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Moskau räumt Militärbasen in Syrien: Russlands Rückzug ist nur bedingt eine gute Nachricht
Russland zieht nach Assads Sturz offenbar Teile seiner Truppen aus Syrien ab. Für Putin ist das eine schwere Niederlage – aber für den Westen noch lange kein Grund zur Freude.

Stand:
Es ist ein historischer Moment. Russland gibt offenbar seine Militärstützpunkte in Syrien weitgehend auf. Kriegsschiffe verlassen den Hafen in Tartus, Kriegsgerät wird verladen, Kampfjets und Transportflugzeuge heben von der Luftwaffenbasis Hmeimim ab.
So hat sich der russische Präsident Wladimir Putin das zumindest vorläufige Ende seiner jahrelangen Einflussnahme sicher nicht vorgestellt.
Das dürfte den Westen zunächst einmal erleichtern. Schließlich ist jede Niederlage Putins ein Grund zur Freude. Doch es ist fraglich, ob daraus wirklich ein Vorteil erwächst. Vielleicht bedeutet der Abzug sogar etwas Schlechtes.
Noch ist ohnehin unklar, ob sich Moskau militärisch komplett aus Syrien zurückziehen muss oder ob Soldaten und Waffen dort weiter stationiert bleiben. Das hängt von den siegreichen Aufständischen unter Führung der Islamisten-Miliz Haiat Tahrir al Scham ab.
Gerade der Verlust des Hafens in Tartus schmerzt den Kreml
Syriens neue Machthaber könnten einerseits zu der Erkenntnis kommen, dass es besser wäre, Russland nicht allzu offensichtlich zu brüskieren und zu provozieren. Vielleicht kommen sie ja noch mit Moskau ins Geschäft. Den Kreml machtlos zu wähnen, wäre ein Fehler.

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Andererseits wird es schwierig, der syrischen Bevölkerung zu erklären, warum Moskaus Militärmaschinerie im Land bleiben soll. Putin hat tausendfaches Leid über Syrien gebracht. Städte wie Aleppo wurden auf seinen Befehl dem Erdboden gleichgemacht. Das wird kein Mensch in Syrien vergessen oder gar vergeben.
Putin muss sich ein anderes Operationsgebiet suchen
Doch egal, wie die Entscheidung in Damaskus ausfällt, schon heute ist klar: Russland wird künftig nicht mehr in Syrien nach Belieben schalten und walten können.
Fest steht auch, dass der drohende Verlust von Tartus als Zugang zum Mittelmeer für Moskau geostrategisch schmerzhaft ist. Der Hafen war nicht nur die Basis für Einsätze im Nahen Osten, sondern auch in Afrika.
Nun muss sich Putin ein anderes Operationsgebiet suchen. Dafür kommt zum Beispiel Libyen infrage, wo Russland bereits mit dem mächtigen Warlord Chalifa Haftar gemeinsame Sache macht. Oder der Sudan. Dort hofft Moskau auf ein Marinezentrum am Roten Meer.
Aber sowohl Libyen als auch der Sudan leiden unter verheerenden Bürgerkriegen. Würde Russland dort noch mehr als bisher mitmischen, bedeutete dies größere Instabilität und Chaos. Beides könnte sich Moskau zunutze machen. Für den Westen wäre das fatal.
Gleiches gilt für eine andere mögliche Folge des russischen Abzugs aus Syrien. Gerade die zum Teil hochmodernen Kampfjets und Hubschrauber könnten in der Ukraine zum Einsatz kommen. Putin ordnet seinem verbrecherischen Angriffskrieg alles andere unter.
Assad, Syrien, Nahost? Spielen seit dem 24. Februar 2022 keine große Rolle mehr. Allein der Sieg über Kiew zählt. Das sollte der Westen bei all seinen taktischen und strategischen Überlegungen nie außer Acht lassen. Es wäre verhängnisvoll.
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