, Micael Byden (59), warnte vor Putins Machtambitionen in der Ostsee. „Putins Ziel ist es, die Kontrolle über die Ostsee zu erlangen“, sagte Byden dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Wenn Russland die Kontrolle übernimmt und die Ostsee abriegelt, hätte das enorme Auswirkungen auf unser Leben – in Schweden und allen anderen Ostseeanrainerstaaten. Das dürfen wir nicht zulassen“, sagte Byden.

Putins Ziel sei es, die Kontrolle über die Ostsee zu erlangen. „Für Putin ist die Ostsee genauso wichtig, wie es für uns wichtig ist, dass sie offen und sicher bleibt“, so Byden. (Tsp, dpa, Reuters, AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false