
© REUTERS/Pool
Nachtzug und diskrete Wagenkolonne: So reiste US-Präsident Joe Biden nach Kiew
Bei dem überraschenden Besuch Joe Bidens in Kiew gab es enorm hohe Sicherheitsvorkehrungen. Nun ist klar, auf welchem Weg der US-Präsident in die Ukraine gekommen ist.
Stand:
Wenn ein US-Präsident ins Ausland reist, herrschen in der Regel so schwere Sicherheitsvorkehrungen, dass ganze Städte fast zum Erliegen kommen.
Für gewöhnlich reist der wohl mächtigste Mann der Welt mit einem riesigen Tross, seiner eigenen gepanzerten Limousine und einer Schar an Sicherheitskräften sowie vielen Journalisten.
Ganz anders verlief nun der bis zuletzt geheim gehaltene Besuch von US-Präsident Joe Biden in der umkämpften Ukraine. Von Washington über Deutschland und Polen bis nach Kiew war es den nur zwei mitreisenden Journalisten zufolge eine sehr ungewöhnliche Präsidentenreise.
Bidens Reise nach Kiew: Zwischenlandung in Ramstein
Biden brach am Sonntag in den frühen Morgenstunden (4:15 Uhr Ortszeit) vom Luftwaffenstützpunkt Andrews in der Nähe der Hauptstadt Washington auf.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Dabei habe er nicht das übliche Flugzeug der US-Präsidenten – die als Air Force One bekannte umgebaute Boeing 747 – genutzt, sondern eine kleinere und damit weniger auffällige Maschine. Die Boeing C-32 wird normalerweise nur für Flüge zu kleineren Flughäfen eingesetzt, wie unter anderem die „Washington Post“ berichtet.
Vor dem Start soll das Flugzeug mit heruntergelassenen Jalousien weit abseits der Rollbahn abgestellt worden sein, die normalerweise für Präsidentenreisen genutzt wird, heißt es weiter.
Auf dem Weg nach Polen sei der Flieger auf dem US-Luftwaffenstützpunkt im deutschen Ramstein zum Auftanken zwischengelandet, berichteten die mitreisenden Journalisten nach dem Abschluss von Bidens Ukraine-Besuch am Montagabend.
Der Zwischenstopp in Deutschland soll insgesamt etwa eine Stunde und 15 Minuten gedauert haben. Dabei sollen die Jalousien des Flugzeugs während des gesamten Aufenthalts geschlossen gewesen sein, berichtet die „Washington Post“.
Autokolonne fährt ohne Blaulicht nach Przemysl
Ziel des Flugs sei die polnische Stadt Rzeszów in der Nähe der polnisch-ukrainischen Grenze gewesen.
Von dort aus fuhr Biden am Abend in einer Kolonne mit Geländewagen, Vans und anderen Fahrzeugen zum Bahnhof der rund 90 Kilometer entfernten Stadt Przemysl - und das ganz ohne Blaulicht, um möglichst wenig Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
In Przemysl fuhr sein Fahrzeug bis an den Waggon heran, womit er schnell - und wohl weitgehend unbemerkt - in seinen Zug steigen konnte.

© picture alliance/dpa/PAP
Zehnstündige Zugfahrt nach Kiew
Den mitreisenden Journalisten zufolge hatte der Zug etwa acht Waggons, von denen viele mit Sicherheitspersonal belegt gewesen seien.
Auf der etwa zehnstündigen Fahrt nach Kiew soll der Zug verschiedenen Medienberichten zufolge mehrere Zwischenstopps eingelegt haben, um weiteres Sicherheitspersonal einzusammeln. Gegen 22 Uhr habe der Zug dann die Grenze in die Ukraine überquert.
Gegen 8 Uhr am Montagmorgen (Ortszeit) sei der Zug am Bahnhof Kiew angekommen.

© dpa/Evan Vucci
Am Bahnhof Pasaschyrski wurde Biden, der eine blau-gelb gestreifte Krawatte in den Farben der ukrainischen Flagge trug, von der US-Botschafterin in der Ukraine Bridget Brink begrüßt. „Es ist gut, wieder in Kiew zu sein“, soll der US-Präsident unmittelbar nach dem Aussteigen gesagt haben.
Es ist gut, wieder in Kiew zu sein.
Joe Biden, US-Präsident
Vom Bahnhof wurde Biden dann von einem Konvoi, in dem auch gepanzerte Fahrzeugen waren, zum Präsidentenpalast in Kiew gebracht, wo er von dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und seiner Frau Olena Zelenska empfangen wurde.
Biden absolvierte fünfstündiges Besuchsprogramm
Beim gemeinsamen Treffen soll Selenskyj Biden mit den Worten „Danke, dass Sie gekommen sind“ begrüßt haben. Der US-Präsident soll laut der „Washington Post“ geantwortet haben: „Es ist großartig, Sie zu sehen. Was noch wichtiger ist: Wie geht es den Kindern?“
Kiew hat einen Teil meines Herzens erobert, das muss ich sagen.
Joe Biden, US-Präsident
Bei seinem Besuch trug sich Biden in ein Gästebuch ein und schrieb unter anderem: „Slava Ukraini!“ („Ruhm für die Ukraine!“). An Selenskyj gerichtet soll der 80-Jährige gesagt haben „Kiew hat einen Teil meines Herzens erobert, das muss ich sagen.“

© PICTURE ALLIANCE / ASSOCIATED PRESS/Evan Vucci
In Kiew besuchte Biden die Michaelskathedrale und die amerikanische Botschaft. An einem Ehrenmal für gefallene ukrainischen Soldaten im Krim-Konflikt legte Biden einen Kranz nieder.
Nach seinem straffen Besuchsprogramm fuhr Biden kurz nach 13 Uhr – also nach etwa fünf Stunden – wieder mit dem Zug ab in Richtung Polen.

© PICTURE ALLIANCE / ASSOCIATED PRESS/Evan Vucci
Die Details zu Bidens Reise wurden aus Sicherheitsgründen erst am späten Montagabend bekannt gegeben, nachdem Biden bereits vom Flughafen bei Rzeszów in Richtung Warschau aufgebrochen war.
Biden besucht die polnische Hauptstadt an diesem Dienstag und am Mittwoch für bilaterale Gespräche, eine Rede zum Jahrestag des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und einem Treffen mit den Staaten der Nato-Ostflanke.
Russland wurde vorab über Bidens Reise informiert
Das Weiße Haus betonte am Montag, Bidens Reise in ein aktives Kriegsgebiet sei - trotz langer und penibler Vorbereitung - angesichts der Sicherheitsrisiken ungewöhnlich gewesen.
Besuche früherer US-Präsidenten etwa in Afghanistan oder im Irak, die auch jeweils bis zum Schluss geheimgehalten worden waren, seien einfacher gewesen, weil das US-Militär dort für Schutz und Logistik vor Ort gewesen sei – anders als in der Ukraine.
Allerdings hatte die US-Regierung zumindest den Kriegsgegner der Ukraine, der auch Kiew immer wieder mit Raketen angreift, vorab informiert. Russland sei wenige Stunden vorher über die Reisepläne unterrichtet worden, um eine ungewollte Eskalation zu vermeiden, erklärte das Weiße Haus. Der Kreml bestätigte später, vorab in Kenntnis gesetzt worden zu sein. (dpa, Tsp.)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: