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Zahlreiche Zivilisten sind auf der Flucht.

© Moses Sawasawa/AP/dpa

Update

Konflikt im Ostkongo eskaliert: Mehrere Botschaften angegriffen und Warnung vor Ebola-Ausbruch

Nachdem die Rebellenmiliz M23 in Ostkongo die Kontrolle übernommen hat, kommt die Region nicht zur Ruhe. Es gibt etliche Verwundete und die Infrastruktur droht zusammenzubrechen.

Stand:

Hunderttausende Menschen rennen nach Angaben humanitärer Organisationen im Osten der Demokratischen Republik Kongo um ihr Leben. Sie sind seit dem Vormarsch der Rebellenmiliz M23 vor Schüssen und Artillerie nicht mehr sicher.

Nach tagelangen schweren Kämpfen war die Miliz in der Nacht zum Montag in die strategisch wichtige Provinzhauptstadt Goma eingedrungen, die in einem der rohstoffreichsten Gebiete des Kongos liegt und an Ruanda grenzt. Neben den Anwohnern der Provinzhauptstadt seien auch mehr als 300.000 Menschen aus Lagern für Vertriebene in der Nähe auf der Flucht, berichtete das UN-Nothilfebüro OCHA in Genf. Mitarbeiter berichteten von Leichen in den Straßen.

Belgische, niederländische und drei afrikanische Botschaften angegriffen

In der Nähe mehrerer Botschaften, darunter auch der belgischen, fänden derzeit gewalttätige Demonstrationen statt, teilte das Außenministerium in Brüssel mit. „Dabei wurde auch ein Tor in Brand gesetzt, der Brand konnte aber schnell wieder unter Kontrolle gebracht werden.“ Eine unmittelbare Gefahr für Botschaftsmitarbeiter und Besucher habe zu keinem Zeitpunkt bestanden.

Inzwischen scheine sich die Lage aber zu stabilisieren und lokale Sicherheitstruppen würden das Gebäude schützen, hieß es von einem Sprecher des Außenministeriums in Den Haag. Das Außenministerium forderte Niederländer auf, ihre Wohnungen nicht zu verlassen. Außenminister Caspar Veldkamp schrieb auf X, dass die „Sicherheit unserer Kollegen“ nun absolute Priorität habe.

Das Ministerium beobachte die Situation genau und stehe in engem Kontakt mit der belgischen Botschaft in Kinshasa und den kongolesischen Behörden, hieß es aus Brüssel weiter. Der Schutz der Sicherheit des Botschaftspersonals und der belgischen Gemeinschaft habe Priorität. Belgien war unter Leopold II. Kolonialmacht im Kongo und regierte mit brutalsten Methoden. Noch bis Mitte 1960 gehörte das Land zum belgischen Kolonialreich.

Deutsche Botschaft bisher nicht betroffen

Die deutsche Botschaft in Kinshasa ist nach Angaben aus dem Auswärtigen Amt bisher nicht von den Unruhen in der Demokratischen Republik Kongo betroffen. „Die Kolleginnen und Kollegen der Botschaft in Kinshasa stehen mit unserem Krisenreaktionszentrum im engen Austausch und haben Vorsorgemaßnahmen getroffen“, hieß es am Mittag aus dem Ministerium von Außenministerin Annalena Baerbock. Der Krisenstab der Bundesregierung habe bereits getagt und ein aktuelles Lagebild erstellt.

Auf der Krisenvorsorgeliste ist den Angaben zufolge derzeit eine niedrige dreistellige Zahl von Deutschen registriert, die angeben, sich in der Demokratischen Republik Kongo aufzuhalten, darunter eine niedrige zweistellige Zahl von Menschen, die sich nach eigener Darstellung in Ostkongo befinden.

Drei afrikanische Botschaften angegriffen

Demonstranten haben in der Demokratischen Republik Kongo nach Angaben der kenianischen Regierung auch drei afrikanische Botschaften angegriffen. Betroffen seien die Botschaftsgebäude von Kenia, Südafrika und Uganda in der Hauptstadt Kinshasa, sagte der kenianische Staatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten Korir Sing’oei. Auch Botschaftspersonal sei demnach angegriffen worden. Auch Frankreichs Botschaft wurde französischen Angaben nach angegriffen.

Die gewaltsamen Proteste seien durch den aktuellen Angriff der Rebellengruppe M23 auf die Stadt Goma im Osten des Landes ausgelöst worden, so Sing’oei. Die Übergriffe auf die Botschaften seien „ein schwerwiegender Verstoß gegen das Völkerrecht, und wir verurteilen sie auf das Schärfste“, sagte der Minister.

IKRK warnt vor Austritt von Ebola-Virus aus Labor

Die Krankenhäuser seien völlig überfüllt mit Verwundeten, berichtete die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie hatte kurz vor der Schließung des Flughafens in Goma am Wochenende noch Nachschub an medizinischem Material einfliegen können. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) warnt vor einem Austritt von Virenproben aus einem Labor – darunter solche des Ebola-Virus. Der IKRK-Regionaldirektor für Afrika, Patrick Youssef, äußerte am Dienstag Sorgen um die „Situation im Labor des Nationalen Instituts für biomedizinische Forschung, in dem die Gefahr eines Stromausfalls besteht“. Ein Austritt könne „unvorstellbare Konsequenzen“ haben.

Youssef sagte vor Pressevertretern in Genf, es sei wichtig, „die Proben zu schützen, die von den Kämpfen betroffen sein könnten“. Das Labor des Nationalen Instituts für biomedizinische Forschung befinde sich in der Nähe der IKRK-Delegation in Goma, erklärte Youssef. Über die Sicherheit anderer Labore in der Stadt habe er keine Informationen..

Das Rote Kreuz äußerte sich ebenfalls zu dem humanitären Zustand in Goma. Viele Menschen, die durch Schüsse oder Explosionen verletzt worden seien, suchten demnach Einrichtungen des Roten Kreuzes auf, darunter auch das CBCA Ndosho Krankenhaus. Seit Anfang des Monats haben Mitarbeiter des Roten Kreuzes mehr als 600 Verletzte behandelt, fast die Hälfte von ihnen Zivilisten und viele von ihnen Frauen und Kinder.

Vergewaltigungen und Plünderungen

Es gebe Berichte über zahlreiche Vergewaltigungen. Das Internet funktioniere nicht mehr, Strom und Wasserversorgung seien eingeschränkt, teilte OCHA mit. 

Lagerhäuser des Welternährungsprogramms (WFP) wurden geplündert. „Das zeigt, wie verzweifelt die Menschen sind“, sagte Shelley Thakral, WFP-Sprecherin in Kinshasa. „Die nächsten 24 Stunden werden kritisch sein, da die Vorräte knapp werden und die Frage ist, was sie zum Überleben finden.“

Spendenaufruf des UNHCR

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR appellierte an Geberländer, Geld für Hilfe zur Verfügung zustellen. Die UN-Organisationen warten auf eine Beruhigung der Lage, um die Menschen wieder zu versorgen. „Dies ist nicht nur eine regionale Angelegenheit, sondern eine globale Verantwortung“, sagte UNHCR-Sprecher Matthew Saltmarsh. 

In der rohstoffreichen Provinz Nord-Kivu kämpft die M23 seit Jahren gegen kongolesische Regierungstruppen und mit ihr verbündete Milizen. In den vergangenen Wochen konnte die M23 massive Gebietsgewinne verzeichnen. Sowohl die kongolesische Regierung als auch UN-Experten werfen dem Nachbarland Ruanda vor, die M23 zu unterstützen und auch eigene Truppen im Ostkongo zu haben. (dpa)

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