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US-Präsident Joe Biden strebt eine zweite Amtszeit an.

© REUTERS/KEVIN LAMARQUE

Mit Bidens Hilfe: US-Kongress stoppt Strafrechtsreform der Hauptstadt DC

Die liberale Hauptstadt Washington wollte ihr Strafrecht reformieren. Der Kongress hat das Vorhaben geblockt. Auch US-Präsident Biden findet das richtig – und verärgert linke Demokraten.

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Wie erfolgreich die US-Republikaner in den nächsten Jahren sein werden, hängt auch von der Performance der aktuellen Regierung von US-Präsident Joe Biden ab. Eines der Themen, bei dem die Konservativen Hoffnung schöpfen, ist die Kriminalität. Der im Zuge der „Black Lives Matter“-Proteste von linken Demokraten propagierte Schlachtruf „Defund the police“ hängt der Partei immer noch an.

Auch darum ist die Debatte um eine Strafrechtsreform in der Hauptstadt Washington auf einmal auf der nationalen Ebene angelangt. 16 Jahre lang wurde daran gearbeitet, das alte Strafgesetzbuch neu zu formulieren. Dieses stammt zu weiten Teilen aus dem Jahr 1901 und wurde seitdem kaum modernisiert. Stattdessen orientieren sich Staatsanwälte und Richter an Präzedenzfällen für die Urteilsfindung. Mit der Reform sollte möglichst viel dieser Rechtsprechung festgehalten werden.

Damit würden etwa die meisten Mindeststrafen entfallen. Für manche Verbrechen würde die Höchststrafe angehoben werden, zum Beispiel könnte der Besitz eines Maschinengewehrs künftig mit bis zu vier Jahren Haft geahndet werden (bisher war es höchstens ein Jahr). Die Höchststrafe für versuchten Mord würde von fünf auf 23,5 Jahre steigen, die für versuchte Vergewaltigung von fünf auf 15 Jahre.

Die Höchststrafe für „carjacking“ sollte von 40 auf 24 Jahre sinken

Auf der anderen Seite würde manches Strafmaß gesenkt werden. Die Höchststrafe für „carjacking“, also bewaffneten Autodiebstahl, soll der Reform zufolge von 40 auf 24 Jahre sinken.

Der Stadtrat von Washington hat die Reform verabschiedet und damit die Bedenken sowohl der Polizei als auch von Bürgermeisterin Muriel Bowser ignoriert. Bowser hatte das „carjacking“-Beispiel als Hauptgrund dafür angeführt, dass sie das Vorhaben nicht unterstützt. Doch ihr Veto wurde überstimmt. 2025 sollte die Reform in Kraft treten.

Das Problem ist nur: Der District of Columbia ist kein Bundesstaat, er darf sich und seine rund 700.000 Einwohner nur eingeschränkt selbst verwalten. Offiziell untersteht die Stadt dem Kongress – und der hat das Recht, Gesetze zu unterschreiben oder zu verwerfen.

Republikaner auf nationaler Ebene haben sich auf die Reform gestürzt, sie passt in ihr Narrativ, dass die Demokraten zu nachsichtig mit Verbrechern seien. Aber auch 31 demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus stimmten im Februar mit den Republikanern dafür, die Reform zu kippen. Dass dann zudem US-Präsident Biden überraschend ankündigte, kein Veto dagegen einzulegen, hat große Teile seiner Partei kalt erwischt.

Biden will den Republikanern möglichst wenig Angriffsfläche bieten

Biden will, so wird erwartet, bald ankündigen, dass er 2024 für eine zweite Amtszeit kandidiert. Das Thema Kriminalität wird dabei eine große Rolle spielen, und er will den Republikanern möglichst wenig Angriffsfläche bieten.

Die Debatte fällt in eine Phase, in der Meldungen von steigender Kriminalität in Städten viele Amerikaner verunsichern. In der liberalen Hauptstadt, die von Republikanern gerne als „no go area“ gebrandmarkt wird, ist die Zahl brutaler Gewaltverbrechen im Vergleich zum Vorjahr zwar um acht Prozent gesunken. Aber Schlagzeilen macht der Anstieg der Mordrate um 33 Prozent und dass die Zahl der Autodiebstähle sogar um 109 Prozent anstieg.

In dieser Woche beschäftigte sich nun der Senat mit der Reform – begleitet von Demonstranten auf der Straße, die forderten, dass DC nun endlich ein Bundesstaat mit denselben Rechten wie andere Bundesstaaten werden müsse.

Aber diese wurden auch von vielen Demokraten im Senat enttäuscht: Insgesamt 33 demokratische Senatoren schlossen sich den Republikanern und der inzwischen unabhängigen Senatorin Kyrsten Sinema an. Damit wurde die Reform gestoppt. Es ist das erste Mal seit mehr als 30 Jahren, dass ein Gesetz der Stadt auf diese Weise verworfen wird.

Dass der Stadtratsvorsitzende Phil Mendelson das Gesetz zuvor zurückgezogen hatte, um das weitere Vorgehen abzustimmen und über die Inhalte der Reform aufzuklären beziehungsweise Änderungen vorzunehmen, hatte den Prozess nicht aufhalten können. Der Wahlkampf 2024 wirft seine Schatten voraus.

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