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Trump ist zufrieden

© -/AP Pool/dpa

US-Präsident zum Chat-Skandal: Trump beschimpft Journalisten als „Widerling“ und nennt Europäer „Schmarotzer“

Alles halb so wild – so reagiert der US-Präsident auf die schwere Panne seiner Minister. Der Nationale Sicherheitsberater Michael Waltz übernimmt derweil die volle Verantwortung.

Stand:

US-Präsident Donald Trump distanziert sich von der drastischen Sicherheitspanne seiner Regierung mit einem Geheimchat. „Ich war nicht involviert“, sagte er dem rechten Sender Newsmax. Zugleich zeigte er sich zufrieden mit den bisherigen Erklärungen seiner Kabinettsmitglieder zu dem Vorgang. Er fühle sich wohl mit dem, was er gehört habe. 

Trumps Nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz war eigenen Angaben zufolge dafür verantwortlich, dass der Chefredakteur des „Atlantic“-Magazins, Jeffrey Goldberg, Zugang zu der sensiblen Kommunikation rund um einen militärischen Schlag der USA gegen die Huthi-Miliz im Jemen erhielt. Goldberg wurde - wohl aus Versehen - in den Gruppenchat mehrerer Minister und ranghoher Regierungsmitglieder auf der Messenger-App Signal eingeladen und konnte dort Pläne über die bevorstehende US-Militäraktion im Jemen live mitlesen. 

Trump sagte nun, in dem Gruppenchat über den bevorstehenden Militäreinsatz, in den der Journalist aus ungeklärten Gründen geraten sei, seien keine Geheiminformationen ausgetauscht worden, soweit er es verstanden habe. Er betonte aber, er wisse auch nur das, was ihm gesagt worden sei. 

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Vance und Hegseth spielten in dem Chat auch darauf an, dass Europa davon profitiere, wenn die USA die dortigen Schifffahrtswege sicherten. Auch Trump teilte später auf Nachfrage die Einschätzung, dass Europa schmarotze – allerdings nicht in einem Geheimchat, sondern ganz offen, bei einem Pressetermin. Er erklärte: „Ja, ich denke, die Europäer haben schmarotzt. Die EU war absolut schrecklich zu uns im Handel, schrecklich.“

Waltz übernimmt volle Verantwortung

Das „Atlantic“-Magazin sei ein gescheitertes Medium und der betreffende Journalist ein „Widerling“, der „schlecht für das Land“ sei, schimpfte der Präsident weiter. Signal wiederum sei eine App, „die viele Leute benutzen“ und die Vorwürfe gegen Waltz seien ungerecht. „Er ist ein sehr guter Mann, und er wird weiterhin gute Arbeit leisten.“

Derweil übernahm Waltz die volle Verantwortung dafür, dass der Journalist in den geheimen Gruppenchat gelangt war. Er selbst habe die Gruppe gebildet, sagte Waltz dem Nachrichtensender Fox News. Das sei peinlich. Wie die Nummer des Journalisten in sein Handy und dieser dann in die Gruppe gekommen sei, wisse er aber nicht. Vielleicht sei ein Kontakt in seinem Adressbuch im Handy mit einer anderen Nummer abgespeichert gewesen. 

Donald Trump stellt sich hinter seine wichtigsten Verteidigungspolitiker: Michael Waltz (l.), US-Vize J.D. Vance (hinten) und der Verteidigungsminister Pete Hegseth (r.) bei Donald Trump.

© AFP/Andrew Harnik

Er habe den „Atlantic“-Chefredakteur Goldberg - einen Trump-Hasser, Abschaum und Verlierer, wie er ihn nannte - nie getroffen und ihm auch nie eine Textnachricht geschickt, sagte Waltz. In Abstimmung mit dem Trump-Vertrauten Elon Musk, der als Tech-Unternehmer reich wurde, würden nun die besten Techniker der Sache auf den Grund gehen. 

Der Sicherheitsberater machte auch klar, dass er nicht wolle, dass Goldberg den gesamten Verlauf des – bislang nur in Auszügen publik gemachten – Chats veröffentlicht.

Dass ranghohe Regierungsmitglieder überhaupt sensible Informationen über die kommerzielle App Signal austauschen, löste Empörung aus. Dass dort Details über einen bevorstehenden Militärschlag erörtert wurden und versehentlich ein Journalist mit in die Gruppe aufgenommen wurde, sorgt für Fassungslosigkeit. Der Fehltritt schlägt hohe Wellen und machte über die USA hinaus Schlagzeilen. Mehrere Demokraten fordern personelle Konsequenzen.

