
© IMAGO/Jam Press
Mensch gegen Maschine: Wie Kampfjets bald von allein in den Krieg fliegen könnten
Kampfflugzeuge spielen eine wichtige Rolle im Ukrainekrieg und bei Europas Verteidigung. Eine deutsche Firma will ihre Künstliche Intelligenz ins Cockpit bringen – schon in wenigen Jahren.
Stand:
Künstliche Intelligenz beantwortet Fragen im Chat, erstellt Bilder und übersetzt Texte. Fliegt sie demnächst auch Kampfjets durch Kriege, wie sie in der Ukraine oder in Nahost stattfinden? Daran jedenfalls arbeitet das 2021 gegründete Software-Unternehmen Helsing mit Sitz in München. Im Mai und Juni bestand die deutsche Kampfjet-KI namens „Centaur“ erste Tests über der Ostsee.
Nun behauptet die Firma einem Bericht der „Financial Times“ zufolge: Es dauert nicht mehr lange, bis die Cockpit-KI einsatzbereit ist.
Nur Jahre statt Jahrzehnte wird es dauern, bis Luftstreitkräfte die neue Technik nutzen, sagte die zuständige Helsing-Chefin für den Bereich Luftfahrt, Stephanie Lingemann. „Wir rechnen in diesem Jahrzehnt damit“, wird sie bei der „Financial Times“ zitiert.
Man kann sehr schnell eine übermenschliche Leistung erreichen
Stephanie Lingemann, Leiterin der Domäne Luft bei Helsing
Die KI benötigt angeblich nur drei Tage, um „eine Million Stunden Erfahrung zu sammeln“. Damit sei sie menschlichen Kampfpiloten weit überlegen. Lingemann sprach in diesem Zusammenhang von einer „übermenschlichen Leistung“.
Die Wortwahl erinnert an die Versprechen von Tech-Giganten wie OpenAi oder Meta, die an einer dem menschlichen Gehirn weit überlegenen, künstlichen Superintelligenz arbeiten.

© IMAGO/Jam Press
Eine naheliegende Frage lautet: Wird die Künstliche Intelligenz menschliche Piloten überflüssig machen? Das scheint der Plan von Helsing zu sein. Ein Vorteil sei, dass Piloten dann nicht in gefährliche Situationen geschickt werden müssen.
Die KI als Co-Pilot – zumindest für den Übergang
Andererseits geht Lingemann von einer langen Übergangsperiode aus, in der Kampfpiloten die KI wie einen Co-Piloten nutzen – um komplexe Manöver auszuführen und Gefahren zu erkennen.
Kevin Anderson, Colonel bei der Air Force in den USA, sieht angesichts ähnlicher Bestrebungen in den USA, in Russland und in China „einen Paradigmenwechsel im Luftkampf“.
KI im Krieg – eine gute Idee?
Unterdessen hat längst eine Diskussion über den Einsatz von KI-Waffen im Krieg begonnen – neben den KI-Kampfjets sind auch KI-Panzer in Entwicklung.
Die Diskussion dreht sich um ethische und rechtliche Fragen. Wie kann zum Beispiel verhindert werden, dass die Künstliche Intelligenz fälschlicherweise auf Zivilisten schießt? Das Rote Kreuz fordert die Staaten der Welt auf, „unberechenbare autonome Waffen“ zu verbieten.
Davon abgesehen bleibt die praktische Frage, ob Künstliche Intelligenz in echten Luftkämpfen wirklich so hilfreich ist, wie Helsing suggeriert. Daran gibt es Zweifel, zum Beispiel unter Kampfpiloten.
Die Einwände werden etwa in einem Artikel auf der Webseite „flyajetfighter.com“ formuliert, hinter der eigenen Angaben zufolge Piloten der französischen Luftwaffe stehen. Zumindest gegenwärtige Systeme, in denen bereits KI zum Einsatz kommt, sind demnach „noch weit davon entfernt, das menschliche Urteilsvermögen beim Fliegen von Kampfflugzeugen zu ersetzen“.
Vor allem in Situationen, wenn der Gegner Täuschungsmanöver nutzt und Störsender einsetzt, sei die Künstliche Intelligenz nicht zuverlässig. Die automatische Identifizierung von Freund und Feind „kann große Fehler machen“, heißt es. Die KI werde mit Daten aus simulierten Szenarien trainiert, „aber der echte Luftkampf folgt keinem Drehbuch.“
Die KI-Firma Helsing baut unter anderem auch die Kamikaze-Drohne HX-2, die von der Ukraine eingesetzt wird und von der Bundeswehr getestet werden soll. Die Drohne nutzt Künstliche Intelligenz, um Sprengladungen auf ein Ziel zu steuern und dabei weniger anfällig gegen Störmaßnahmen zu sein. Zuletzt hatte Helsing vor wenigen Wochen mitgeteilt, weitere 600 Millionen Euro von Investoren eingesammelt zu haben. Diese stammen vorrangig aus Europa – Helsing will explizit als europäisches Unternehmen verstanden werden. (mit dpa)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: