
© REUTERS/Annabelle Gordon
Nur einer war dagegen: US-Repräsentantenhaus stimmt für Freigabe der Epstein-Akten
Das US-Repräsentantenhaus hat für die Veröffentlichung der Epstein-Ermittlungsakten gestimmt. Doch nun müssen noch Senat und Präsident Trump entscheiden.
Stand:
Das US-Repräsentantenhaus hat mit großer parteiübergreifender Mehrheit nahezu einstimmig für die Veröffentlichung der Ermittlungsakten zum Fall des gestorbenen Sexualstraftäters Jeffrey Epstein gestimmt. Ob die Unterlagen tatsächlich offengelegt werden, ist jedoch unklar – es braucht noch die Zustimmung des Senats und die Unterschrift von US-Präsident Donald Trump. Dieser hatte seinen Republikanern nach monatelangem Widerstand ein Votum für die Freigabe empfohlen.
Wie die BBC berichtet, stimmten 427 Abgeordnete für die Veröffentlichung – und nur ein Republikaner dagegen. Der Abstimmung folgte ein kleiner Jubel in der Kongresskammer. Es waren lange Reden aus beiden Parteien vorausgegangen. Einige Abgeordnete lobten die seltene Einigkeit, andere nutzten die Debatte für scharfe Angriffe in Richtung der jeweiligen politischen Gegenseite. Dabei wurde es teils auch laut.
Welche Akten sollen geöffnet werden?
Es geht um Ermittlungsakten. Laut dem Gesetzentwurf im Repräsentantenhaus sollen spätestens 30 Tage nach Inkrafttreten des Gesetzes diese Dokumente aus dem Justizministerium, der Staatsanwaltschaft und der Bundespolizei FBI veröffentlicht werden: Akten, die sich auf die Ermittlungen, Strafverfolgung und Haftangelegenheiten zu Epstein und seiner einstigen Vertrauten Ghislaine Maxwell beziehen. Maxwell sitzt nach einer Verurteilung im Gefängnis.
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Außerdem sollen zum Beispiel Flugprotokolle des Privatjets Epsteins mit Passagierlisten veröffentlicht und damit Personen genannt werden, die mit ihm verkehrten. Auch sollen Dokumente zu Unternehmen, gemeinnützigen Organisationen oder staatlichen Stellen veröffentlicht werden, zu denen Verbindungen zu Epstein vermutet werden.
Wie geht Trump mit dem Skandal um?
Der US-Präsident steht im eigenen Land unter gewaltigem Druck – nicht nur von den Demokraten in der Opposition, die seit Monaten auf eine Offenlegung der Epstein-Akten drängen. Auch in den Reihen der Republikaner mehrten sich die Forderungen nach Transparenz, wohl auch mit Blick auf die Kongresswahlen 2026. Der Fall hat in den USA enorme politische Schlagkraft. Abgeordnete fürchten, von den Wählerinnen und Wählern abgestraft zu werden.
Die Geister rief Trump selbst: Im Wahlkampf 2024 versprach der Republikaner, die Epstein-Akten vollständig offenzulegen. Weil dieses Versprechen seit seinem Amtsantritt im Januar jedoch nicht eingelöst wurde, steht der Präsident unter wachsendem Druck.
Zuletzt veröffentlichten Demokraten E-Mail-Auszüge aus Epsteins Nachlass, in denen Trumps Name auftaucht. Dies löste neue Spekulationen darüber aus, wie viel er über Epsteins Straftaten gewusst haben könnte. Trump hatte kurz vor dem Votum bekräftigt, er habe „nichts mit Jeffrey Epstein zu tun“.
Warum befürwortete Trump die Abstimmung?
