
© Getty Images via AFP/ROBERTO SCHMIDT
Nach Abstimmung im Repräsentantenhaus: US-Senat gibt grünes Licht für Freigabe der Epstein-Akten
Das Repräsentantenhaus und der Senat haben für die Veröffentlichung der Ermittlungsakten zum Fall Jeffrey Epstein gestimmt. Jetzt fehlt nur noch die Unterschrift von Präsident Trump.
Stand:
Schon bald könnte es mehr Klarheit im Fall Jeffrey Epstein geben: Nachdem das US-Repräsentantenhaus am Dienstag mit großer parteiübergreifender Mehrheit für die Veröffentlichung der Ermittlungsakten gestimmt hatte, schloss sich auch der Senat dieser Entscheidung an. Die Abgeordneten verabschiedeten einstimmig ein Gesetz, das das Justizministerium verpflichtet, alle Dokumente, die den verstorbenen Sexualstraftäter Epstein betreffen, freizugeben.
Der Multimillionär hatte über Jahre einen Missbrauchsring betrieben, dem zahlreiche junge Frauen und Minderjährige zum Opfer fielen. Unter seinen Klienten sollen viele einflussreiche Menschen gewesen sein.
Donald Trump muss noch unterschreiben
Nach dem Beschluss in beiden Kongresskammern fehlt nur noch die Unterschrift von Donald Trump, damit er in Kraft tritt. Das könnte noch am Dienstagabend (Ortszeit) geschehen. Der Präsident sei bereit, das Gesetz zu unterzeichnen, sobald es auf seinem Schreibtisch lande, hieß es dazu nach Berichten der „New York Times“ aus dem Weißen Haus.
Nachdem in den vergangenen Wochen auch immer mehr Republikaner die Veröffentlichung der Epstein-Akten gefordert hatten, hatte Trump am Sonntagabend, seine Partei aufgerufen, die Abstimmung zu unterstützen.
Schumer forderte Republikaner heraus
Um den Prozess – nach Monaten der Verzögerung durch die Regierung – zu beschleunigen, drängte Senator Chuck Schumer, Demokrat aus New York und Minderheitsführer, am Montag auf eine „Zustimmung ohne Gegenrede“ (unanimous consent). Das bedeutet, dass ein Gesetz ohne formelle Abstimmung sofort verabschiedet wird – sofern niemand im Senat widerspricht.
Mit diesem Schritt forderte Schumer die Republikaner heraus: Jede Gegenrede hätte sie öffentlich als diejenigen aufgezeigt, die ein Gesetz blockieren wollen, das gerade mit nahezu einstimmiger Mehrheit im Repräsentantenhaus verabschiedet wurde.
427 zu 1 im Repräsentantenhaus
Im Repräsentantenhaus votierten 427 Abgeordnete für die Veröffentlichung – und nur ein Republikaner dagegen. Der Abstimmung folgte ein kleiner Jubel in der Kongresskammer. Es waren lange Reden aus beiden Parteien vorausgegangen. Einige Abgeordnete lobten die seltene Einigkeit, andere nutzten die Debatte für scharfe Angriffe in Richtung der politischen Gegenseite.
Der einzige Abgeordnete, der mit „Nein“ stimmte, war der Republikaner Clay Higgins aus Louisiana, ein Vertreter des äußersten rechten Flügels seiner Partei. Als Grund nannte er Bedenken, dass das Gesetz die Privatsphäre der beteiligten Personen nicht ausreichend schützen würde.
Auch der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, hatte das Vorhaben lange als gefährlich und fehlerhaft kritisiert. Am Ende gab er aber – wie fast alle Republikaner – seine Stimme dafür ab. Wohl, weil er nicht als derjenige dastehen wollte, der in einem der bedeutendsten Missbrauchsfälle der jüngeren amerikanischen Geschichte die von der breiten Bevölkerung geforderte öffentliche Aufklärung verhindert.
Ein Monat Zeit
Spätestens 30 Tage nach Inkrafttreten des Gesetzes sollen die Akten aus dem Justizministerium, der Staatsanwaltschaft und der Bundespolizei FBI veröffentlicht werden. Es geht um Dokumente, die sich auf die Ermittlungen, Strafverfolgung und Haftangelegenheiten und Epsteins Vertraute Ghislaine Maxwell beziehen. Maxwell war 2021 zu 20 Jahren Haft verurteilt worden, da sie ihm jahrzehntelang minderjährige Missbrauchsopfer zugeführt hatte.
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Ebenfalls freigegeben werden die Flugprotokolle seines Privatjets, inklusive der Passagierlisten, sowie Unterlagen zu Unternehmen, gemeinnützigen Organisationen und staatlichen Stellen, bei denen Verbindungen zu Epstein vermutet werden.
