
© IMAGO/SNA/Sergey Bobylev
„Mein Gesicht ist taub, mein Bein ist gebrochen“: Angeblich schickt Russland verletzte Soldaten in die Schlacht
Videos in den sozialen Netzwerken erwecken den Eindruck, dass russische Kommandeure verwundete Männer zum Kampf zwingen. Dort werden sie als Lockvögel eingesetzt, behauptet ein ukrainischer Leutnant.
Stand:
„Ich habe eine Wunde am Hals und an der Wirbelsäule. Mein Gesicht ist taub, auf einem Auge kann ich nicht sehen. In meiner Leiste steckt ein großer Splitter, mein Bein ist gebrochen. In diesem Zustand wurde ich zu einem Kampfeinsatz geschickt“, klagt ein Soldat der russischen Armee in einem Video. Es wurde auf dem Telegram-Kanal „Mobilisation“ veröffentlicht.
Der Mann im Video, augenscheinlich Anfang 30, erzählt seine Geschichte in einem Raum, der wie ein Bunker aussieht. Sein linkes Auge zuckt leicht. Seine Stimme zittert.
In einem weiteren Video auf dem Kanal behauptet ein anderer Soldat, dass der Leiter seiner Sanitätseinheit selbst Soldaten mit nicht verheilten Verletzungen, darunter auch Knochenbrüche, als diensttauglich anerkennt.
Der Telegram-Kanal hat weitere Videos mit Appellen anderer verwundeter Soldaten der russischen Armee und mehrere Fotos veröffentlicht. Einmal ist die Rede von 40 kampfunfähigen Männern, die in den Krieg geschickt werden sollen. „Wie sollen sie ein Gewehr halten?“, fragt ein Mann in einem Video.
Auch der ukrainische Aktivist Anton Gerashchenko teilte ein Video auf Bluesky. Es soll ebenfalls verletzte russische Soldaten zeigen. Mehrere davon sind auf Krücken unterwegs. Angeblich wurden sie in diesem Zustand in die Schlacht geschickt.
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Ukraine sieht zynisches Kalkül
Die Echtheit der Aufnahmen konnte nicht bestätigt werden. Der ukrainische Leutnant Andriy Kovalenko aber sieht ein zynisches Kalkül hinter dem russischen Vorgehen. Die Verwundeten „werden von den Russen benutzt, um Feuerstellungen der Verteidigungskräfte zu identifizieren“, behauptete Kovalenko. Er ist der Leiter des ukrainischen Zentrums für die Bekämpfung von Desinformation und sprach mit dem Tagesspiegel.
Die verletzten Soldaten werden demnach in Richtung der vermuteten ukrainischen Stellungen geschickt. Sobald die Ukrainer das Feuer auf die Verwundeten eröffnen, geben sie damit ihre Position preis.
Tödliche Wagner-Taktik übernommen
Auf dem Telegram-Kanal der ukrainischen Einheit Chortyzja wird eine weitere Taktik der russischen Armee beschrieben. Die Gruppe ist in Richtung Toretsk im umkämpften Südosten der Ukraine im Einsatz. Dort soll die russische Armee eine Taktik anwenden, bei der der Tod von eigenen Soldaten leichtfertig in Kauf genommen wird.
Die Befehlshaber schicken demnach unbewaffnete Soldaten zu Fuß so nah wie möglich an die ukrainischen Stellungen heran. Dort sollen sie Munition, Minen oder Funkgeräte für ihre Kameraden hinterlassen, die später nachrücken.
Nach ukrainischen Angaben hat die russische Armee diese Taktik von den Wagner-Söldnern übernommen. Sie scheint dem Militär Kiews nach aber ineffektiv zu sein. Denn Aufklärungsdrohnen würden die unbewaffneten Soldaten schnell aufspüren.
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