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Nach Wahl zur Präsidentschaftskandidatin: Wen wählt Kamala Harris als Vize?
Am Freitag stand fest: Kamala Harris tritt für die Demokraten gegen Donald Trump an. Doch wer wird ihr Vize? Ein weißer Mann? Oder gibt es eine Überraschung? Experten geben Einschätzung.
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Die entscheidende Hürde ist genommen: Am Freitag sicherte sich Kamala Harris die notwendige Mehrheit der Delegiertenstimmen – und somit die Präsidentschaftskandidatur für die US-Demokraten. Somit wird sie bei der Wahl im November gegen Ex-Präsident Donald Trump antreten.
Die Chefin steht also fest. Bleibt die Frage nach ihrem Stellvertreter. In diesen Tagen wird erwartet, dass Harris die Spekulationen darüber beendet, mit welcher Person sie als Vizepräsidentschaftskandidat in die Präsidentschaftswahl zieht. Bislang ist geplant, dass beide am Dienstag bei einer Rallye in Philadelphia gemeinsam auftreten.
Für die einen ist die Ortswahl in Pennsylvania ein ziemlich sicherer Hinweis, dass die Entscheidung gefallen ist: Josh Shapiro, Gouverneur des Staats, wird ohnehin am häufigsten als Favorit genannt.
Bei Shapiro liegen die Vorteile auf der Hand. Er gewinnt Pennsylvania für Harris.

Doug Sosnik, Strategieberater unter US-Präsident Bill Clinton.
„Bei Shapiro liegen die Vorteile auf der Hand“, sagt der erfahrene Strategieberater Doug Sosnik. „Er gewinnt Pennsylvania für Harris, steht für die moderate Mitte, ist ein erfolgreicher Wahlkämpfer und hat die Regierungserfahrung, die ein potenzieller Präsident braucht.“
Andere Experten mahnen zur Vorsicht. „Aus dem Auftritt in Philadelphia könnte man schließen, dass sie sich für Shapiro entschieden hat“, sagt Sudha David-Wilp vom German Marshall Fund.
Es kann auch umgekehrt kommen. Harris umarmt Shapiro auf der Bühne als ihren Verbündeten, führt dann aber eine andere Person als Vize ein.

Sudha David-Wilp, German Marshall Fund.
„Aber es kann auch umgekehrt kommen. Harris umarmt Shapiro auf der Bühne als ihren Verbündeten, führt dann aber eine andere Person als Vize ein.“
Die Entscheidung für den eloquenten 51-jährigen Gouverneur von Pennsylvania Shapiro ist ein ,no brainer‘.

Jacob Heilbrunn, Chefredakteur des Debattenmagazins „The National Interest“.
Jacob Heilbrunn, Chefredakteur des Debattenmagazins „The National Interest“, tippt auf Shapiro. „Die Entscheidung für den eloquenten 51-jährigen Gouverneur von Pennsylvania ist eine klare Sache. Harris muss die 19 Wahlmännerstimmen des Staates gewinnen.“
„Shapiro genießt bei den Einwohnern Pennsylvanias eine Zustimmungsrate von 61 Prozent“, sagt Heilbrunn. „Die Trump-Kampagne fürchtet keinen Gegner mehr als Shapiro. Er hat die Unternehmenssteuern gesenkt und Demonstranten gegen Israels Krieg im Gazastreifen kritisiert.“
Die Frage ist, ob Harris eine konventionelle oder eine unkonventionelle Entscheidung treffen will.

