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Ein ukrainischer Soldat an der Front.

© dpa/Evgeniy Maloletka

Update

Kurswechsel im Ukraine-Krieg: Bundesregierung erlaubt Einsatz deutscher Waffen gegen Ziele in Russland

Den Kurswechsel hatten zuvor bereits die USA vollzogen. Welche Waffen aus Deutschland die Ukraine für Angriffe auf russisches Territorium einsetzen darf, teilte die Bundesregierung nicht mit.

Stand:

Die Bundesregierung erlaubt der Ukraine, mit deutschen Waffen Ziele in Russland anzugreifen. Das erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag. Wie schon zuvor die USA schlägt damit auch Deutschland einen neuen Kurs ein.

„In den letzten Wochen hat Russland insbesondere im Raum Charkiw von Stellungen aus dem unmittelbar angrenzenden russischen Grenzgebiet heraus Angriffe vorbereitet, koordiniert und ausgeführt“, erklärt Regierungssprecher Hebestreit per Pressemitteilung.

Gemeinsam sind wir der Überzeugung, dass die Ukraine das völkerrechtlich verbriefte Recht hat, sich gegen diese Angriffe zu wehren. Dazu kann sie auch die dafür gelieferten Waffen in Übereinstimmung mit ihren internationalen rechtlichen Verpflichtungen einsetzen; auch die von uns gelieferten“, so Hebestreit.

Welche Waffen aus Deutschland dafür eingesetzt werden könnten, teilt der Sprecher nicht mit. Infrage kämen dafür aufgrund ihrer Reichweite die Panzerhaubitze 2000 und der Raketenwerfer MARS-II.

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USA erlaubten bereits zuvor Einsatz von Waffen

Die US-Regierung hatte der Ukraine übereinstimmenden US-Medienberichten zufolge zuvor im Stillen die Erlaubnis erteilt, US-Waffen in begrenztem Umfang gegen Ziele auf russischem Territorium einzusetzen. Dies gelte ausschließlich für Gegenschläge zur Verteidigung der ostukrainischen Großstadt Charkiw, berichteten unter anderem das Nachrichtenmagazin „Politico“ und der Sender CNN am Donnerstag.

Das ukrainische Militär solle in die Lage versetzt werden, gegen russische Streitkräfte vorzugehen, „die sie angreifen oder sich vorbereiten, sie anzugreifen“, zitierte „Politico“ einen US-Regierungsvertreter.

Ob die Ukraine sämtliche vom Westen gelieferten Waffen auch für Angriffe auf militärische Ziele in Russland nutzen können sollte, wird derzeit unter Nato-Staaten kontrovers diskutiert. Die Ukraine fordert dies seit Längerem, um russische Stellungen in dem seit mehr als zwei Jahren andauernden Krieg effektiver zu bekämpfen.

Bisher setzt das Land dafür vor allem eigene Raketen und Drohnen ein. Die westlichen Waffen zielen bisher in erster Linie auf russische Stellungen in den von Moskau besetzten Gebieten der Ukraine.

Nato-Chef Stoltenberg sieht kein Eskalationsrisiko

Länder wie die USA und Deutschland haben die Abgabe von bestimmten Systemen nach Angaben aus Bündniskreisen bislang zum Teil an strenge Auflagen für deren Nutzung gekoppelt. Hintergrund ist die Befürchtung, dass der Konflikt mit Russland weiter eskalieren und die Nato zur Kriegspartei werden könnte.

Konkret geht es bei den Auflagen nach Angaben von Militärs unter anderem darum, dass die Ukraine mit Flugabwehrraketensystemen von Typ Patriot keine russischen Kampfflugzeuge im russischen Luftraum abschießen darf, um zu verhindern, dass diese Raketen oder Gleitbomben auf die Ukraine abfeuern.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte die Entscheidung. „Die Ukraine hat das Recht auf Selbstverteidigung. Und dazu gehört auch das Recht, legitime militärische Ziele innerhalb Russlands anzugreifen“, sagte der Norweger am Freitag bei einem Nato-Verteidigungsministertreffen in der tschechischen Hauptstadt Prag.

Zugleich machte er deutlich, dass er durch die US-Entscheidung kein Eskalationsrisiko erkenne. „Russland selbst eskaliert, indem es ein anderes Land angegriffen hat“, und das Gleiche gelte für die Angriffe auf die Region Charkiw, sagte Stoltenberg.

Generelle US-Position bleibt unverändert

Am Mittwoch hatte US-Außenminister Antony Blinken eine mögliche Kursänderung in der Frage angedeutet. Bei einem Besuch in Moldau signalisierte er, dass die USA womöglich von ihrer rigorosen Ablehnung ukrainischer Schläge gegen Ziele auf russischem Boden abrücken könnten.

Seit Beginn des Krieges habe die US-Regierung ihre Unterstützung für die Ukraine ständig an die sich verändernden Bedingungen auf dem Schlachtfeld angepasst „und bei Bedarf nachgebessert“, sagte er dort. „Und genau das werden wir auch in Zukunft tun.“

Die USA hörten zu, lernten hinzu und träfen immer neue Entscheidungen dazu, was nötig sei, um sicherzustellen, dass die Ukraine sich effektiv verteidigen könne, betonte Blinken in Moldau. Seine Äußerungen stießen am Donnerstag auf großes Interesse bei einem Nato-Außenministertreffen in Prag – wie auch im Kreml.

Das Völkerrecht erlaubt es angegriffenen Staaten nach Ansicht von Experten, Aggressoren auch auf ihrem eigenen Territorium zu attackieren, um sich zu verteidigen. Woher die Waffen stammen, ist dabei rein rechtlich gesehen nicht relevant.

Die USA sind der wichtigste Waffenlieferant für Kiew – daher ist von besonderer Bedeutung, mit welchem Kurs die Amerikaner vorangehen. Die USA stellen der Ukraine ihre Waffen bislang zur Verfügung, damit diese ihre besetzten Gebiete befreit, aber nicht für Angriffe auf militärische Ziele in Russland selbst.

An der generellen US-Position, dass die Ukraine amerikanische Waffen nicht für offensive Angriffe gegen russische Ziele einsetzen soll, hat sich nichts geändert – trotz der nun bekannt gewordenen Ausnahme. (Tsp, dpa, AFP)

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