Angesichts der brisanten Inhalte hatte sich das Weiße Haus bereits davor bemüht, den Vorfall politisch umzudeuten. In einer E-Mail war von einem „koordinierten Versuch“ die Rede, vom Erfolg der Trump-Regierung abzulenken. Sprecherin Karoline Leavitt erklärte, entscheidend sei, dass „Terroristen getötet“ worden seien. Nach Angaben der Huthi kamen bei den Luftangriffen Mitte März mindestens 53 Menschen ums Leben.

Kuriose Anhörung der Geheimdienstchefin

Während das Weiße Haus abwiegelte, gerieten zwei Spitzenbeamte bei einer Anhörung vor dem Geheimdienstausschuss des US-Senats sichtlich in Erklärungsnot. Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard und CIA-Direktor John Ratcliffe sahen sich scharfen Nachfragen der demokratischen Opposition ausgesetzt: Wie konnte ein Journalist überhaupt in die Gruppe gelangen? Warum nutzten Spitzenbeamte eine zwar verschlüsselte, aber privat betriebene App wie Signal für potenziell sicherheitsrelevante Kommunikation? Und wie geheim waren die Informationen, die dort geteilt wurden?

Anhörung von Gabbard und Ratcliffe im US-Senat.

© REUTERS/KEVIN LAMARQUE

Während der teils hitzigen Anhörung wollte Gabbard nicht einmal direkt bestätigen, dass sie überhaupt Teil des Gruppenchats war. Ratcliffe hingegen räumte dies ein – und antwortete auf die Frage, ob neben ihm, Vizepräsident J.D. Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth, Außenminister Marco Rubio und anderen auch Gabbard in der Chatgruppe gewesen sei: „Ich glaube ja.“

Die Geheimdienstkoordinatorin versicherte mehrfach, dass in dem Chat keine als vertraulich eingestuften Informationen ausgetauscht worden seien. Ratcliffe betonte, seine eigenen Beiträge seien „völlig zulässig“ gewesen und hätten „keine Verschlusssachen“ enthalten. Doch als es um konkrete Inhalte ging, blieben beide vage.

Verblüffend, dass niemand bereit ist, einen Fehler einzugestehen.

Mark Warner, demokratischer Senator

Wie diese Darstellung mit dem „Atlantic“-Artikel zusammenpasst – wonach Hegseth am Morgen eines US-Luftschlags in der Chatgruppe einen detaillierten Einsatzplan geteilt haben soll – blieb offen. Weder Gabbard noch Ratcliffe wollten diese Schilderung bestätigen. Sie gaben an, sich an entsprechende Details nicht zu erinnern oder verwiesen an andere Stelle: Zuständig sei das Pentagon.

Dem demokratischen Senator Mark Warner platzte schließlich der Kragen. Es könne nicht beides stimmen – dass keine vertraulichen Informationen ausgetauscht worden seien und gleichzeitig jede Auskunft über die Inhalte verweigert werde. „Verblüffend“ sei zudem, dass niemand bereit sei, einen Fehler einzugestehen. Der Demokrat zeigte sich außerdem entrüstet über den Tonfall gegenüber europäischen Partnern im Chatverlauf.

Der Demokrat Mark Warner war bei der Anhörung sichtlich aufgebracht.

© REUTERS/KEVIN LAMARQUE

Auch Trump sieht Europa als Schmarotzer

Tatsächlich zeigen die vom „Atlantic“ veröffentlichten Auszüge aus dem Gruppenchat eine bemerkenswerte Geringschätzung Europas. So wird etwa Vance mit den Worten zitiert: „Ich hasse es einfach, Europa wieder aus der Klemme zu helfen.“ Ein weiterer Teilnehmer, bei dem es sich um Hegseth handeln soll, antwortet: „Ich teile voll deine Abscheu vor dem europäischen Schmarotzen. Das ist erbärmlich.“

Ein Ziel der massiven US-Luftangriffe auf Huthi-Stellungen Mitte März war nach US-Angaben, die Schifffahrtswege wieder sicherzumachen. Der Nutzer, der Vance sein soll, äußerte daran zunächst Zweifel: Nur drei Prozent des US-Handels liefen über den Suezkanal, während der europäische Anteil bei 40 Prozent liege. Die amerikanische Öffentlichkeit könne den Einsatz womöglich nicht nachvollziehen.

Die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz greift seit Beginn des Gaza-Kriegs vor rund eineinhalb Jahren immer wieder Schiffe im Roten Meer oder im Golf von Aden an. Die Passage durch das Rote Meer und den Suezkanal ist für Frachtschiffe die kürzeste Verbindung zwischen Asien und Europa. (dpa)

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