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Russlands Präsident Wladimir Putin mit dem russischen Delegationsleiter in Istanbul, Wladimir Medinski (r.)

© imago/ITAR-TASS

Geplatztes russisch-ukrainisches Spitzentreffen: So wird Putin nie klein beigeben

Putins Abwesenheit in Istanbul markiert einen Tiefpunkt in den Friedensbemühungen von Donald Trump. Dennoch muss man dem US-Präsidenten für diese Blamage fast schon dankbar sein.

Hannah Wagner
Ein Kommentar von Hannah Wagner

Stand:

Am Ende war es wieder nur ein Ablenkungsmanöver des Kremls. Ein Versuch, Verhandlungsbereitschaft zu simulieren, wo in Wirklichkeit keine ist.

Zu den mit Spannung erwarteten Friedensgesprächen in der Türkei – den ersten dieser Art seit 2022 – reiste der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag als einziger Staatschef an.

Wladimir Putin, der direkte Verhandlungen mit der ukrainischen Seite selbst vorgeschlagen hatte, ließ ihn sitzen. Schickte wie zum Hohn nur eine niederrangig besetzte russische Delegation, die am Freitag auf ukrainische Unterhändler traf. Das Resultat, ein Gefangenenaustausch, blieb weit hinter den Ursprungserwartungen zurück.

Stundenlang wartete Selenskyj demonstrativ in Ankara auf Putin – dann gab er am Donnerstagabend alleine eine Pressekonferenz.

© dpa/Evgeniy Maloletka

Die weitgehende Ergebnislosigkeit von Istanbul markiert einen blamablen Tiefpunkt der bisherigen Friedensbemühungen von US-Präsident Donald Trump. Er hatte Kyjiw zu diesen Gesprächen gedrängt und dafür die Europäer mit ihrem Waffenruhe-Ultimatum an Moskau im Stich gelassen.

Spätestens jetzt sollte auch dem letzten Zweifler klar geworden sein: Ohne massiven Druck wird Putin diesen Krieg nicht beenden.

Mehr Dialog mit dem Kreml geht kaum

Wie laut waren – insbesondere vor Trumps Amtsantritt – die Stimmen gewesen, die forderten, man müsse doch einfach mal mit Putin reden. Auch hierzulande. Die behaupteten, es brauche weniger Militärhilfe für die angegriffene Ukraine und stattdessen mehr Diplomatie. Als würde das eine das andere ausschließen.

„Krieg oder Frieden“, schrieb etwa das BSW noch im vergangenen Herbst auf seine Landtagswahlplakate und sprach sich vehement gegen Waffenlieferungen aus. Ja, Frieden statt Krieg, das wäre schön – aber der Kreml hat eben leider andere Pläne.

Man muss Trump also fast schon dankbar sein: In seinem Versuch, dem Kriegsende durch Anbiederung an Russland näherzukommen, stellt er bezeichnenderweise genau diejenigen zunehmend bloß, die darauf setzen. Denn viel mehr Dialog mit dem Aggressor, als der US-Präsident in den vergangenen Monaten praktizierte, geht nun wirklich nicht.

Man kann sagen, dass Trump tatsächlich vieles unternommen hat – nur eines eben nicht: Er hat nie den Druck auf Putin erhöht.

Hannah Wagner

Trump hat mit Putin telefoniert, mehrfach. Er hat seinen Sondergesandten Steve Witkoff nach Moskau geschickt, ebenfalls mehrfach. Er ist Putin immer wieder entgegengekommen, hat die Propagandanarrative des Kremls nachgeplappert, hat angeboten, die annektierte Krim offiziell als russisches Staatsgebiet anzuerkennen.

Unterhändler aus der zweiten Reihe: Russlands Delegation um Ex-Kulturminister Wladimir Medinski.

© IMAGO/SNA/IMAGO/Kirill Zykov

Der US-Präsident hat die Ukraine erpresst. Hat dem angegriffenen Land zwischenzeitlich die Militärhilfen gestrichen, Selenskyj als „Diktator“ beschimpft, ihn im Februar nach einem Streit hochkant aus dem Weißen Haus geschmissen.

Man kann sagen, dass Trump tatsächlich vieles unternommen hat – nur eines eben nicht: Er hat nie den Druck auf Putin erhöht.

Es scheitert immer nur an Moskau

Der US-Präsident hegte offensichtlich die Hoffnung, dass sich Putin, wenn man ihm den kleinen Finger reicht, im Gegenzug dankbar und kompromissbereit zeigt. Doch der Diktator im Kreml wollte – ja, man hätte es ahnen können – dann doch lieber die ganze Hand.

Bislang setzte Donald Trump vor allem auf Druck gegen Kyjiw. Das muss sich ändern, wenn es ernsthafte Friedensverhandlungen geben soll.

© REUTERS/NATHAN HOWARD

In anderen Worten: Putin beharrt weiter auf seinen maximalen Kriegszielen, die weit über die bislang besetzten ukrainischen Gebiete hinausgehen. Er will, das gibt er ganz unumwunden zu, die Ukraine als souveränen Staat vernichten.

Selenskyj könnte also – selbst, wenn er wollte – diesen Krieg nicht beenden. Er könnte auf einzelne Gebiete verzichten, er könnte die Nato-Perspektive seines Landes offiziell aufgeben, er könnte ein schmerzhaftes Zugeständnis nach dem anderen machen. Aber all das würde Moskau nicht reichen.

Wie auch immer man es dreht und wendet: Wenn es Frieden geben soll, dann muss der Kreml zur Kompromissbereitschaft gezwungen werden. Durch militärischen Druck. Durch Sanktionen. Durch Ultimaten, deren Drohungen am Ende auch wahr gemacht werden.

Gut möglich, dass die Trump-Regierung noch lange braucht, bis diese Erkenntnis bei ihr verfängt. Bis dahin wird dieser grausame Krieg weitergehen.

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