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„Mittel zur Bewältigung dieser Krisen schwinden“: Wadephul hält die Weltlage für „so bedrohlich“ wie seit Ende des Kalten Krieges nicht mehr
Der Bundesaußenminister schätzt die internationale Lage als verheerend ein. Es gehe zunehmend nicht mehr um die Stärke des Rechts, sondern um eine Stärke, die gleichbedeutend mit Recht sei.
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Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) blickt angesichts der weltweiten Krisen mit Sorge auf die gegenwärtige internationale Lage. „Die Lage, in der sich Welt befindet, war seit Ende des Kalten Kriegs nicht mehr so bedrohlich, krisenreich und fordernd“, sagte Wadephul am Dienstag beim Berliner Forum Außenpolitik der Körber-Stiftung.
Der Minister verwies auf den Ukraine-Krieg sowie die Lage im Gazastreifen und im Sudan. Zudem gebe es einen „Großmächtekonflikt zwischen einer immer selbstbewusster auftretenden Volksrepublik China und unserem Verbündeten, den Vereinigten Staaten von Amerika“.
„Zugleich erleben wir, wie weltweit die Mittel zur Bewältigung dieser Krisen schwinden“, sagte Wadephul. Die Bereitschaft zur kooperativen internationalen Zusammenarbeit sinke und „die verpflichtende Kraft des Völkerrechts“ werde vielfach zurückgedrängt. Stattdessen nehme eine Grundhaltung zu, wonach „nicht die Stärke des Rechts entscheidend ist, sondern Stärke gleichbedeutend mit Recht ist“.
Die Ukraine-Verhandlungen an diesem Wochenende in Genf bezeichnete Wadephul als „gute Gespräche“. Es sei eine „Weiterentwicklung“ des ursprünglichen US-Plans erreicht worden. „Das bringt uns näher an einen Friedensvorschlag, der gerecht, belastbar und vor allem dauerhaft ist“, betonte der Minister.
Ob es nun zu einer Waffenruhe komme, liege „zuallererst am Aggressor Russland“, sagte Wadephul. „Nach wie vor fehlt ja irgendeine Bereitschaft Russlands, überhaupt zu reden und den lange eingeforderten Waffenstillstand endlich beginnen zu lassen.“ Zu Berichten, wonach US-Vertreter in Abu Dhabi derzeit Gesprächen mit Delegationen der Ukraine und Russlands führen, sagte der Minister, dies sei zu begrüßen.
Wadephul warnte, dass auch nach einem möglichen Ende der Kämpfe in der Ukraine eine große Bedrohung von Russland ausgehe. „Was bleibt, ist ein imperiales und aggressives Russland, dessen Ambitionen weit über die Ukraine hinausgehen“, sagte der Außenminister. Russland habe seine Wirtschaft und seine Gesellschaft „weitgehend auf Krieg eingestellt“. Die russische Armee rekrutiere deutlich mehr Soldaten, als sie für den Krieg in der Ukraine benötige.
Dabei richte Moskau seinen Blick auch „auf die EU, auf die Nato“. Russland wolle sich zumindest „die Option auf einen Krieg gegen die Nato“ bis spätestens 2029 schaffen, warnte Wadephul. Die Bedrohung sei „schon heute Realität“, fügte er hinzu und verwies auf Drohnenflüge, Sabotageakte und Fake News-Kampagnen. (AFP)
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