Am Sonntag sah es nach einer Kehrtwende aus: Trump empfahl den Abgeordneten seiner Partei auf der Plattform Truth Social, für die Veröffentlichung zu stimmen. Man habe nichts zu verbergen. Damit vermied er wohl eine besonders große Blamage, wenn sein Wort gegen das der Republikaner gestanden hätte. Es kann auch Kalkül im Spiel sein: Denn im Senat ist der Rückhalt der Republikaner für die Offenlegung deutlich geringer als im Repräsentantenhaus.
Bei einem Nein wäre die geplante Veröffentlichung zumindest für den Moment gestoppt – sollte der Senat etwas am Gesetzestext ändern, müsste dieser erneut zur Abstimmung ins Repräsentantenhaus zurück.
Was ist bei den Republikanern los?
Parteiintern sorgt das Thema für teils heftige Verwerfungen. Besonders bemerkenswert ist die Rolle der Abgeordneten Marjorie Taylor Greene, die lange als ausgesprochen loyale Unterstützerin Trumps und als eine der bekanntesten Stimmen seiner MAGA-Bewegung („Make America Great Again“) galt. Jüngst trat sie aber als vehemente Befürworterin der Veröffentlichung der Epstein-Akten auf – und wurde von Trump öffentlich gemaßregelt.
Bei einer Pressekonferenz kurz vor der Abstimmung im Repräsentantenhaus verteidigte die republikanische Abgeordnete ihre Haltung mit deutlichen Worten. Sie kritisierte dabei auch Trump direkt: Er habe sie eine „Verräterin“ genannt, obwohl sie jahrelang für ihn gekämpft habe. „Ich habe ihm nie etwas geschuldet“, erklärte sie. Ein „Verräter“ sei jemand, der fremden Ländern diene. Ein „Patriot“ hingegen diene den USA.
Greene betonte, es sei wichtig, im Namen der Frauen, die Epstein missbraucht habe, parteipolitische Gräben zu überwinden. Der „eigentliche Kampf“ stehe jedoch erst bevor: Entscheidend sei, ob die zuständigen Behörden tatsächlich alle Informationen freigeben würden.
Ächtung für Epstein-Umfeld gefordert
Auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Republikaner Thomas Massie aus Kentucky und dem linken Demokraten Ro Khanna aus Kalifornien forderten die US-Abgeordneten vor Medienvertretern und mutmaßlichen Epstein-Opfern Konsequenzen für am Missbrauch beteiligte Personen. „In Großbritannien findet gerade eine Aufarbeitung statt, die auch in den Vereinigten Staaten erfolgen muss“, sagte Massie. „Ein Prinz hat seinen Titel verloren, der britische Botschafter in den Vereinigten Staaten seinen Posten.“
Der Multimillionär Epstein hatte über Jahre einen Missbrauchsring betrieben, dem zahlreiche junge Frauen und Minderjährige zum Opfer fielen. Unter seinen Klienten sollen viele einflussreiche Menschen gewesen sein.
Der tiefe Fall des Ex-Prinzen Andrew
So warf das bekannteste Epstein-Opfer, Virginia Giuffre, dem britischen Ex-Prinzen Andrew vor, sie mehrfach sexuell missbraucht zu haben – unter anderem als sie noch minderjährig war. Der zweitälteste Sohn von Queen Elizabeth II. wies die Vorwürfe stets zurück.
Eine US-Zivilklage Giuffres endete jedoch in einem laut Berichten millionenschweren Vergleich. Wegen seiner Verwicklung in den Skandal verlor Andrew zunächst militärische Ehrentitel, die Anrede „Königliche Hoheit“ und seine Rolle als offizieller Vertreter des Königshauses. Zuletzt wurde ihm auch der Titel als Herzog von York sowie der Prinzentitel, den er seit Geburt getragen hatte, entzogen. Zudem muss er sein großzügiges Anwesen auf dem Gelände von Schloss Windsor verlassen.
Der britische Botschafter in den USA, Peter Mandelson, wurde wegen seiner Verbindungen zu Epstein von seinem Posten abberufen. (Tsp/dpa/AFP)
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