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Vor der US-Wahl mehren sich die Besuche hochrangiger Politiker bei Trump.

© Gestaltung:Tagesspiegel/Kostrzynski/Fotos: imago images (5), getty images

Netanjahu, Orban, Selenskyj: Warum viele Regierungschefs Donald Trump umwerben

Er ist seit Jahren nicht mehr im Amt und doch bekommt er hochrangigen Besuch. Welchen Einfluss Donald Trump auf die internationale Politik hat, analysieren Experten.

Stand:

Donald Trumps Amtszeit als US-Präsident endete vor beinahe vier Jahren – und ob er bei der kommenden Wahl erneut gewählt wird, ist in dem knappen Duell mit der Demokratin Kamala Harris lange nicht ausgemacht. Trotzdem: Seine einzigartige Position als ehemaliger und eventuell künftiger Präsident verschafft Trump enormen Einfluss.

In den vergangenen Monaten waren Staats- und Regierungschefs aus aller Welt bei ihm zu Gast. Sie machten sich auf den Weg ins Golf-Resort Mar-a-Lago in Florida, das Trump selbst in seiner Zeit als Präsident als „Winter White House“ bezeichnete. Einige wurden auch im Trump Tower in New York empfangen.

Sie alle dürften ihm dabei aus einem ganz bestimmten Grund die Aufwartung gemacht haben: Sollte der 78-Jährige bei der anstehenden Wahl erneut US-Präsident werden, wollen sie sichergehen, dass ihre Interessen beachtet werden.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt im Januar 2021 stieg Trump nicht nur direkt wieder in den Wahlkampf ein. Er etablierte auch eine Art Plattform für Außenpolitik, jenseits der offiziellen amerikanischen Diplomatie.

„Trump hat nach seiner Niederlage im Jahr 2020 eine Präsidentschaft geschaffen, die weniger eine Schattenpräsidentschaft ist als eine, die mit der Regierung von US-Präsident Joe Biden um die Kontrolle der amerikanischen Außenpolitik konkurrierte“, sagt David Frank, emeritierter Politikwissenschaftler von der Universität Oregon, dem Tagesspiegel.

Zentral für Trumps Ansatz sei dabei vor allem eines: Eigeninteresse. „Diese Philosophie drückt sich in einer Außenpolitik des ‚Donald Trump First‘ aus, die er als ‚America First‘ darstellt“, sagt Frank.

Wer sich also nach Mar-a-Lago oder New York begab, musste sich diesem Prinzip unterordnen. „Diejenigen, die Trump besuchen und außenpolitische Ambitionen haben, versuchen, ihn mit Schmeicheleien und Argumenten zu überzeugen, die ihre Ziele mit Trumps Eigeninteressen in Einklang bringen“, sagt David Frank.

Zu den Gästen des Ex-Präsidenten zählte unter anderem Keir Starmer, seit diesem Sommer neuer britischer Premierminister. Dieser traf sich Ende September mit Trump zu einem Essen im Trump Tower in New York.

Starmer sagte hinterher, das Treffen habe dazu gedient, eine Beziehung zwischen ihm und Trump aufzubauen. Zudem sei es um die Freundschaft beider Länder und künftige Beziehungen gegangen. Ein eigentlich unüblicher Antrittsbesuch eines neuen Regierungschefs bei einem ehemaligen Präsidenten, zumal Starmer bei seinem Besuch in den USA Kamala Harris nicht traf.

Auch Israels Premier Netanjahu besuchte Trump

Zur Liste der prominenten Politiker, die Trump die Aufwartung machten, gehörte auch der israelische Premier Benjamin Netanjahu, der eigentlich ein gutes Verhältnis zu Trump pflegt. Nach der Wahl 2020 fiel Netanjahu jedoch in Ungnade beim Ex-Präsidenten, weil er Joe Biden zu dessen Wahlsieg gratulierte. Trump bestreitet bis heute bar jeder Grundlage, dass er die Wahl verloren hat. Im Juli besuchte Netanjahu deshalb Trump in Mar-a-Lago, dem Vernehmen nach, um ihn zu besänftigen.

Im Juli besuchte Israelis Premier Benjamin Netanjahu (rechts) Donald Trump in dessen Anwesen in Florida.

© IMAGO/ZUMA Press Wire/IMAGO/Amos Ben Gershom/Israel Gpo

Denn dessen Zustimmung ist für die israelische Regierung seit dem Massaker vom 7. Oktober 2023 besonders wichtig. Der jüdische Staat steht international für sein Vorgehen im Gazastreifen und im Libanon stark in der Kritik. Mit Trump im Weißen Haus, der Netanjahus harte Linie stets unterstützte, erhofft man sich die volle Rückendeckung der USA.