Trotzdem bleibt offen, was am Ende tatsächlich öffentlich wird. Materialien, die laufende Ermittlungen betreffen, können zurückgehalten werden – ebenso Informationen, die die nationale Sicherheit gefährden. Außerdem sollen Stellen, die die Identität damals minderjähriger Opfer preisgeben würden, geschwärzt werden. Jede Ausnahme muss begründet und dem Kongress gemeldet werden.
Der Druck war zu groß
Der US-Präsident steht schon lange unter gewaltigem Druck – nicht nur durch die Demokraten in der Opposition, die seit Monaten auf eine Offenlegung der Akten drängen. Auch in den Reihen der Republikaner mehrten sich die Forderungen nach Transparenz, wohl auch mit Blick auf die Kongresswahlen 2026. Abgeordnete fürchteten, von den Wählerinnen und Wählern abgestraft zu werden. Gerade die Anhänger von Trumps Bewegung „Make America Great Again“ (MAGA) haben ein großes Interesse an Epstein, der 2019 tot in seiner Gefängniszelle in New York aufgefunden worden war.
Diese Geister rief Trump selbst: Im Wahlkampf 2024 hatte der Republikaner versprochen, alle Akten vollständig offenzulegen. Dann machte er jedoch einen Rückzieher und versuchte, eine Veröffentlichung mit allen Mitteln zu verhindern und die Bedeutung herunterzuspielen.
Vergangene Woche waren bereits einige E-Mail-Auszüge aus dem Nachlass Epsteins veröffentlicht worden. Darin kam auch Trumps Name vor, was Spekulationen auslöste, wie nah er dem New Yorker Finanzier wirklich stand und wie viel er über dessen Straftaten gewusst haben könnte. Trump hatte kurz davor erneut erklärt, er hätte mit Epstein „nichts zu tun“ gehabt.
Was ist bei den Republikanern los?
Parteiintern sorgte das Thema für teils heftige Verwerfungen. Besonders bemerkenswert ist die Rolle der Abgeordneten Marjorie Taylor Greene, die lange als ausgesprochen loyale Unterstützerin Trumps und als eine der bekanntesten Stimmen von MAGA galt. Jüngst trat sie aber als vehemente Befürworterin der Veröffentlichung der Epstein-Akten auf – und wurde von Trump öffentlich gemaßregelt.
Bei einer Pressekonferenz kurz vor der Abstimmung im Repräsentantenhaus verteidigte die republikanische Abgeordnete ihre Haltung – und kritisierte den Präsidenten direkt: Er habe sie eine „Verräterin“ genannt, obwohl sie jahrelang für ihn gekämpft habe. „Ich habe ihm nie etwas geschuldet“, erklärte sie. Ein „Verräter“ sei jemand, der fremden Ländern diene. Ein „Patriot“ hingegen diene den USA.
Greene betonte, es sei wichtig, im Namen der Frauen, die Epstein missbraucht habe, parteipolitische Gräben zu überwinden. Der „eigentliche Kampf“ stehe jedoch erst bevor: Entscheidend sei, ob die zuständigen Behörden tatsächlich alle Informationen freigeben würden.
Ächtung für Epstein-Umfeld gefordert
Auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Republikaner Thomas Massie aus Kentucky und dem linken Demokraten Ro Khanna aus Kalifornien forderten die US-Abgeordneten vor Medienvertretern und mutmaßlichen Epstein-Opfern Konsequenzen für am Missbrauch beteiligte Personen. „In Großbritannien findet gerade eine Aufarbeitung statt, die auch in den Vereinigten Staaten erfolgen muss“, sagte Massie. „Ein Prinz hat seinen Titel verloren, der britische Botschafter in den Vereinigten Staaten seinen Posten.“
Der tiefe Fall des Ex-Prinzen Andrew
So warf das bekannteste Epstein-Opfer, Virginia Giuffre, dem britischen Ex-Prinzen Andrew vor, sie mehrfach sexuell missbraucht zu haben – unter anderem als sie noch minderjährig war. Der zweitälteste Sohn von Queen Elizabeth II. wies die Vorwürfe stets zurück.
Eine US-Zivilklage Giuffres endete jedoch in einem laut Berichten millionenschweren Vergleich. Wegen seiner Verwicklung in den Skandal verlor Andrew zunächst militärische Ehrentitel, die Anrede „Königliche Hoheit“ und seine Rolle als offizieller Vertreter des Königshauses. Zuletzt wurde ihm auch der Titel als Herzog von York sowie der Prinzentitel, den er seit Geburt getragen hatte, entzogen. Zudem muss er sein großzügiges Anwesen auf dem Gelände von Schloss Windsor verlassen.
Der britische Botschafter in den USA, Peter Mandelson, wurde wegen seiner Verbindungen zu Epstein von seinem Posten abberufen. (mit dpa/AFP)
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