
© PICTURE ALLIANCE / ASSOCIATED PRESS/OREN BEN HAKOON
Nach Veröffentlichung von Foltervideo aus Gefängnis: Israels Polizei nimmt Ex-Militäranwältin fest
Die Affäre um ein geleaktes Video aus Israels berüchtigtem Militärlager Sde Teiman sorgt weiter für Schlagzeilen. In der Nacht meldeten israelische Medien Festnahmen prominenter Militärangehöriger.
Stand:
Israels bisherige oberste Militäranwältin, Jifat Tomer-Jeruschalmi, ist im Zusammenhang mit der Affäre um ein geleaktes Video aus dem berüchtigten Militärlager Sde Teiman von der Polizei festgenommen worden. Der rechtsextreme israelische Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir gab die Festnahme am Montag im Onlinedienst Telegram bekannt.
Das geleakte Video soll die Misshandlung eines palästinensischen Gefangenen zeigen. Itamar Ben-Gvir begründete die Festnahme mit einem angeblichen Suizidversuch der Militärjuristin.
Tomer-Jeruschalmi war am Sonntag mehrere Stunden lang verschwunden, nachdem am Freitag ihr Rücktritt bekannt geworden war. Dies führte zu Spekulationen über einen möglichen Suizidversuch. Israelische Medien berichteten, in ihrem in der Nähe eines Strands im Norden von Tel Aviv abgestellten Auto sei ein Abschiedsbrief gefunden worden.
Tomer-Jeruschalmi hatte Veröffentlichung von Foltervideo zugestimmt
Tomer-Jeruschalmi wird Behinderung des Ermittlungsverfahrens vorgeworfen, berichten israelische Medien weiter. Sie hatte am Freitag ein Rücktrittsschreiben eingereicht, in dem sie Berichten zufolge die Verantwortung für das Weiterleiten des Videos übernommen haben soll.
Auf dem brisanten Video – es zeigt Bilder einer Überwachungskamera – ist demnach zu sehen, wie Soldaten der israelischen Armee im Gefangenenlager Sde Teiman im Süden Israels einen palästinensischen Gefangenen foltern. Das Video ist bereits vor mehr als einem Jahr an die Öffentlichkeit gelangt.
Jifat Tomer-Jeruschalmi soll der Veröffentlichung des Clips zugestimmt haben, weil sie „der falschen Propaganda gegen die Militärjustizbehörde entgegentreten“ wollte. In ihrem Rücktrittsschreiben erklärte sie laut israelischen Medien, die israelische Armee sei „eine moralische und gesetzestreue Armee“, daher müssten auch während eines Krieges „illegale Handlungen“ der Armee untersucht werden. Wie israelische Medien in der Nacht weiter berichteten, ist wohl auch der ehemalige Chefankläger des Militärs von der Polizei in Gewahrsam genommen worden. Auch er stehe im Verdacht der Strafvereitelung.
Vorwurf schwerer Misshandlung
Die Polizei hatte Ermittlungen eingeleitet, um zu klären, ob Mitarbeiter der Militärstaatsanwaltschaft an der Veröffentlichung des Videos beteiligt waren. Die Aufnahmen einer Überwachungskamera sollen die schwere Misshandlung eines Hamas-Terroristen durch Soldaten zeigen. Dies ist aber nicht eindeutig sichtbar, weil die Soldaten mit Schutzschilden eine Art Mauer bilden. Medien zufolge musste der Mann im Krankenhaus behandelt werden.
Fünf Reservisten sind deshalb angeklagt worden. Laut Anklage war den fünf Soldaten befohlen worden, den palästinensischen Gefangenen zu durchsuchen. Dem Mann waren „die Augen verbunden und die Hände und Füße gefesselt“, erklärte die Armee. Die darauffolgenden Misshandlungen führten den Militärangaben zufolge unter anderem zu „gebrochenen Rippen, Lungenverletzungen und einem Riss des Rektums“. Vorwürfe, der Gefangene sei auch sexuell missbraucht worden, wiesen die Anwälte scharf zurück.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sieht in der Veröffentlichung des Videos den „möglicherweise schlimmsten Anschlag“ auf Israels Image seit der Staatsgründung. Er kündigte eine unabhängige Untersuchung an. Israels Verteidigungsminister Israel Katz erachtet die Inhaftierung der ehemaligen Spitzenjuristin als „eine gute Sache“. Wer Soldaten der israelischen Armee „verleumdet, hat keinen Platz in der Armee“, erklärte er nach Angaben seines Büros.
Das Gefängnis Sde Teiman war nach Beginn des von dem Hamas-Überfall auf Israel ausgelösten Gaza-Kriegs am 7. Oktober 2023 auf einem Militärstützpunkt eingerichtet worden. Dort werden vor allem Gefangene aus dem Gazastreifen festgehalten, darunter Hamas-Kämpfer.
Im Oktober 2024 hatte eine UN-Kommission Israel vorgeworfen, dass Tausende Häftlinge in israelischen Gefangenenlagern „weitverbreiteten und systematischen Misshandlungen“ ausgesetzt gewesen seien, was „Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Form von Folter“ gleichkomme. Israel wies die Vorwürfe als „empörend“ zurück. (mit Agenturen)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: