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Kann Mamdani die Stadt vor Trump retten?: Ganz Amerika schaut auf den neuen Bürgermeister von New York
Sozialist gegen Ex-Gouverneur, Zohran Mamdani gegen Andrew Cuomo: In New York prallten zwei sehr unterschiedliche Kandidaten aufeinander. Am Ende setzte sich der 34-jährige Mamdani klar durch.
Stand:
Wer braucht schon Schlaf? Zohran Mamdani offenbar nicht. Als er am Dienstag um 23.15 Uhr, New Yorker Ortszeit, die Bühne auf seiner Wahlparty in Brooklyn, betritt, hat er ein Wochenende voller Wahlkampf hinter sich – nachts in bekannten Clubs der Stadt, am Sonntag beim New York Marathon. „Run faster than Mamdani“ („Lauf schneller als Mamdani“) stand dort auf dem Schild eines Zuschauers – wohl eine Anspielung auf die Kampagne des Demokraten.
Im Rennen um das Bürgermeisteramt von New York bewies der 34-Jährige Ausdauer – New Yorks Bürger honorierten es, indem sie ihn zum neuen Bürgermeister der Stadt wählten.
Mit 50,4 Prozent (Auszählungsstand 91 Prozent der Stimmen) siegte der 34 Jahre alte muslimische Immigrant über seinen größten Konkurrenten, den ehemaligen Gouverneur des Bundesstaates New York, Andrew Cuomo, der auf 41,6 Prozent kam.
In diesem Moment der politischen Dunkelheit wird New York das Licht sein.
Zohran Mamdani, neuer Bürgermeister von New York
Gegen Endes des Wahlkampfes sah es kurz so aus, als könnte es noch einmal knapp werden. Cuomo konnte in Umfragen aufholen und lag nur noch fünf Prozentpunkte hinter dem Favoriten. Aber es reichte nicht. Am Ende war Mamdani der klare und strahlende Sieger. „Heute Abend haben wir das Unmögliche möglich gemacht“, sagte er in seiner Rede. Und seinem Team sagte er: „Ihr könnt jetzt schlafen.“
Bürgermeisterwahl als Stimmungstest für die Demokraten
Die Bürgermeisterwahl in New York galt vor allem als Stimmungstest für die Demokraten – und wie sie sich bei den kommenden Wahlen positionieren sollten. Was bei ihrer Basis ankommt – die Wahl in der Millionenstadt an der Ostküste könnte ein Fingerzeig sein.
Denn in New York traten praktisch beide Flügel der Partei an: Nachdem der gemäßigte Demokrat Cuomo die Vorwahlen gegen den Sozialisten Mamdani verloren hatte, beschloss er, als unabhängiger Kandidat anzutreten.

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Mamdani ist der jüngste Bürgermeister New Yorks seit über einem Jahrhundert. Rekorde brach er auch bei der Wahlbeteiligung, das zeigte schon das „Early Voting“: Mehr als 735.000 von rund 5 Millionen registrierten Wählern hatten bereits abgestimmt. Und noch sind nicht alle Stimmen vom Wahltag ausgezählt, aber es zeichnete sich schon bald die höchste Wahlbeteiligung bei einer Bürgermeisterwahl seit 1969 ab.
Mehr als zwei Millionen Wähler stimmen am Dienstag ab. Mamdani brachte vor allem junge Wähler und Nichtwähler an die Urnen. Das lag auch an seiner klaren Botschaft: New York bezahlbar zu machen.
Wer kann es mit Trump aufnehmen?
Mamdani hat versprochen, die Stadt bezahlbar zu machen: Mieten einfrieren, schnelle und kostenfreie Busse, kostenlose Kinderbetreuung. Um das zu bezahlen, will er den Bundesstaat New York davon überzeugen, eine Steuer für Reiche einzuführen.
Cuomo hingegen verwies auf seine Erfahrung als Gouverneur und versprach, New York durch kommende Krisen zu führen. Nur er könne, sagte der 67-Jährige, die Stadt vor Donald Trump beschützen.
Von ausgerechnet dem bekam Cuomo aber Unterstützung. Am Montag rief Donald Trump zur Wahl des unabhängigen Demokraten auf – und ignorierte den Kandidaten seiner eigenen Partei, Curtis Sliwa.
Mehrfach hatte Trump den Republikaner dazu aufgefordert, aus dem Rennen auszusteigen, um seine Stimmen an Cuomo abzutreten. Doch Sliwa blieb, obgleich er laut Umfragen chancenlos war. Am Ende kam er auf 7,1 Prozent der Stimmen.

