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Nato mit neuem Generalsekretär: Wohin lenkt Mark Rutte die Verteidigungsallianz?
Die Nato-Verteidigungsminister treffen sich am Donnerstag in Brüssel – erstmals mit Mark Rutte als Generalsekretär. Was ist unter seiner Führung zu erwarten? Was drei Experten sagen.
- Stefan Fröhlich
- Ulrich Kühn
- Anja Wehler-Schöck
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Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dürfte im Mittelpunkt von zweitägigen Beratungen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel stehen. Die Ressortchefs der 32 Mitgliedstaaten der transatlantischen Allianz kommen dabei erstmals unter der Führung des neuen Generalsekretärs Mark Rutte zusammen. Doch was sind Ruttes Pläne mit der Nato und welche Herausforderungen wird die Verteidigungsallianz zu bewältigen haben? Unsere Experten schätzen die Lage ein.
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Für die Nato bleibt die Ukraine eine Priorität
Mark Rutte übernimmt die Führung der Nato zu keinem einfachen Zeitpunkt. Das Bündnis steht vor entscheidenden Herausforderungen, für die er viel diplomatisches Geschick und Durchsetzungsvermögen brauchen wird. Die US-Präsidentschaftswahl wird zeigen, in welche Richtung sich die USA mit Blick auf die Nato bewegen werden. Unabhängig davon, steht jedoch fest, dass die USA nicht mehr die Kraft haben, sich gleichzeitig auf die Ukraine, den Nahen Osten und China zu konzentrieren.
Für die Nato bleibt es in jedem Fall eine Priorität, Kiew weiter militärisch zu unterstützen und gleichzeitig die Chancen für einen Waffenstillstand auszuloten. Eine zentrale Aufgabe für Rutte wird auch sein, die europäischen Nato-Mitglieder dazu zu bewegen, ihre Verteidigungsausgaben kontinuierlich weiter zu erhöhen. Dabei muss Rutte ihre sehr unterschiedlichen Interessen berücksichtigen. Nord- und Osteuropäer sehen Russland als die Hauptbedrohung. Für die Südeuropäer liegt der Fokus eher auf dem Nahen Osten und Afrika, und damit auf den Themen Migration und Terror.
EU und Nato müssen sich enger verbinden
Die US-Präsidentschaftswahl wird für die Nato eine entscheidende Wegmarke sein. Die USA sind das wichtigste Mitglied der Allianz – sowohl durch ihre finanziellen Beiträge als auch durch ihre militärische Stärke und Strahlkraft. Zieht Trump erneut ins Weiße Haus ein, ist von einer deutlichen Schwächung der US-Unterstützung für die Nato auszugehen. Doch auch unter einer Präsidentin Harris wird es kein „Weiter so“ geben – sie wird einen erheblich größeren Einsatz der Europäer als bisher einfordern. Mark Ruttes Erfolg als Nato-Generalsekretär wird daran gemessen werden, ob es ihm gelingt, den europäischen Pfeiler der Nato zu stärken. Die Zeichen dafür stehen gut.
Kommissionspräsidentin von der Leyen will in den kommenden Jahren die Rolle der EU in der Verteidigungspolitik deutlich stärken. Damit einhergehen müssen ernsthafte Bemühungen um eine engere Verbindung zwischen EU und Nato. Als jahrelanger Regierungschef der Niederlande mit viel EU-Gipfel-Erfahrung ist Rutte hierfür geradezu prädestiniert.
Es braucht mehr für die Abschreckung und kollektive Verteidigung
Wer wie Mark Rutte 14 Jahre Regierungserfahrung mitbringt, der sollte die diplomatischen Voraussetzungen besitzen, um als Nato-Chef das Erbe von Jens Stoltenberg antreten zu können. Ruttes Agenda scheint klar: Unter ihm soll das Bündnis sich noch stärker an die Seite der Ukraine stellen, Schutz vor möglichen Angriffen Putins gegen die Nato gewährleisten und für den Fall einer Wiederwahl Trumps gewappnet sein. Wie sein Vorgänger gilt Rutte als geschickter Vermittler in der Dauerfehde um höhere Verteidigungsausgaben zwischen den USA und Europa.
Aus seiner Sicht braucht es vor allem entschlossene EU-Nato-Mitglieder, die mehr für die Abschreckung und kollektive Verteidigung tun, indem sie mindestens das Zwei-Prozent-Ziel des Bündnisses erfüllen – übrigens ein Ziel, das die Niederländer unter Ruttes Regierung selbst nicht erfüllten. Auch der Umgang mit China und mit dem Nahost-Konflikt dürften angesichts der mangelnden Geschlossenheit der Bündnismitglieder in diesen Fragen zu zentralen Herausforderungen für Rutte werden.
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