Diejenigen, die Trump besuchen und außenpolitische Ambitionen haben, versuchen, mit Schmeicheleien und Argumenten, ihre Ziele mit Trumps Eigeninteressen in Einklang bringen.

David Frank, emeritierter Professor für Rhetorik und politische Kommunikation von der Universität Oregon

„Die politischen Entscheider versuchen, sich durch ihre Besuche, Zugang zu Trump zu verschaffen und Einblick in mögliche politische Veränderungen zu erhalten, die ihre Interessen betreffen“, sagt Ian Lesser, geschäftsführender Direktor des Brüsseler Büros des German Marshall Fund. Trump selbst sehe bei diesen Treffen die Möglichkeit, seine Themen auf der Tagesordnung zu halten und seinen Einfluss zu demonstrieren. „Kurz gesagt: Er will unterstreichen, dass man ihn ernst nehmen muss“, sagt Lesser.

Trumps Unterstützung zu bekommen, bedeutet in manchen Fällen auch: sich die Unterstützung der Republikaner im Senat und im Repräsentantenhaus zu sichern. Auf seine Partei hat Trump seit seinem Ausscheiden aus dem Amt großen Einfluss. Das spielte beispielsweise eine Rolle bei der Aufnahme Finnlands in die Nato.

Wie die „New York Times“ berichtet, besuchte der finnische Botschafter Anfang des Jahres Trump in Mar-a-Lago, um bei ihm für den Beitritt des Landes zu werben. Hätte Trump sich öffentlich gegen die Aufnahme Finnlands in das Verteidigungsbündnis gestellt, wäre die Gefahr real gewesen, dass die Republikaner diese im Senat blockiert hätten. Die Abstimmung fiel am Ende mit überwältigender Mehrheit für eine Aufnahme aus.

Trumps Einfluss zeigte sich auch bei der Frage der Ukraine-Hilfen

Wie stark der Einfluss Trumps auf die internationale Politik der Vereinigten Staaten ist, zeigte sich auch bei der Unterstützung für die Ukraine im Krieg gegen Russland.

Trump soll nach Ende seiner Amtszeit bis zu siebenmal mit Russlands Präsident Wladimir Putin telefoniert haben, seine problematische Beziehung zum Autokraten im Kreml ist schon seit Trumps erster Amtszeit ein Thema.

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Beim Streit um die Unterstützung für die Ukraine spielt der Ex-Präsident eine entscheidende Rolle, indem er die Blockade der Republikaner im Repräsentantenhaus im Frühjahr dieses Jahres betrieb. Republikaner Mike Johnson, der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, ließ die Abstimmung über ein Hilfspaket für die Ukraine lange nicht zu. Kurz zuvor war Johnson jedoch in Mar-a-Lago – Beobachtern zufolge, um sich die Zustimmung des Ex-Präsidenten einzuholen.

Dem voran gingen Besuche bei Trump vom ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, einem Kritiker der Ukraine-Hilfen, aber auch vom polnischen Präsidenten Andrzej Duda, der im Gegenzug für die Unterstützung warb.

Trump hat dem republikanischen Diskurs über die Unterstützung für die Ukraine eine starke Note der Skepsis, ja sogar der Ablehnung verliehen.

Ian Lesser, geschäftsführender Direktor des Brüsseler Büros des German Marshall Fund

Ian Lesser hält dies für ein Schlüsselbeispiel. „Trump hat dem republikanischen Diskurs über die Unterstützung der Ukraine eine starke Note der Skepsis, ja sogar der Ablehnung verliehen“, sagt Lesser. „Wahrscheinlich war das einer der Hauptgründe für die lange Verzögerung bei der Genehmigung des Verteidigungspakets für die Ukraine durch den Kongress.“

Dass Trumps Haltung bei der Unterstützung der Ukraine entscheidend für den Verlauf des Krieges sein wird, steht außer Frage.

Die Sorge, dass er dem von Russland angegriffenen Land künftig weniger Unterstützung zukommen lassen könnte, rief auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf den Plan. Ende September stellte Selenskyj Trump in New York seinen „Siegesplan“ vor.

Zwar sagte Trump nach dem Treffen, man sei sich einig, dass der Krieg enden müsse – betonte aber zugleich sein gutes Verhältnis zu Putin. Sollte er die Wahl gewinnen, „werden wir das Problem schnell lösen“, sagte Trump.

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