Charlie Cook, renommierter Wahlforscher und Autor des „Cook-Report“.
Der renommierte US-Wahlforscher Charlie Cook blickt aus etwas anderer Perspektive auf die Entscheidung. „Die Frage ist, ob Harris eine konventionelle oder eine unkonventionelle Entscheidung treffen will. Konventionell hieße: einer wie Shapiro.“ Er ist, was sie nicht ist: Mann, weiß, aus einem Staat mit vielen Trump-Anhängern.
Diese Beschreibung passt auch auf andere Mitfavoriten. Etwa auf Mark Kelly, Senator für den Swing State Arizona und ein ehemaliger Astronaut. Oder auf Andy Beshear, Gouverneur von Kentucky.
Stimmt die persönliche Chemie?
Die persönliche Chemie muss ebenfalls stimmen. Die US-Zeitung „The New York Times“ hat untersucht, mit welchen Amtskollegen aus anderen US-Staaten Harris besonders eng kooperierte, als sie Generalstaatsanwältin in Kalifornien war. Roy Cooper, Gouverneur des umkämpften Staats North Carolina, gehörte dazu. Er zählt inzwischen nicht mehr zu den Geheimtipps.
Auch eine unkonventionelle Wahl kann erfolgreich sein, unterstreicht Cook. „Bill Clinton entschied sich 1992 für Al Gore: ein weißer Mann wie er selbst, mit der gleichen Weltanschauung, dazu aus einem Nachbarstaat. Gore verstärkte die Kernbotschaft, dass eine jüngere Generation mit neuen Ideen antritt.“
Kann sie sich für Gretchen Whitmer, die beliebte Gouverneurin von Michigan, entscheiden, oder sind zwei Frauen eine zu viel?
Charlie Cook, renommierter Wahlforscher und Autor des „Cook-Report“.
Übertragen auf Harris hieße das für Cook: „Kann sie sich für Gretchen Whitmer, die beliebte Gouverneurin von Michigan, entscheiden, oder sind zwei Frauen eine zu viel? Man sollte diese Option nicht einfach abtun.“
Ein Lokalmatador ist keine Garantie für den Sieg
Cook hält zudem die Erwartung für übertrieben, dass ein in der Region beliebter Politiker die Mehrheit in einem Swing State garantieren kann. „Harris kann nicht sicher sein kann, dass Mark Kelly Arizona für sie gewinnt. Oder Shapiro Pennsylvania. Beide wären sicherlich kein Schaden. Aber es gibt keine Garantien.“
Die Auswahl ihres Vizekandidaten ist die erste strategisch wichtige Entscheidung für die frisch gekürte Kandidatin Harris. „Doch wer kann mit Sicherheit sagen, ob ihr die konventionelle oder die unkonventionelle Option mehr nutzt“, fragt Cook. „Und wie die Wähler darauf reagieren?“
Für die Mehrheit der US-Bürger ist Kamala Harris keine klar definierte Persönlichkeit. Der Kampf beginnt jetzt erst richtig, ob Demokraten oder Republikaner erfolgreicher sind, ein öffentliches Bild von ihr zu malen.
Doug Sosnik, Strategieberater unter US-Präsident Bill Clinton.
Doug Sosnik verweist auf weitere Fragen, die den Verlauf des Rennens bis zur Wahl am 5. November definieren. „In den Umfragen hat Harris viel näher zu Trump aufgeschlossen als zuvor Biden. Sie hat beträchtliche Unterstützung durch junge und nicht-weiße Wähler mobilisiert und die Enthusiasmus-Lücke zwischen Republikanern und Demokraten reduziert. Doch das Wahlsystem begünstigt weiter Trump. Er hat mehr Wege als sie, um auf 270 Wahlmänner zu kommen.“
Für die Mehrheit der US-Bürger sei Harris noch „keine klar definierte Persönlichkeit“, obwohl sie seit dreieinhalb Jahren Vizepräsidentin ist. Das birgt Chancen und Risiken. „Der Kampf beginnt jetzt erst richtig, ob Demokraten oder Republikaner erfolgreicher sind, ein öffentliches Bild von ihr zu malen.“ Je nachdem, ob die negativen Attribute der Republikaner für sie oder die positiven der Demokraten sich durchsetzen, „können die nächsten drei Wochen die Wahl entscheiden“.
Sosnik sagt einen Rekord beim „Gender Gap“ voraus, dem unterschiedlichen Wahlverhalten von Frauen und Männern. In zwei Umfragen (New York Times/Sienna und CNN) bevorzugen 53 bis 56 Prozent der männlichen Wähler Trump und nur 39 bis 42 Prozent Harris. Bei weiblichen Wählern ist es umgekehrt. 50 bis 55 Prozent sprechen sich für Harris aus, 41 bis 45 Prozent für Trump.
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