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Ob der Präsident Cuomo mit seiner Unterstützung im liberalen New York einen Gefallen getan hat? Viele der Nachbarschaften, die 2024 Trump gewählt hatten, stimmen nun für Cuomo. Der Republikaner Sliwa verlor in allen.
Und Mamdani, der erste Muslim an der Spitze der Stadt, ging in seiner Siegesrede auf direkten Konfrontationskurs zu Trump. „In diesem Moment der politischen Dunkelheit wird New York das Licht sein“, sagte er in seiner Siegesrede. Bei dem Public Viewing in seiner Nachbarschaft Astoria im New Yorker Stadtteil Queens jubeln die Zuschauer, recken Fäuste in die Höhe. Über tausend Menschen passen in den Biergarten. Die große Diversität der Menge zeigt, wie breit die Unterstützung für den neuen Bürgermeister gestreut ist.
Jüdische New Yorker fürchten Mamdanis Sieg
Unterstützer beider Demokraten hatte man noch am Sonntag vor den Wahllokalen Flyer verteilen sehen können. In der Upper East Side, direkt am Central Park, wurde im Metropolitan Museum gewählt. Die Nachbarschaft ist eine der reichsten der Stadt. Cuomo gewann hier die Vorwahlen, Mamdani erreichte nicht einmal zehn Prozent.
Ein Mann, um die 50, antwortete auf die Frage, was er und seine Mutter gewählt haben. Sie schauten sich kurz an: „Cuomo natürlich.“
Ihren Namen wollten sie nicht nennen, ein wenig erzählen aber schon. Sie sind Juden und fürchten um ihre Sicherheit bei einem Sieg Mamdanis, sagten sie. Vielen ihrer Nachbarn gehe es ähnlich. Außerdem sei der junge Politiker viel zu unerfahren. Ob er trotzdem gewinnt? „Ich fürchte schon“, sagte der Cuomo-Unterstützer. Er sollte recht behalten.
Wenige Meter entfernt versuchte Carol, doch noch einige Bewohner der Upper East Side von Mamdani zu überzeugen, und verteilte Prospekte mit Informationen zu seinem Wahlprogramm. Die meisten Passanten seien höflich, aber ablehnend, erzählte sie. Doch jede Stimme zählt, sie machte also weiter. Im Ergebnis siegte Cuomo in diesem Teil der Stadt deutlich mit über 80 Prozent.

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Wer den Sozialisten wählte, wohnt vor allem im Stadtteil Brooklyn, wo der zukünftig Regierende es in einigen Nachbarschaften auf fast 90 Prozent brachte. Doch vor der Wahl herrschte auch hier Unsicherheit: Wird Mamdani es schaffen?
Mamdani hat als Einziger verstanden, was das Problem ist.
John, ein Early Voter
Er muss, sagte Olivia, 31 Jahre. „Ich möchte keinen Bürgermeister, der Frauen angefasst hat.“ Cuomo war wegen Belästigungsvorwürfen von seinem Posten als Gouverneur zurückgetreten, von Gerichten dann aber freigesprochen worden.
John, 27 Jahre alt, wählte zum ersten Mal den Bürgermeister von New York. Mamdani, so sagte er, habe es als Einziger verstanden, was das Problem der meisten Menschen hier ist: Die Stadt ist zu teuer. Das war der kleinste gemeinsame Nenner unter den Mamdani-Wählern.
New York ist der Wirtschaftstreiber der USA
Der Job des New Yorker Bürgermeisters gilt in Politikerkreisen als der härteste nach dem des Präsidenten. Nicht nur deswegen blicken immer alle gespannt auf die Wahlen dort.
Die Stadt ist ein entscheidender Wirtschaftsmotor der USA – mit mehr Unternehmenszentralen als sonst irgendwo im Land. Sie ist Finanz- und Medienzentrum und ein schnell wachsender Standort für neue Technologien und medizinische Forschung. Mit mehr als 2,3 Billionen Dollar hat die Metropolregion eine größere Wirtschaftsleistung als Kanada und macht rund neun Prozent der gesamten US-Wirtschaft aus. Und der Bürgermeister entscheidet, wie gut dieser Motor weiterläuft.
Wird Trump Mamdani dabei behindern? Der Republikaner hatte noch kurz vor der Wahl damit gedroht, Bundesmittel für die Stadt auf das absolute Minimum zu begrenzen, sollte Mamdani gewinnen.
Er wisse, dass Trump seine Rede verfolge, sagte Mamdani – und wandte sich dann direkt an den US-Präsidenten, dessen Regierung zuletzt drastisch gegen Menschen vorgegangen war, die illegal ins Land gekommen waren. New York werde eine Stadt der Einwanderer bleiben, betonte er. „Um an einen von uns zu kommen, müssen Sie an allen von uns vorbei.“
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